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Zita Oberwalder reist viel und sucht für ihre Bildkunst Motive abseits der visuellen Trampelpfade.

Zita Oberwalder reist viel und sucht für ihre Bildkunst Motive abseits der visuellen Trampelpfade.

Bilder aus dem Niemandsland

Zita Oberwalders Fotografien sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie Auge, Licht und Gedanken ein Kunstwerk schaffen, das nicht einfach Abbildung ist, sondern Anregung, nicht nur Dokument, sondern Statement.

Wie kann man Fotokunst in den Zeiten der digitalen Bilderflut argumentieren? Wo liegen die Grenzen zwischen Handwerk und Technik auf der einen, und dem schöpferischen Akt auf der anderen Seite?  Zita Oberwalders Fotografien sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie Auge, Licht und Gedanke ein Kunstwerk schaffen, das nicht einfach Abbildung ist, sondern Anregung, nicht nur Dokument, sondern auch Statement. So entzieht sich die Künstlerin scheinbar mühelos jeder Konkurrenz mit den profanen Seiten der heute allgegenwärtigen digitalen Fotografie.

Unaufgeregt und effektfrei erzeugt Oberwalder eine Spannung und Ästhetik, die beweist, wie mächtig die Kraft der Vorstellung und die Magie des Augenblicks auch im Instagram-Zeitalter noch sind. Viele ihrer Bilder sind – technisch betrachtet – Reisefotografien, aufgenommen meist in Schwarzweiß mit einer analogen Mittelformatkamera auf den Reisen der Künstlerin um die Welt.

Zita Oberwalder 2011 in New Orleans. Das Werk der Künstlerin ist eng mit ihren Reisen verbunden. Und doch ist sie keine Reisefotografin. Foto: Mitterberger

Der erste Gedanke, der dem Betrachter kommen mag, ist die Frage: „Warum hat sie das fotografiert?“ Man erforscht diese Bilder, sucht nach Gründen für ihre Entstehung und eh man sich´s versieht, ist man mitten in einem eigenen Gedankenbild, das jene Sphären erkundet und ergänzt, die dem Betrachter von der Künstlerin als Freiraum angeboten werden, als Deutung jenseits der fotografischen Dokumentation.

Es sind Bilder von Orten und Städten die man selbst kennt, aber nicht unbedingt wiedererkennt, weil der Fokus der Fotografin nicht auf dem Erwartbaren, dem Bekannten und Klischeehaften liegt. Sie sucht die Motive abseits der visuellen Trampelpfade, das unbeachtete Niemandsland, das oft nur wenige Meter neben den Ikonen der trivialen Reisefotografie liegt. Hier geht es nicht um Likes und Shares, um Applaus für das „gute Bild“ aus einer virtuellen Community oder gar um einen Wow-Effekt für das spektakuläre Motiv. Hier ist die Betrachtung einer Fotografie noch etwas Spannendes, ein visuelles Erkunden mit offenem Ausgang.    

„Battlefield 2018“, fotografiert von Zita Oberwalder.
Die Künstlerin bei der Aufnahme. Foto: Leo Oblasser

Zur spannenden Bilderkundung lädt auch jenes Werk Zita Oberwalders ein, das die Online-Kunstgalerie von Dolomitenstadt präsentiert. Der Titel des Bildes „Rom 2015” erzählt uns zumindest, wann und in welcher Stadt das Foto aufgenommen wurde. Die Künstlerin selbst gibt unseren Leserinnen und Lesern zu diesem Bild auch eine kleine, sehr amüsante Geschichte mit. Viel Spaß beim Schauen, Lesen – und noch einmal Schauen!

„Rom 2015“ von Zita Oberwalder.

Vor etlichen Jahren wollten wir von Rom nach Viterbo, um erstmals den berühmt-berüchtigten Park der Ungeheuer in Bomarzo zu besuchen. Der Zug fuhr, darüber waren sich die drei redlich um uns bemühten Beamten am Hauptbahnhof einig, auf keinen Fall von Termini ab. Einer von ihnen gab uns schließlich die von den beiden anderen skeptisch kommentierte Wegbeschreibung zu einer entlegenen Bahnstation, die, wie wir am nächsten Tag feststellen mussten, zumindest schon so lange stillgelegt war wie es gebraucht hatte, meterhohes Gras über das zugegeben nicht sonderlich große Gebäude wachsen zu lassen. Immerhin konnten wir einem verblichenen Fahrplan entnehmen, dass der Zug soeben den Bahnhof verlassen hatte. Ironischerweise wurde uns das auch noch durch ein entferntes Pfeifen bestätigt.

Der Zug war noch nicht abgefahren. Völlig außer Atem erreichten wir die ein paar hundert Meter weiter gelegene, nagelneue Station, erklommen die Stufen zu einem Abteil, in dem wir auch noch freie Plätze ergatterten, und beglückwünschten uns zu der Entscheidung, auf den Erwerb von Fahrkarten vorerst verzichtet zu haben. Was immer das Pfeifen zuvor uns signalisiert hatte – die Abfahrt erfolgte erst nach einer gefühlten Ewigkeit, in der wir ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, unsere Reise nicht nur durch das Glück, sondern auch durch das erstattete Entgelt zu legitimieren.

Als der Schaffner, die Schirmmütze lässig im hinteren Abschnitt der pechfarbenen Locken, kam und die Tickets verlangte, setzten wir ihm die Situation auseinander, und er erklärte uns, dass die Fahrkarten bei ihm um einiges teurer wären als jene am Schalter. Er werde aber sehen was sich machen ließe. Damit verschwand er, um nach einer weiteren Ewigkeit mit der erfreulichen Nachricht wiederzukehren, dass er nach Rücksprache (mit wem auch immer) nun doch in der Lage sei, uns ein sehr faires Angebot zu machen. Um unsere Dankbarkeit zu genießen, setzte er sich zu uns und begann eine Unterhaltung, während dieser er feststellte, dass wir keine Italiener wären. „Tedeschi?“ „No, Austriaci!“ erwiderten wir, beschämt darüber, dass er in dem Versuch, seiner Heimatstadt, dem Zentrum und Ziel des weltweiten Wegenetzes, vage Beschreibungen und mangelnde Pünktlichkeit vorzuwerfen, sofort den germanischen Ursprung erkannte. Zu unserer Überraschung erhellten sich darauf die Züge des Schaffners, der seine Mütze noch weiter in den Nacken schob und den Rest seiner Uniform noch inniger in seinen Sitz schmelzen ließ. „Ah, io conosco bene l’Austria: Vienna, Graz, O-ber-drau-burg …“

Mehr Informationen über die Biografie und die Arbeit der Künstlerin gibt es im Online-Kunstshop von Dolomitenstadt. Dort kann man das Bild „Rom 2015″ kaufen. Verpackt und versendet werden alle gezeigten Arbeiten direkt von den Künstlerinnen und Künstlern. Unsere Galerie entsteht in Zusammenarbeit mit den Kunsthistorikern Rudolf Ingruber und Eleonora Bliem-Scolari mit dem Ziel, bis zum 10-Jahre-Jubiläum von dolomitenstadt.at im Herbst 2020 eine repräsentative digitale Kunstschau der spannendsten zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler mit Wurzeln in der Euregio und im Alpen Adria-Raum zu erstellen.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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