Ihr Dolo Plus Vorteil:
Diesen Artikel jetzt anhören

„Rassengesetz“ für Bienen sorgt in Kärnten für Unruhe

Kontroversen um Schutz der Carnica-Biene vor Kreuzungen. Osttirol nicht betroffen.

Um einen unter Kärntner Imkern seit Jahren erbittert geführten und nun eskalierenden Streit zu verstehen, muss man ein wenig Biologie büffeln. Summt in unseren Breiten eine Biene einher, handelt es sich ziemlich sicher um eine „Westliche Honigbiene“, lateinisch Apis mellifera. Von dieser Gattung gibt es gut zwei Dutzend Unterarten, von denen eine die „Kärntner Biene“ ist, die Apis mellifera carnica oder einfach Carnica-Biene. Die Carnica-Biene ist eine natürlich entstandene, also nicht gezüchtete Art und nur in den Regionen südlich der Alpen autochthon beheimatet. Sie ist das Lieblingsnutztier der Osttiroler Imker, die im Kristeinertal eine Reinzucht-Station betreiben, nicht von ungefähr an einem entlegenen Ort, weil sich die Carnica nicht mit anderen Rassen kreuzen sollen.
Ein Carnica-Bienenvolk mit Königin in der Mitte. Diese Bienenrasse ist in weiten Teilen Kärntens und in ganz Osttirol dominierend. Foto: Waugsberg, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Anders in Kärnten. Dort ist die Carnica zwar auch weit verbreitet, aber viele vor allem im Lavanttal professionell tätige Imker schwören auf eine andere Rasse, die „Buckfast-Biene“. Sie gehört zwar auch zum Stamm der Westlichen Hongbienen, ist aber nicht natürlich entstanden, sondern wurde gezüchtet und zwar 1916 von einem Mönch im Kloster Buckfast in England. Dieser Mönch, der lustigerweise Bruder Adam hieß, hielt wenig von der klassischen Bienen-Reinzucht und arbeitete mit Rassenkreuzungen, um Inzuchtprobleme zu vermeiden. Die Buckfast-Biene ist deshalb in der Imkersprache ein „Hybrid“.
Zum Vergleich ein Blick in das Wabenreich der Buckfast-Bienenkönigin. Foto: gbeb.eu
Damit zurück nach Kärnten. Dort dürfte man laut Gesetz seit 2007 eigentlich nur Carnica-Bienen züchten. Für Buckfast-Imker gab es eine Übergangsfrist, die heuer endet. Da im Lavanttal unverdrossen mit Buckfast-Bienen gearbeitet wird, suchte man in der Landesregierung eine salomonische Lösung und glaubte, diese in sogenannten „Freizonen“ gefunden zu haben. In diesen Zonen sind mehrere Bienenrassen und auch Kreuzungen erlaubt. Nun werden aufgeklärte Menschen wissen, wie sich die Bienen fortpflanzen. Da fliegt die junge Königin bei sonnigem Wetter zum Hochzeitsflug aus und paart sich in der Luft mit bis zu 20 Drohnen. Achtung Kids, das sind nicht die Drohnen mit der Fernsteuerung! Weil weder Königin noch Drohnen beim Sex in den Lüften auf die Grenzen der Freizonen achten, fürchten vor allem die Carnica-Imker rund um Völkermarkt um die Rassenreinheit ihrer Bienenvölker, schließlich ist das Lavanttal nicht weit. „Mischbienenschwärme“ seien gar schon bis in den Raum Klagenfurt vorgedrungen, schlagen die Imker Alarm. Deshalb fand in der Landeshauptstadt am Wochenende eine Mahnwache mit Unterschriftenaktion statt und die Landesregierung musste die Begutachtungsfrist für die Novelle verlängern, um Druck aus dem brisanten Imkerstreit zu nehmen, der sich politisch der Papierform nach entwickelt: Vor allem die FPÖ kämpft für Rassenreinheit. Ihr Landesparteiobmann Gernot Darmann fordert Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auf, den ÖVP-Agrarreferenten und Architekt des Gesetzes, Martin Gruber, zurückzupfeifen. Der sucht jetzt das klärende Gespräch mit den Imkerverbänden und versichert: „Kärnten bleibt ein Carnica-Schutzgebiet“.
Klaus Steiner: „Zum Glück ist das Thema in Osttirol nicht direkt heiß.“ Foto: Ramona Waldner
Im angrenzenden Osttirol ist das Problem noch nicht angekommen. Klaus Steiner, Bezirksobmann des Imkerverbandes, meint dazu: „Zum Glück ist das Thema bei uns nicht direkt heiß. In Osttirol haben wir zu hundert Prozent Carnica-Bienen und möchten das auch beibehalten. Deshalb sind die Belegstellen im Kristeinertal sehr wichtig, um nur die reine Carnica-Biene zu vermehren. Es gibt natürlich Bestrebungen von Kärntner Buckfast-Imkern nach Osttirol einzuwandern und einen Stand aufzubauen. Das möchten – und werden wir – mit unserer ganzen Kraft verhindern. In Kärnten wird es schwierig sein, denn es gibt dort große Erwerbsimker, die lieber mit der Buckfastbiene arbeiten.“
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren