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Fritz Ruprechter in seinem Atelier in Wien. Foto: Miriam Raneburger

Fritz Ruprechter in seinem Atelier in Wien. Foto: Miriam Raneburger

Fritz Ruprechter und die neue Dimension des Tafelbilds

Der aus Matrei stammende Künstler präsentiert sich in der Dolomitenstadt-Galerie.

Wir haben uns angewöhnt, die Hervorbringungen der zweidimensionalen Kunst „Bilder“ zu nennen. Obwohl die Bezeichnung ungenau ist, trifft sie auf die künstlerische Produktion der Gegenwart durchaus zu, solange wir damit nicht ausschließlich Abbilder einer visuell auch nachprüfbaren Wirklichkeit meinen. Ein Blick auf die Kunstplattform von Dolomitenstadt zeigt, dass etwa zwischen Zita Oberwalders fotografischem Realismus und Hildegard Pranters piktografischer Märchenwelt sehr vieles möglich ist. Alexandra Kontriners minutiöse Abbilder der Natur sind unter gewissen Bedingungen sogar imstande, das Auge zu täuschen, ein Effekt, der zu Beginn der Neuzeit noch den Künstler vom Handwerker unterschied. Das scheint heute manchmal genau umgekehrt zu sein.

Die Moderne hat diese Möglichkeiten sämtlich in Abrede gestellt und die künstlerischen Disziplinen aufgefordert, sich ihrer ureigensten Qualitäten zu besinnen, die in der Malerei nur Farbe und Form heißen können. Lois Salchers Farbfeldmalerei ist eine kluge Konsequenz aus diesem Postulat. Als „Überbleibsel“ kam allerdings auch die Formgelegenheit unter Rechtfertigungsdruck: Das Tafelbild, einst ein willkürlich gewählter, rechtwinkelig begrenzter Wirklichkeitsausschnitt, sei nur noch durch eine längst überholte Tradition legitimiert.

„zwei grün“ ist der Titel des Bildes, mit dem Fritz Ruprechter nun in der Dolomitenstadt-Galerie präsent ist. Technik: Aquarell und Wachs auf Hartfaser.

Die Frage, ob unter solchen Voraussetzungen das Bildermachen noch sinnvoll sei, beantwortet Fritz Ruprechter auf bemerkenswert einfache wie überzeugende Weise. Die Tradition kennt wesentlich mehr Möglichkeiten als das Tafelbild, das als fiktive Wirklichkeit an der Wand hängt, zumal wenn man die Wand- und Buchmalerei vor der Neuzeit mit dem Horizont außereuropäischer Kulturen verschmilzt. Ruprechters in Ägypten, Chile und vor allem in Japan erweitertes Bildverständnis hat sich in Rauminstallationen, Fassadengestaltungen und in der Buchkunst bewährt: 2011 wurde sein mit Walter Pamminger konzipierter Band „Viel/Falten“ mit dem Staatspreis für das schönste Buch Österreichs ausgezeichnet.

Fritz Ruprechter hat auch dem Tafelbild neue Dimensionen erschlossen. In Streifen geschnittene, und in Wachs getränkte Aquarelle, die ihre Farbigkeit und ihre Haptik nicht aus der Materialität der gebräuchlichen Malerfarben beziehen und daher auch nicht in Verdacht geraten, etwas Anderes als sich selber bedeuten zu wollen, werden auf einen Träger aufgebracht, dessen Bildmuster der seriellen Reihung geschuldet ist. Die Teilung der Streifen sind mit den Koordinaten der Tafel ins Verhältnis gesetzt und ergeben den (Algo)Rhythmus einer Komposition, die sich über die Grenzen des Bildes hinaus fortsetzt. So kann man, wie im traditionellen Tafelbild, ein in sich geschlossenes Ganzes wiederum als Ausschnitt eines größeren und möglicherweise unendlichen Zusammenhanges begreifen.

Fritz Ruprechter in der Dolomitenstadt-Galerie.
Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker und Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt. Für dolomitenstadt.at verfasst er pointierte „Randnotizen“, präsentiert „Meisterwerke“, porträtiert zeitgenössische Kunstschaffende und kuratiert unsere Online-Kunstsammlung.

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