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Freies Internet in Gefahr: Hilferuf von Wikipedia

Heute bleibt das größte Lexikon der Welt geschlossen. Was steckt dahinter?

Wer heute, 21. März 2019, im Internet nach Informationen zum Beispiel über prominente Personen, Künstler, Städte, Geschichtliches, etc. sucht und gewohnt ist, bei Wikipedia nachzuschlagen – dem weltweit von Usern für User zusammengestellten, gigantischen und kostenlosen Lexikon – der erhält lediglich folgendes Bild:

Wikipedia ist heute abgeschaltet. Damit protestiert die Plattform gegen ein geplantes Urheberrechtsgesetz der EU, über das in der kommenden Woche abgestimmt werden soll. Das Gesetz sieht – sehr vereinfacht ausgedrückt – vor, dass jeder ins Netz hochgeladene Inhalt auf seine urheberrechtliche Korrektheit überprüft werden muss, bevor (!) er veröffentlicht wird. Andernfalls macht sich nicht nur der Lieferant des Inhalts sondern auch die Plattform, die ihn veröffentlicht, strafbar. Betroffen sind davon natürlich die großen Plattformen wie YouTube und Facebook, die künftig mit komplexen, auf artifizielle Intelligenz aufgebauten Uploadfiltern alle Inhalte blockieren werden, die nicht eindeutig urheberrechtsfrei sind. Bei Texten fallen auch sogenannte Snippets – also kurze Zusammenfassungen – unter diese Regelung.

Nicht nur Wikipedia fürchtet, dass damit das Ende des Internets, wie wir es bisher kennen, eingeläutet werden könnte und vor allem eine flächendeckende Zensur droht. Neben urheberrechtlich zweifelhaftem Content sollen auch „terrorverdächtige“ Inhalte gefiltert werden. Bei Milliarden Uploads pro Tag ein Unding, das über digitale Filter und Algorithmen gelöst werden soll, die noch nicht einmal programmiert sind, die sich jedenfalls nur die Großkonzerne leisten können und deren Unschärfe dennoch beträchtlich sein wird. Das folgende Video gibt recht gut die Bedenken der Kritiker wider:

Im letzten Augenblick das Ruder herumreißen wollen Plattformen wie Plegde 2019, die den Protest der Nutzer direkt zu den EU-Mandataren umlenken und bewusst sichtbar machen, welche Abgeordneten gegen das Gesetz stimmen werden. Unmittelbar vor der Europawahl kein schlechter Schachzug.

Wikipedia protestiert übrigens, obwohl diese Plattform explizit vom Gesetz ausgenommen ist. Ein Lexikon enthält ja grundsätzlich Inhalte, die aus anderen Quellen stammen und Wikipedia wird von Menschen und nicht Maschinen korrigiert und kuratiert. Dennoch befürchtet Wikimedia, die Trägerorganisation, dass auch diese nützliche Enzyklopädie nicht mehr wie bisher betrieben werden kann.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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