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Assling: Im Wilfernertal wird ein Kraftwerk gebaut

Eine Großbaustelle des EWA überrascht Wanderer und soll bis Herbst unter die Erde.

Wanderer, die am vergangenen Wochenende einen Ausflug in das Wilfernertal oberhalb des Tierparks Assling unternehmen wollten, staunten nicht schlecht. Der Parkplatz bei der Pedretscher Kaser war nicht wiederzuerkennen, schweres Gerät wartete hier auf den Einsatz auf einer Großbaustelle, die plötzlich auf rund 1700 Metern Seehöhe auftauchte. Vor Ort machte sich unter den Passanten Ratlosigkeit breit. Man rätselte, was hier gebaut wird und so wurden ein paar Bilder geschossen und an dolomitenstadt.at geschickt.
Sieht nicht sehr idyllisch aus und soll bis zum Herbst fast vollständig unter der Erde verschwinden – ein neues Kraftwerk samt Tagesspeicher im Wilfernertal, errichtet von der EWA. Foto: Privat
Am Montag lüftete auf Nachfrage der Redaktion der Asslinger Bürgermeister Bernhard Schneider das Geheimnis und meinte recht trocken: „Bis jetzt ist noch keinem aufgefallen, dass wir ein Kraftwerk bauen.“ Wir, das ist in diesem Fall das Elektrowerk Assling, kurz EWA, ein regionaler Energieerzeuger der als Genossenschaft mit 190 Mitgliedern, vorwiegend Bauern, organisiert ist und vom Asslinger Vizebürgermeister Harald Stocker geführt wird. Die Gemeinde ist mit drei Prozent am EWA beteiligt. EWA-Geschäftsführer Stocker findet den unterschwelligen Start des aktuellen Großprojekts nicht weiter problematisch. Man habe im September mit den Bauarbeiten begonnen und selbstverständlich alle benötigten Bescheide in der Tasche: „Wir bauen die vierte Stufe unseres Kraftwerks, haben das Projekt seit mehreren Jahren vorbereitet und alle Eventualitäten im Vorhinein geklärt. Es gab Einigung mit den Grundbesitzern, alle behördlichen Vorschriften wurden akribisch eingehalten und im Herbst 2017 ging die wasserrechtliche Verhandlung ohne großes Aufsehen über die Bühne.“
EWA-Geschäftsführer Harald Stocker leitet eine Genossenschaft mit 190 Mitgliedern. Foto: Dolomitenstadt/Egger
Obwohl der Bau 4,5 Millionen Euro kostet und die Baustelle mitten im Wald recht wuchtig anmutet, sei ein „Kleinkraftwerk“ im Entstehen, allerdings eines, das auch einen Tagesspeicher mit 5500 Kubikmetern Fassungsvermögen besitzt. Der Speicher ist eine Art Puffer, der Schwankungen im täglichen Bedarf ausgleicht. Er soll großteils unterirdisch angelegt werden. „Wenn die Baustelle abgeschlossen ist, schaut von diesem Behälter nur noch ein einstöckiges Gebäude mit fünf Metern Breite und acht Metern Länge aus dem Boden heraus“, erklärt Harald Stocker: „Alles andere verschwindet unter der Erde.“ Das Gelände werde im Zuge der Bauarbeiten eingeebnet, Parkplatz und Wege neu angelegt. Im Herbst soll alles fertig sein. Bis dahin, gesteht Stocker, werde es allerdings Beeinträchtigungen geben: „Der Weg auf der orographisch linken Seite des Thalerbaches ist in den kommenden zwei Monaten gesperrt. Der gesamte Verkehr findet über den Wildpark statt. Betoniert wird nur in der Früh, untertags wird der Verkehr so gut es geht minimiert.“ Derzeit sei noch Baumaterial auf dem Parkplatz, das aber verräumt werde. Das jetzt in Bau befindliche Kraftwerk ist nicht das einzige am Thalerbach, sondern bereits das vierte. Das EWA nennt es „Oberstufe 2“. Mit 495 kW Leistung ist es das kleinste in der Reihe. 1080 kW, 970 kW und 1530 kW leisten die anderen drei. Der Tagesspeicher hält Wasser zurück, das bei Bedarf über alle vier Kraftwerksstufen geleitet wird. Am 7. Juli ist ein Almwandertag ins Wilfernertal geplant. Er sollte ohne größere Behinderungen stattfinden. Die Hütten im Wilfernertal werden wohl dennoch unter dem Baustellenverkehr leiden. Auch auf der beliebten Huber Kaser beginnt am 7. Juli die Saison und Hüttenwirtin Elfriede Gasser hat bereits eine Entscheidung getroffen: „Wir werden die Hütte in diesem Sommer aufgrund der Baustelle beim Parkplatz Pedretscher Kaser nur von Freitag bis Sonntag bewirtschaften.“
Die beliebte Huber Kaser wird in diesem Sommer aufgrund der Baustelle nur von Freitag bis Sonntag geöffnet sein. Foto: TVBO
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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