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Notarztverband zieht sich aus dem Iseltal zurück

Notrufnummer abgeschaltet. Deutsche Ärzte im Container. Krisensitzung in Innsbruck.

Das bisher auf niedergelassene Landärzte aufgebaute Notarzt- und Versorgungssystem im Iseltal ist ab sofort Vergangenheit und wird durch ein neues, primär rund um das Hubschrauberunternehmer Roy Knaus organisiertes System ersetzt, dessen Start allerdings etwas holprig verläuft. Morgen, 1. August, findet deshalb in Innsbruck ein Krisengespräch statt, bei dem noch offene Details geklärt werden sollen. Nach Auskunft des Landes wird der zuständige Landesrat Tilg an diesem Gespräch allerdings nicht teilnehmen. Heute traf eine Aussendung des Osttiroler Notarztverbandes in der Redaktion ein. Der Verein, in dem sich vorwiegend Ärzte aus Osttirol seit Jahren um die medizinische Betreuung der Bevölkerung außerhalb der Ordinationszeiten und um Notarzt-Einsätze kümmern, zieht sich mit seinem bisherigen Leistungsangebot ab sofort vollständig aus dem Iseltal zurück. Wörtlich schreibt der Verband: „Nachdem sich der zuständige Tiroler Landesrat Bernhard Tilg und der Obmann des Gemeindeverbandes BKH Lienz und Bürgermeister von Matrei, Andreas Köll, für das Hubschrauber-Unternehmen Heli Tirol von Roy Knaus und dessen nicht aus der Region stammenden Ärztepool als zukünftigen Träger der Notarztsdienste im Iseltal entschieden haben, scheiden Dr. Gernot Walder, Dr. Anton Huber, Dr. Cornelia Trojer und Dr. Torsten Ruf aus dem Notarztvertrag aus.“ Die Rufnummer 0664-1559971, unter der bisher rund um die Uhr an Feiertagen und während der Nachtstunden Hilfe für Patienten aus der Region angeboten wurde, wird ab 1. August deaktiviert. Die Matreier Ärztin Cornelia Trojer empfiehlt der Bevölkerung des Iseltales, künftig 144 zu wählen und verweist darauf, dass es Druck auf sie und ihre Kollegen gab, diesen Service zu beenden. Trojer widerspricht auch einer Darstellung der Kleinen Zeitung, dass sie in jenen Monaten außerhalb der Hochsaisonen, in denen Roy Knaus keinen Hubschrauber in Matrei stationieren will, für die Einteilung der Notärzte verantwortlich sein werde. „Mit mir wurde kein entsprechender Vertrag ausverhandelt.“
Cornelia Trojer: „Mit mir wurde kein Vertrag ausverhandelt“. Foto: Brunner Images
Damit nimmt die Situation im Iseltal beinahe groteske Formen an. Zum einen basieren die aktuellen Notarzt-Einsätze bei Tag nun ausschließlich auf dem Martin 4-Helikopter von Knaus. Bei Nacht und Schlechtwetter holt ein ortskundiger einheimischer Sanitäter mit einem Rettungsfahrzeug die meist aus Deutschland stammenden Ärzte der Knaus-Truppe aus einem Wohncontainer ab, der beim Landeplatz des Hubschraubers als provisorische Unterkunft dient. Provisorisch wie diese Containerlösung wirkt auch das Gesamtkonstrukt. Der Matreier Bürgermeister hatte erst am 4. Juni bei einer Pressekonferenz mit Landesrat Bernhard Tilg den Neubau eines medizinischen Versorgungszentrums in Matrei dementiert. Nun spricht er von einem aufrechten Baubescheid für einen „Neubau mit Hangar“. Wann dieses Haus gebaut werden soll und vor allem, wer es bezahlt, lässt Köll, dessen Gemeinde in großen Finanzschwierigkeiten steckt, allerdings offen. Obwohl ihm Anfeindungen und Schwierigkeiten mittlerweile auch im Pustertal und im Defereggental das Leben schwer machen, gibt sich das Team des Osttiroler Notarztverbandes dort noch nicht geschlagen. Gestärkt durch mittlerweile 5.000 Unterschriften aus der Bevölkerung machen die Ärzte weiter: „Der Osttiroler Notarztverband besteht selbstverständlich weiter und hält die Versorgung der Sprengel Pustertal und Defereggental auch in Zukunft rund um die Uhr und an 365 Tagen des Jahres aufrecht, solange die politischen Entscheidungsträger und die Ärztekammer unseren Einsatz dulden“, erklärt Gernot Walder, Obmann des Verbandes. Trotz aller Widerstände bleibe der Verband leistungsfähig. Man zähle derzeit zehn Vollmitglieder, vier  Mitglieder in der Kameradschaft und sechs Ärzte in der Personalreserve für Vertretungen.
Dieser Artikel wurde am 1. August überarbeitet. 
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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17 Postings

bergfex
vor 5 Jahren

Wie wird das bezahlt? Eine Abmachung unter 4 Augen im Hinterzimmer? Es entstehen ja horrende Mehrkosten ? Darf man das alles auch erfahren?

 
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Schachtelhalm
vor 5 Jahren

Ja, wo samma denn??? Ein gelernter Elektrotechniker und ein Jurist entscheiden über die notärztliche Versorgung eines Teiles Osttirols! Ausländische Mediziner und ein zusätzlicher Hubschrauber müssen her, um "unter der Anleitung eines ortskundigen Sanitäters" die Patienten zu finden! Ist die einheimische Ärzteschaft nicht mehr gut genug??? Was ist das für ein Kuhhandel? Und welch jämmerlicher Verein ist die Tiroler Ärztekammer?

 
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HussaHussaTrollolo
vor 5 Jahren

Interessant wie der Ostiroler Bote die „weiterhin gute Versorgung“ lobt, da wurde wohl eine Presseaussendung von Köll und co direkt übernommen. Danke dolomitenstadt für die kritische Berichterstattung.

 
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    klf2015
    vor 5 Jahren

    Sehe ich genau so, auch in der Kleinen Zeitung vor ein paar Tagen :o/ Danke an Dolomitenstadt und allen Tätigen in dieser Sache! Wir brauchen mehr Licht :o)

     
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hachwoldhansl
vor 5 Jahren

Die Kostenrechnung für das neue NA System wurde wahrscheinlich in der Matreier Gemeindestube erstellt... da sieht man die Zahlen von der anderen Seite

 
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Mottinga 1.0
vor 5 Jahren

......und alles auf Kosten (gesundheitlich und finanziell) der Bevölkerung......

 
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Bellavista
vor 5 Jahren

„... solange die politischen Entscheidungsträger und die Ärztekammer unseren Einsatz dulden“, so Dr. Walder. Wahnsinn, dass sich engagierte Landärzte in der Zeit des dramatischen Ärztemangels und des eskalierenden Landärztemangels dulden lassen müssen. Und Wahnsinn, dass die Landesregierung und die Ärztekammer in dieser Weise agieren. Und Wahnsinn, dass wir Osttiroler das alles mitmachen. Containerdorf für deutsche Ärzte (die sind sicher nicht billig) in Matrei mit Hubschrauberstaffel (bestimmt super günstig) und Fahrbereitschaft, falls die Helis nicht abheben können. Das alles anstelle des funktionierenden Notarztverbandes. Überall würde es einen Aufschrei geben. In Osttirol ist dieser kaum zu hören. Allenfalls hört man Herrn Dr. Köll lachen. Und der lacht über uns. Mal sehen, was er wohl demnächst aus dem Hut zieht zieht?

 
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    bergfex
    vor 5 Jahren

    In Osttirol ist dieser kaum zu hören.

    Im schwarzen Osttirol....

     
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interessant
vor 5 Jahren

Die Frage ist nur, wer es sich im Iseltal jetzt noch leisten kann, den Notarzt zu ordern... die Krankenkassen haben sicher kein Interesse daran, unzählige -teils unnotwendige- Hubschraubereinsätz zu übernehen.

 
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    bergfex
    vor 5 Jahren

    Hat Knaus dafür einen Vertrag mit den Krankenkassen oder dürfen die "Klienten" das aus eigener Tasche finanzieren ?

     
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steuerzahler
vor 5 Jahren

Habe ich das richtig verstanden? Knaus wurde von Köll ohne Ausschreibung installiert? Die deutschen Ärzte hausen in einem Containerdorf? Das Versorgungszentrum gibt es gar nicht?

Wie lange schauen unsere Politiker da noch zu??

 
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    hoerzuOT
    vor 5 Jahren

    lang. siehst eh, gewisse Leute scheinen alles zu dürfen.

     
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    veterator
    vor 5 Jahren

    ja, irre.

    auf die politiker brauchen wir nicht zu warten. die sind meist nur dann zu sehen/hören, wenn neuwahlen anstehen.

    gibt es in osttirol keinen investigativ-journalisten, der interesse daran hat, diesen skandal aufzudecken?

    oder sind alle abhängig von inseraten?

     
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      Christof
      vor 5 Jahren

      Vielleicht sollte mal jemand Markus Wilhelm einen kleinen Tip geben?!

       
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      MitInteresse
      vor 5 Jahren

      Das hier ist investigativer Journalismus.

       
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      veterator
      vor 5 Jahren

      @mitinteresse:

      hm. ich lese eine objektive und sachlich detaillierte berichterstattung.

      ich kann mir schwer vorstellen, dass diese vorgehensweise im allgemeinen interesse des landes / der landesregierung ist. dbzgl müsste man wohl etwas tiefer recherchieren. if you know what i mean.

      aber ansichtssache.

       
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julchen
vor 5 Jahren

schon die seite 2 der heutigen (31.07.) TT gelesen? ... zum vervollständigen ...

 
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