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Der Regenwald brennt und die Welt schaut zu. Foto: iStock/Brasil2

Der Regenwald brennt und die Welt schaut zu. Foto: iStock/Brasil2

Amazonas – eine soziale und ökologische Katastrophe

Beitrag von Johann Kandler, der 20 Jahre in Brasilien lebte und für das Klimabündnis arbeitet.

Die Regierung Bolsonaro hat das langjährige Problem der Regenwaldzerstörung wieder angeheizt und steuert auf Rekordwerte zu. Die Klimakrise wird verstärkt und die Biodiversität reduziert – das verursachte globales Interesse und Entsetzen. Weniger Beachtung finden die sozialen Folgen für zigtausende Familien, die im und vom Regenwald leben – Ureinwohner, Sammler von Waldprodukten, Kleinbauern, Fischern u.a.m. Viele der gelegten Brände zielen darauf ab, ihnen die Lebensgrundlagen zu rauben und sie zu vertreiben. Ein Drittel der über 33 Tausend Brände der letzten 4 Wochen wurden in Indigenen- und Naturschutzgebieten gelegt. Dahinter stecken die Interessen der Viehbarone, Sojaexporteure sowie die Holzindustrie die im Zusammenspiel mit den Agrokonzernen und Bergbauunternehmen das Land unter ihre Kontrolle bringen wollen. Im Hintergrund ziehen Großgrundbesitzer, korrupte PolitikerInnen, Spekulanten sowie Investoren aus dem In- und Ausland die Fäden. Ihnen dient die Landnahme zur kurzfristigen Bereicherung. Ab 1973 habe ich, gemeinsam mit meiner Frau, im Amazonas mit der einheimischen Bevölkerung gearbeitet und unter anderem mit Chico Mendes, der 1988 ermordet wurde, bäuerliche Organisationen aufgebaut, um die Rechte der Bevölkerung und den Regenwald zu verteidigen. Jährlich stiegen die Rodungsflächen und erreichten in den 90erjahren bis zu 25.000 km² pro Jahr. Dafür gab es verschiedene Gründe, aber eine wichtige Rolle spielte die wachsende Nachfrage aus Europa nach Bodenschätzen, Tropenhölzern, Sojafuttermittel, Rindfleisch, Agrotreibstoffen und vielen anderen Produkten. Österreich selbst importiert jährlich um die 600 Tausend Tonnen Soja, zu einem großen Teil aus Brasilien. Die einheimischen Familien zahlen den Preis: Sie wurden und werden zu Tausenden vertrieben, müssen dann ihr Leben in den Elendsvierteln fristen. Dort haben ihre Kinder keine lebenswerte Zukunft. Über 30 Millionen Menschen leben im brasilianischen Teil des Amazonas, etwa die Hälfte davon im Regenwald. Sie nutzen ihn wie die Ureinwohner und stellen größtenteils die Lebensmittelversorgung der Region sicher. Gleichzeitig schützen sie den Regenwald und leisten damit einen wichtigen Beitrag für das Weltklima. Aber das wird nicht anerkannt. Was offiziell zählt sind Exportproduktion, Gewinne und Devisen. In den letzten Jahren haben internationale Konzerne immer mehr Kandidaten des Agrobusiness gesponsert und erreicht, dass Regierung und Nationalrat mehrheitlich ihre Interessen vertreten. Sie haben Umweltschutzgesetze aufgeweicht und versuchen jetzt die Verfassung zu ändern, z.B. um die indigenen Rechte zu streichen. Ihnen ist zu einem guten Teil der Sieg Bolsonaros zu verdanken und sie sind auch die Nutznießer der Situation in mehrerlei Hinsicht. Was tun? Löschflugzeuge und ein paar Millionen Euro lösen nicht das Problem. Sanktionen gegen Politiker und Konzerne sind nötig, um diese Verbrechen gegen die Menschheit zu stoppen. Als KonsumentIn ist ein klimafreundliches Verhalten und ein bewusster Einkauf von fair gehandelten und biologisch produzierten Produkten ein erster Schritt. Als BürgerIn können Maßnahmen für kompromisslosen Klimaschutz, die Ablehnung des Mercosur-Abkommens der EU und sozial und ökologisch gerechte Wirtschaftsreformen eingefordert werden.  
Der Autor hat von 1972 bis 1992 in Brasilien gelebt und bäuerliche Organisationen im Kampf um ihre Rechte aufgebaut und unterstützt. Er hat viele Jahre die Comissão Pastoral da Terra, eine ökumenische Einrichtung zur Unterstützung der Landbevölkerung im Südwestamazonas geleitet. Seit 1993 wohnt er in Osttirol und arbeitet im Klimabündnis.

Ein Posting

Anna Maria Kerber
vor 5 Jahren

Abgesehen vom persönlichen Kaufverhalten und einer möglichst klimaschonenden Lebensweise, wie Johann Kandler schreibt, kann man gerade jetzt in jeder Gemeinde eine Unterstützungserklärung für die Einleitung eines Klimavolksbegehrens unterzeichnen. Diese Unterschrift gilt auch gleich für das angestrebte Volksbegehren, das unseren PolitikerInnen zeigen soll, dass schnelles Handeln gefragt ist.

 
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