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Von konzentriert bis locker – die DiskutantInnen vor der ersten „Elefantenrunde“ dieses Wahlkampfs. Foto: Expa/Gruber

Von konzentriert bis locker – die DiskutantInnen vor der ersten „Elefantenrunde“ dieses Wahlkampfs. Foto: Expa/Gruber

Hitzige Debatte über Ibiza und Geld in erster Elefantenrunde

Themen wie Klimaschutz und Pflege spielten in der Konfrontation eine Nebenrolle.

Die erste Elefantenrunde des laufenden Wahlkampfs hat am Dienstag gezeigt, dass weder Klimakrise noch Pflege das Zeug zum Wahlkampfthema Nummer eins haben. Über diese Bereiche wurde von den Spitzenkandidaten der Parteien zur Nationalratswahl zwar auch diskutiert, die emotionalsten Äußerungen gab es jedoch zum Ibiza-Video und dessen Folgen sowie zum Thema Parteienfinanzierung. In der Wahl-Auseinandersetzung, die unter dem Titel „LIVE: Klartext – Die Konfrontation der Spitzenkandidaten“ sowohl im Radiosender Ö1 zu hören als auch im TV-Sender ORF3 zu sehen war, begrüßte Moderator Klaus Webhofer am Dienstagabend ÖVP-Chef Sebastian Kurz, SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, den designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer, NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, JETZT-Spitzenkandidat Peter Pilz und Grünen-Chef Werner Kogler. Die Kandidaten traten live vor Publikum auf - was teils zu unterstützendem Applaus, teils aber auch zu Buh-Rufen führte. Betroffen von den Unmutsäußerungen war – entgegen allen Beliebtheitswerten und Umfragen – Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Er sagte im Hinblick auf die Parteienfinanzierung, die ÖVP habe sich immer an die bestehenden Gesetze gehalten. Diese Aussagen quittierten sowohl die politischen Mitbewerber als auch die Zuschauer mit teils lautstarker Ablehnung. Dass die Koalition mit der FPÖ gescheitert ist, habe er sich „anders gewünscht“, ließ Kurz die Geschehnisse der vergangenen Monate Revue passieren. Das Ende der Zusammenarbeit sei jedoch „kein Wunsch, sondern eine Notwendigkeit“ gewesen. Dass ÖVP und FPÖ nach der Wahl im September dennoch ein Weitermachen anstreben, glaubt SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. Wenn man sich die sehr ähnlichen Wahlplakate so anschaue, dränge sich der Verdacht förmlich auf, sagte sie. Ihren Misstrauensantrag verteidigte sie als "richtige Entscheidung". Die zweite weibliche Spitzenkandidatin, NEOS-Chefin Meinl-Reisinger, äußerte den Eindruck, dass ÖVP, FPÖ und auch SPÖ nichts aus dem Ibiza-Video gelernt hätten. "Die österreichischen Parteien machen weiter wie bisher - das ist eine Schande", sagte sie. Als Schande bezeichnete Peter Pilz von der Liste JETZT auch die Praktiken der ÖVP, Spenden vorbei am Rechnungshof zu stückeln. "Es gibt eine patscherte Ibiza-Partei und eine hochprofessionelle Ibiza-Partei", sagte Pilz mit Blick auf FPÖ und ÖVP. Er habe leider die Befürchtung, "dass sich die Patscherten und die Profis nach der Wahl wieder zusammentun" und eine Neuauflage der türkis-blauen Regierung bilden. In Sachen Parteienfinanzierung gingen ebenfalls die Wogen hoch. Kurz behauptete erneut, er wäre mit den NEOS gemeinsam für mehr Transparenz gewesen, was NEOS-Chefin Meinl-Reisinger zu einer emotionalen Äußerung veranlasste. „Ich weiß nicht, in welchem Paralleluniversum Sie unterwegs sind“, sagte sie. Die NEOS hätten insgesamt acht Anträge eingebracht, um eine Rechnungshof-Kontrolle zu ermöglichen und Parteienfinanzierung transparenter zu machen. „Das wurde von Ihnen alles niedergestimmt“, so Meinl-Reisinger in Richtung des ÖVP-Chefs. Spät wurde dann auch Grünen-Chef Werner Kogler in die Gesprächsrunde geholt. Er erinnerte zuerst daran, dass die Grünen im Moment nicht im Nationalrat seien – es aber gerne wieder wären. Weiters merkte er an, ÖVP und FPÖ hätten verhindert, dass es Kontrollrechte des Rechnungshofs gibt. Es wäre aber dringend notwendig, „strafrechtliche Tatbestände zu implementieren“. Pamela Rendi-Wagner merkte an, sie hätte das Thema Parteienfinanzierung gerne "raus aus dem Wahlkampf". Um Verbesserungen zu erreichen, würde sie sich gerne "mehrere Modelle der Transparenz anschauen". Norbert Hofer sprach sich dafür aus, Lücken zu schließen. Wie genau, erläuterte er nicht. Kurz zeigte sich schließlich „selbstverständlich bereit, die Rechte des Rechnungshofs zu stärken“ und sagte sogar, Spenden ganz zu verbieten, wäre für ihn auch „okay“. Nach dem emotionalen Teil der TV-Konfrontation kamen endlich inhaltliche Diskussionen an die Reihe. Im Kampf gegen die Klimakrise sprach sich Meinl-Reisinger erneut dafür aus, Umweltverschmutzung durch eine CO2-Steuer zu belasten und die Menschen durch die Abschaffung der kalten Progression zu entlasten. Außerdem äußerte sie ein klares „Ja“ zu einer ökosozialen Steuerreform. Diesem Vorschlag schloss sich auch der Grüne Werner Kogler an. Er ließ allerdings nicht unerwähnt, dass es beim Klimaschutz ein „Bündel an Maßnahmen“ brauche und nicht nur „ein, zwei Schlagworte“. Er möchte Steuerprivilegien beseitigen, Flugbenzin besteuern, die Mineralölsteuer an das Niveau anderer Länder anpassen und Investitionen umsteuern - von Autobahnen und Flughäfen hin zum Klimaschutz. Peter Pilz sieht in der Klimakrise eine „große Chance, Tierschutz und Klimaschutz zu verbinden“, sagte er. Unabdingbar sei für ihn auch eine CO2-Steuer. Im Gegensatz zu den Aussagen Rendi-Wagners habe diese Maßnahme sehr wohl positive Auswirkungen auf untere Einkommen, sprach er die SPÖ-Chefin direkt an. Diese verweigerte die CO2-Steuer – zumindest auf nationaler Ebene – erneut und nannte soziale Ungerechtigkeit als Grund dafür. Fördern möchte sie den Ausbau des Nahverkehrs, es brauche einfach mehr saubere Verkehrsmittel. Das Thema Verkehr sprach auch der ehemals zuständige Minister Hofer an. „Auch E-Autos brauchen eine Autobahn“, sagte er frech. Um eine Energiewende zu schaffen, müsse man bei der Speichertechnik ansetzen, so Hofer. Energie aus „Erneuerbaren“ sollte daher anders besteuert werden als zum Beispiel Energie aus Kernkraft. Für einen Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen sprach sich auch Kurz aus. Weiters fände er CO2-Zölle auf europäischer Ebene sinnvoll. Auf einen grünen Zweig kamen Kurz und Kogler bei ihrem Verlangen nach vermehrtem Einsatz von Wasserstoff als Speichermedium in der Industrie. Bei der Pflege waren sich die Spitzenkandidaten einig, dass man pflegende Angehörige entlasten müsse. Kurz nannte die Einführung einer Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung als Möglichkeit – was die Alarmglocken bei Peter Pilz schrillen ließ. Wenn das Wort „Säule“ in einem Kurz-Vorschlag vorkomme, möchte er immer sofort wissen, welcher Spender da schon wieder dahinter steht, sagte der JETZT-Mandatar und witterte bereits den nächsten Skandal. Für ihn selbst sei die 24-Stunden-Pflege der schlimmste Bereich - mit „dubiosen Strukturen und ausgenützten Frauen aus Osteuropa“. Für Pilz komme lediglich ein staatliches System für die Pflege infrage. Eine staatliche Pflegegarantie forderte auch SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner. Die Gegenfinanzierung würde im Modell der Sozialdemokraten durch eine Millionärssteuer erfolgen. Der blaue Spitzenkandidat Hofer findet neue Versicherungen oder Belastungen nicht notwendig, er würde das Problem in der Pflege durch Umschichtungen im System lösen. NEOS-Chefin ortete aufgrund ihrer Zustimmung zu diesem FPÖ-Vorschlag einen "historischen Moment". Werner Kogler möchte bei der Pflege vor allem pflegende Frauen entlasten. Bei der Frage, ob es bei der letzten Parlamentssitzung vor der Wahl am 25. September noch einige Wahlzuckerl geben werde, ließen sich die Spitzenkandidaten nicht auf klare Aussagen festnageln. Kurz sagte, er sei dagegen, dass in der Wahlkampfphase budgetrelevante Entscheidungen getroffen werden. Die SPÖ sei jedoch dagegen, "dass sich ein Parlament selbst fesselt", sagte Rendi-Wagner, und werde daher einen Antrag für die Streichung der Maklergebühren für Mieter einbringen. "Mit Augenmaß, aber ohne Übertreibungen" will Norbert Hofer in der Sitzung agieren. Beate Meinl-Reisinger warnte davor, "zu tief in die Tasche zu greifen". Und Peter Pilz sagte, er lasse es sich sicher nicht verbieten, bestimmten Personengruppen zu helfen.

2 Postings

Domenik Ebner
vor 5 Jahren

Wenige Tage vor der Wahl eine Nationalratssitzung - der glernte Österreicher weiß was da kommt: Wahlzuckerln ohne Ende :( Die Mittelparteien beteuern zwar den nachfolgenden Generationen keinen Rucksack umzuhängen - gemacht wird aber genau das Gegenteil. Rund 500 Millionen pro Jahr kostet die zusätzlich geplante Pensionserhöhung über der Inflation von 1,8%

 
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    steuerzahler
    vor 5 Jahren

    Die Pensionen sind in den vergangenen Jahren fast immer unter der Inflationsrate erhöht worden. Das bedeutet einen realen Verlust. Die Pensionen sollten im Ausmaß der durchschnittlichen Einkommenssteigerung erhöht werden. Schließlich wird auch entsprechend den steigenden Einkommen auch mehr eingezahlt.

     
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