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Österreich hat viele Ärzte und ein „Verteilungsproblem“

Auch die Zahl der Medizinstudenten ist laut OECD höher als in anderen Ländern.

Österreich verfügt im internationalen Vergleich über eine hohe Anzahl an Ärzten pro Einwohner sowie eine leicht überdurchschnittliche Anzahl an Medizin-Absolventen. Das zeigt die am Donnerstag präsentierte OECD-Studie "Gesundheit auf einen Blick" 2019. Vergleichsweise unterversorgt ist Österreich dagegen mit Pflegepersonal – und das Land ist offenbar wenig attraktiv für Ärzte aus dem Ausland. Zuletzt hat sich die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) für eine wesentliche Erhöhung der Zahl der Medizin-Studienplätze ausgesprochen. So soll unter anderem die ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen verbessert werden. Offenbar mangelt es aber in Österreich nicht an der Gesamtzahl der Ärzte, sondern an deren Verteilung. Im OECD-Vergleich kommen nämlich im Schnitt 5,2 praktizierende Ärzte auf 1.000 Einwohner. Das ist Platz zwei hinter Griechenland (6,1) und weit über dem OECD-Schnitt von 3,5 – wobei die OECD sogar die Zahl für Griechenland als "überschätzt" bezeichnet, weil das Land in seine Daten nicht nur die praktizierenden, sondern alle lizenzierten Ärzte einrechnet. Die Nachbarländer Schweiz und Deutschland kommen auf durchschnittlich jeweils 4,3 Ärzte pro 1.000 Einwohner.
Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres bringt ein Verteilungsproblem ins Grübeln: „Die Jungen wollen nicht aufs Land“. Foto: Expa/Gruber
Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres relativierte die OECD-Angaben zur hohen Ärztedichte in Österreich. Hierzulande sei ein Drittel nämlich nur teilbeschäftigt, erklärte er der APA. Außerdem würden die Ausbildung befindlichen Mediziner hinzugerechnet, was in anderen Ländern nicht der Fall sei. In Österreich gebe es jedenfalls ein Verteilungsproblem: „Die Jungen wollen nicht aufs Land.“ Szekeres verwies auf die Statistik der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), die mit Jahresende 2018 bundesweit 46.337 Ärztinnen und Ärzte ausweist. Rechnet man dies in Vollzeitäquivalente um, kommt die Kammer auf nur 39.110. Lasse man dann noch die Turnusärzte weg (8.085, in Vollzeitäquivalenten 7.382), finde man sich im OECD-Mittelfeld, so der Präsident. Hinzu komme, dass nicht nur die Beschäftigung am Land unattraktiv sei, sondern auch vier von zehn Absolventen des Medizinstudiums nicht in Österreich blieben. Einfach die Zahl der Studienplätze zu erhöhen, sei hier nicht die richtige Lösung, widersprach Szekeres der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Bei den Medizin-Absolventen sieht es etwas anders aus: Pro Jahr schließen hierzulande im Schnitt 14,4 Personen pro 100.000 Einwohner ein Medizin-Studium ab. Das ist zwar noch immer mehr als im OECD-Schnitt (13,1), liegt aber hinter den Spitzenländern wie Irland (24,9) oder Dänemark (21,5). Zum Vergleich: Die deutschsprachigen Nachbarländer Deutschland und die Schweiz haben jeweils weniger Absolventen als Österreich (12,0 bzw. 11,2). Allerdings sind die dortigen Arbeitsplätze offenbar wesentlich attraktiver für ausländische Ärzte als in Österreich: Laut OECD wurden in der Schweiz 34 Prozent der Ärzte im Ausland ausgebildet. In Deutschland liegt der entsprechende Prozentsatz bei zwölf Prozent, in Österreich nur bei sechs Prozent (OECD-Schnitt: 18 Prozent). Die Zahl der praktizierenden Ärzte ist in Österreich seit 2000 trotzdem stärker gestiegen (plus 48 Prozent) als in Deutschland (plus 32 Prozent) und im OECD-Schnitt (plus 42 Prozent). Knapp unterhalb des OECD-Schnitts liegt Österreich beim Anteil der Ärzte, die mittelfristig in Pension gehen werden: Hierzulande sind 30 Prozent der Ärzte 55 Jahre oder älter. Dieser Anteil beträgt in der OECD 34 Prozent. Besonders hoch ist er in Italien (55 Prozent) sowie in Deutschland, Frankreich, Belgien, Estland, Lettland und Israel mit Werten über 45 Prozent. Im OECD-Vergleich unterversorgt ist Österreich mit Pflegepersonal: Pro 100.000 Einwohner werden hierzulande jährlich im Schnitt 34,5 Pflegekräfte ausgebildet. Das ist weniger als im OECD-Schnitt (43,6) und wesentlich weniger als in Deutschland (54,5) und beim OECD-Spitzenreiter Schweiz (100,9). Weiterhin überdurchschnittlich gut ausgestattet ist das Land mit Spitalsbetten, nämlich mit 7,4 pro tausend Einwohner (OECD: 4,7). Bei der Zahl der Spitalsentlassungen ist Österreich mit 249 pro Tausend Nummer zwei hinter Deutschland, OECD-weit sind es 154. Mit Pro-Kopf-Ausgaben von 5.395 US-Dollar (4.864,74 Euro) liegt das heimische Gesundheitswesen im Vergleich auf Rang sechs (USA: 10.586 US-Dollar, OECD: 3.994). Der BIP-Anteil beträgt 10,3 Prozent (USA: 16,9, OECD: 8,8).

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