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Regierungsklausur recht fröhlich, aber ohne Neuigkeiten

Einzig die Steuerreform sollte nach außen kommuniziert werden. Die Opposition übte Kritik.

Die türkis-grüne Regierung hat ihre erste gemeinsame Klausur hinter sich gebracht. Die knapp 24 Stunden in Krems brachten wenig Neues, dafür war die Stimmung recht gut, gestört nur durch eine Postenvergabe-Geschichte aus dem Kulturbereich. Was Informationen anging, war Türkis-Grün monothematisch unterwegs. Einzig die Steuerreform sollte nach außen kommuniziert werden. Die Opposition übte Kritik. Freilich, was dann von der Regierungsspitze und den zuständigen Ministern Gernot Blümel (ÖVP) und Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag präsentiert wurde, war im Wesentlichen schon aus dem Regierungsprogramm bekannt. Das gilt auch für die wenigen Zahlen, die auf den Tisch gelegt wurden. So soll die Entlastung alleine durch die schrittweise Senkung der Tarifstufen, die 2021 und 2022 vorgenommen wird, bei vier Milliarden liegen. Die schon für kommendes Jahr geplante Ökologisierung der Flugticketabgabe, die Kurz- und Mittelstrecken teurer macht, sollte 110 Millionen Euro ins Budget spülen, informierte Gewessler. Insgesamt soll die Gesamtreform aber aufkommensneutral sein und die Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent und die Schuldenquote auf unter 60 Prozent sinken. Dafür werde es restriktive Budgetverhandlungen brauchen, avisierte Blümel wohl ziemlich harte Gespräche. Den Grünen war vor allem wichtig, dass der Einstieg in einen Umstieg gelingen werde - und zwar in Richtung einer ökologischen und sozialen Umsteuerung, wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) formulierte.
Sie redeten, ohne viel zu sagen. Von links: Leonore Gewessler, Werner Kogler, Sebastian Kurz und Gernot Blümel. Foto: APA
Wie die Öko-Maßnahmen etwa bei der Pendlerpauschale genau aussehen werden, wurde in Krems noch nicht benannt. Ausarbeiten soll die Eckpfeiler bis zum Sommer eine Taskforce unter der Leitung Blümels und Gewesslers. Das einzige Störfeuer bei der Klausur kam quasi von außen, als Mittwochabend bekannt wurde, dass Kurzzeit-Kulturministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) noch einige Postenbesetzungen in Kuratorien wie beispielsweise jenem der Albertina vorgenommen hat, unmittelbar bevor das Amt an Vizekanzler Kogler und dessen Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) übergegangen war. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterstrich, dass es dazu mit den Grünen Gespräche gegeben habe, was von Kogler auch bestätigt wurde. Edtstadler selbst verwies darauf, dass die Übergangsregierung keine Personalentscheidungen getroffen habe, die Funktionsperioden aber schon Ende 2019 ausgelaufen seien. Daher habe sie schnell einen Prozess zur Besetzung der Funktionen in die Wege geleitet. Allzu begeistert soll Lunacek nicht gewesen sein. Öffentlich äußerte sie sich in Krems dazu aber nicht. Umfangreicher als das Ergebnis selbst fiel die Kritik der Opposition aus. "Es scheint eine Regierungsklausur mit drei Schwerpunkten gewesen zu sein: Inszenierung, Fotos und Busfahren", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer findet den Regierungsvorschlag für eine Tarifreform "schwach und unsozial". Dass die Regierung zunächst nur in der untersten Stufe den Steuertarif von 25 auf 20 Prozent senken will, bringe "maximal 350 Euro pro Jahr" und gleiche daher nicht einmal die kalte Progression aus, so die Kritik. "Das ist aus Sicht der arbeitenden Menschen keine Steuerreform, sondern ein Sparpaket", sagte Krainer. Für die FPÖ ist die gesamte Klausur in der Wachau ein "Marketingschmäh" - noch dazu mit negativen Auswirkungen für die Umwelt. "Von Wien aus fährt die Franz-Josefs-Bahn im Stundentakt nach Krems", machte FPÖ-Chef Norbert Hofer aufmerksam und kritisierte die lange Busreise der Regierung. "Ein Bustransfer vom Kremser Bahnhof zum Seminarhotel hätte weniger CO2-Belastung verursacht als die Busfahrt ab Wien." Auch inhaltlich setze die Regierung ihre Inszenierungspolitik fort, kritisierte Hofer. Hier nannte er etwa das "1-2-3-Ticket" für den öffentlichen Verkehr. Enttäuscht zeigte er sich zudem, dass vom Thema Pflege bei der Regierungsklausur nichts zu hören war. Schwere Anschuldigungen gegen Türkis-Grün kamen auch von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. "Vier Leute stellen sich hin und stoßen trotz ihres angeblichen Kampfes gegen CO2 jede Menge heiße Luft aus", machte er sich mit Blick auf das Kremser Abschluss-Statement selbst Luft. "In Wahrheit war das eine Nullnummer und man hätte sich den Reisebus und die Hotelkosten sparen können", wetterte Kickl. Inhaltlich bleibe die Ankündigung zur Steuerreform weit hinter dem zurück, was bereits unter Türkis-Blau im Mai 2019 vom Ministerrat beschlossen worden sei, so Kickl.
Sepp Schellhorn zu den Regierungsplänen: „Die Steuerzahler sind einmal mehr dem türkisen Marketingschmäh aufgesessen." Foto: Expa/Gruber
Enttäuscht zeigte sich NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn über die Steuerreformpläne der Regierung. "Das hat weder etwas mit einer echten Entlastung noch mit einem großen Wurf in Richtung ökologische Steuerreform zu tun", kritisierte er. Die Steuerzahler seien "einmal mehr dem türkisen Marketingschmäh aufgesessen". Auch die Pläne für eine Ökologisierung des Steuersystems sind nach Schellhorns Ansicht viel zu wenig. "Wir haben gezeigt, dass sich Wirtschaft und Umwelt verbinden lassen. Man kann Bürgerinnen und Bürger entlasten und gleichzeitig Umweltverschmutzung einen Preis geben. Doch man muss halt auch wirklich wollen", so Schellhorn. Ähnlich wie Schellhorn ist auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian der Meinung, dass der Handlungsbedarf für eine rasche Abgeltung der kalten Progression von der Regierung noch immer nicht erkannt wurde. Die geplante Steuerreform nannte er "einen kleinen Schritt in die richtige Richtung mit großen Defiziten". Weiters kritisierte er: "Die Pläne für die türkis-blaue Steuerreform wurden aus der Lade geholt und mit einem kleinen grünen Farbklecks versehen". Die Umweltorganisation Greenpeace vermisst bei den präsentierten Ergebnissen der Regierungsklausur den Tiefgang. Positives Feedback für die Regierungspläne gab es von Wirtschaftsseite. "Angesichts einer unsicheren Konjunkturlage hält die Regierung Wort und stärkt mit der geplanten Steuerentlastung die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher", freute sich Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. Auch Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, begrüßte den ersten Schritt der steuerlichen Entlastung. "Der Fahrplan der Bundesregierung für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes steht", jubelte er. Von Expertenseite kam der Einwand, dass sich die Bürger ihre Steuersenkung beim vorgelegten Modell zu einem beträchtlichen Teil selbst finanzieren müssen, weil die türkis-grüne Regierung an der kalten Progression festhalte. Mit dieser "Inflationssteuer" befreie sich die Regierung von jeglichem Reformdruck, hieß es in einer Aussendung der Agenda Austria. Die Arbeiterkammer sieht bei den geplanten Steuersenkungen die Gefahr von fehlender Gegenfinanzierung. AK-Präsidentin Renate Anderl warnte vor dem angekündigten "Sparen im System". "Steuern sind wichtig für die Finanzierung des Sozialstaates und der öffentlichen Infrastruktur - davon profitieren alle. Sieben von zehn Steuer-Euros fließen in Bereiche wie Bildung, Gesundheit und Pensionen", sagte sie.

6 Postings

Domenik Ebner
vor 4 Jahren

Es is ja scho interessant wie eine "Entlastung" medial perfekt aufbereitet verkauft wird. Das durch die kalte Progression sich des jeder selbst bezahlt ist nur ein Detail am Rande...? Aber hey - Brot und Spiele für das Volk.

 
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    soomanides
    vor 4 Jahren

    I, mit mein klan Einkommen, kann mi freun! I pfeif auf die "kalte Progression", weil: meine Erhöhungen machen eh nit viel aus. Oba: Kritik von da Opposischn muass sein, des gheart zum Gschäft!

     
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      vor 4 Jahren

      @ceterum censo, Dafür bekommt einer der das doppelte von Dir verdient eine Erhöhung die dreimal soviel ausmacht!? Aber wir müssen ja die kleinen Einkommen entlasten!? :-)

       
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      Domenik Ebner
      vor 4 Jahren

      Die von Blümel verkaufte "Steuersenkung" ist ein Fake. Die Grenze von 11.000 EUR Einkommen, die jährlich steuerfrei sind, seit 2009. Das wären inflationsbereinigt inzwischen rund 13.000 EUR. D.h. Man muss jetzt 2.000 EUR versteuern, die früher frei waren. Die Regierung erwartet ein Dankeschön, dass man das Geld nicht mit 25, sondern "nur" mit 20 statt mit null Prozent versteuern musst. Bitte daher um gebührende Huldigung den Herren Kurz und Blümel gegenüber. #Steuern #KalteProgression

       
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vor 4 Jahren

Was ist da jetzt wirklich herausgekommen außer "soll Im Jahre 20.. kommen! Wie wirs finanzieren wissen wir nicht."?

 
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    wolfgangwien
    vor 4 Jahren

    Alles nur Nebelgranaten.

     
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