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Gernot Walder (links) beschäftigt aktuell in Außervillgraten 15 MitarbeiterInnen. Auf Hochtouren ist man hier in Diagnostik und Forschung dem Virus Sars-CoV-2 auf der Spur. Alle Fotos: Ramona Waldner

Gernot Walder (links) beschäftigt aktuell in Außervillgraten 15 MitarbeiterInnen. Auf Hochtouren ist man hier in Diagnostik und Forschung dem Virus Sars-CoV-2 auf der Spur. Alle Fotos: Ramona Waldner

Covid 19 in Osttirol: Gernot Walder zieht eine erste Bilanz

Der Virologe hat mit seinem Team in Außervillgraten rund 3.000 Proben ausgewertet.

Osttirol ist ein alpiner Bezirk in Randlage und kann in Zeiten von Corona dennoch relativ rasch reagieren, weil der Bezirk über ein leistungsfähiges Testlabor vor Ort verfügt, aufgebaut und betrieben vom Arzt und Virologe Gernot Walder. Mit ihm haben wir bereits Ende Februar ein viel beachtetes Videointerview geführt, in dem Walder die aktuelle Entwicklung recht präzise voraussagte. Eineinhalb Monate später, nach einem in der Geschichte beispiellosen „Shutdown“ des sozialen und wirtschaftlichen Lebens, fragen wir erneut nach seiner Einschätzung der aktuellen Lage und wagen auch einen Blick in die Zukunft.


Gernot, wie geht es dir und deinem Team in Außervillgraten in diesen Tagen?  Wir fahren ein sehr dichtes Programm und versuchen, alle Befunde rasch und  mit guter Qualität abzuarbeiten. Ich muss meinem Team ein Kompliment aussprechen – sie leisten Großartiges. Wieviele Personen arbeiten denn derzeit in deinem Labor und wieviele Tests habt ihr in den letzten Wochen insgesamt ausgewertet? Derzeit arbeiten – inklusive Forschung – fünfzehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Diagnostik. Vor einem Monat waren es noch sechs. Seit 15. März haben wir mehr als 3000 Untersuchungen durchgeführt.
Stefanie Weiler hat hektische Wochen hinter sich – und wohl auch noch vor sich. Seit 15. März wurden im Labor Walder mehr als 3000 Covid 19-Untersuchungen durchgeführt.
Wir veröffentlichen täglich deine Testergebnisse und die Leserinnen und Leser sind in der Zwischenzeit zu Corona-Statistikexperten herangereift. Was sagt denn der ausgewiesene Experte zur Entwicklung der Fallzahlen?  Die erste pandemische Welle klingt langsam ab. Die Rücknahme der Restriktionsmaßnahmen ist in Anbetracht der Fallzahlen gerechtfertigt, wird aber sehr wahrscheinlich zu einem neuerlichen Anstieg der Infektionen führen. Das erfordert von allen erhöhte Wachsamkeit. Wichtig ist, dass sich Patienten mit Infektzeichen ärztlich abklären lassen und auf positive Befunde eine genaue Umgebungsuntersuchung folgt. Nur so ist es möglich, auch asymptomatische Infektionen zu erfassen, die Erregerzirkulation einzuschränken und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Eine ganz gute Möglichkeit, nicht nur im Kaffeesatz zu lesen, ist die Eingrenzung der Szenarien. Was ist denn das Schlimmste, was jetzt noch passieren könnte und was ist das optimale Szenario? Optimalerweise klingt die Welle ab und erst der Herbst bringt einen neuerlichen Anstieg der Fallzahlen. Im ungünstigsten Fall kommt es nach Aufhebung der Restriktionsmaßnahmen zu einem so raschen Anstieg, dass ein neuerlicher Lockdown notwendig ist. Auch ein „lombardeiähnliches“ Szenarium ist theoretisch noch immer möglich.
Simone Obererlacher an ihrem Arbeitsplatz in Außervillgraten. Im Labor wird auf Hochdruck nicht nur getestet, sondern auch geforscht.
Wie geht es denn mit deinem Labor weiter? Bleibt es auch nach dem Abflauen der Pandemie voll besetzt? Gibt es wissenschaftliche Pläne? Es ist ja keineswegs selbstverständlich, einen Betrieb dieser Qualität in einem entlegenen Gebirgstal zu betreiben. Wir haben den Erreger isoliert und arbeiten derzeit mit Hochdruck an verlässlichen Möglichkeiten, eine Immunität gegen SARS-CoV2 festzustellen. Wir betreiben derzeit mehrere Studien im extramuralen Bereich und versuchen, möglichst viel über den Erreger zu lernen. Nur wer seinen Gegner versteht, kann ihn erfolgreich bekämpfen.
Virologe Gernot Walder: „Nur wer seinen Gegner versteht, kann ihn erfolgreich bekämpfen.“
  Nachher ist man immer klüger. Gibt es im Maßnahmenspektrum der Politik aus deiner Sicht einen Aspekt, den man – im Nachhinein betrachtet – nicht optimal gelöst hat? Was wurde versäumt und was war gut? Das ist noch etwas zu früh, um das zu beurteilen. In Osttirol wurde sehr früh umfassend getestet, dadurch wurden Infektionen erkannt, bevor der Erreger großflächig zirkulieren konnte. Auch das Mitarbeiter- und Patientenscreening im BKH und in den Wohn- und Pflegeheimen hat sich bewährt, Einschläge in kritische Einrichtungen konnten dadurch frühzeitig abgewehrt werden. Die Einrichtung einer Infektionsabteilung am Wohn- und Pflegeheim Lienz hat zur Entlastung des Krankenhauses ebenso beigetragen, wie eine aufmerksame Diagnostik im niedergelassenen Bereich. Nun wird es darauf ankommen, wie man weitere Epidemiewellen bewältigen kann. Konsequente Diagnostik und Umgebungsuntersuchungen sowie Screening in kritischen Bereichen und flexible Möglichkeiten der Eskalation und Deeskalation auf allen Ebenen sind zweifelsohne notwendig – im Krankenhaus genauso wie draußen in den Tälern. Wesentlich ist auch, dass wir Immunität sicher feststellen können. Daran arbeiten wir derzeit mit Hochdruck. Jetzt lesen wir doch noch ein wenig im Kaffeesud: Stellen wir uns vor, es ist Winter 2020/21. Alles hat sich beruhigt. Wie jedes Jahr gibt es eine Grippewelle. Und auch die Corona-Infektionen nehmen wieder zu. Wie wahrscheinlich ist das aus heutiger Sicht? Ich rechne damit, dass es so kommt.  
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

6 Postings

Spitzkofel
vor 4 Jahren

Vorab einmal ein großes Danke an Dr. Walder für sein Engagement!

Meiner Einschätzung nach sollten solche Ärzte und Einrichtungen seitens der regierenden Verantwortlichen viel mehr gehört und unterstützt werden! Die auswertenden Institute kommen wahrscheinlich mit der Arbeit nicht mehr nach - in meinem Umfeld wird nun schon seit über einer Woche auf ein Testergebnis gewartet! Solche Tests machen ja nur Sinn wenn sie möglichst zeitnah ein Ergebnis bringen!

Testen, testen, testen war nach anfänglichem Zögern die Devise der Regierung! Meines Erachtens wird viel zu wenig getestet (vermutlich weil auch immer noch die Ressourcen fehlen) und man hat ja auch sein eigenes Ziel von bis zu 15.000 Tests bei Weitem nicht erreicht (aktuell unter 4.000 am Tag)!

Also liebe Verantwortungsträger - nehmt mehr Geld in die Hand und unterstützt Ärzte, Laboratorien, usw. damit man hier auch schneller und in größerem Ausmaß zu Ergebnissen kommt!

 
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dazu folgendes
vor 4 Jahren

Was sowohl für Osttirol als auch national interessant wäre, wären nähere (vorzugsweise aktualisierte) Informationen der zuständigen Behörde bzw. wenn diese Ihrer Informationspflicht nicht nachkommt oder nachkommen kann, der medizinischen Entscheidungsträger mit Insight, wie sich die aktiven Fälle eigentlich zusammensetzen.

Sind das (zu welchen Teilen?) hauptsächlich Cluster, die abgrenzbar sind? Oder (auch) nicht (mehr) nachvollziehbare Ansteckungen?

Dann davon hängt ja wohl auch zu einem großen Teil das tatsächliche Ansteckungsrisiko für die Bevölkerung und damit die notwendigen Vorkehrungen ab.

Eine andere Antwort von Dr. Walder wäre auch interessant, inwiefern er persönlich die Gefahr einer Schmierinfektion (auf Gegenständen, Kleidung, etc. ) sieht und ob nicht das Risiko sich zu infizieren schon allein durch gute Händehygiene, Abstandhalten und Mundschutz zum großen Teil abzuwenden wäre, wie viele (auch führende) Virologen in hochinfektiösen Clustergebieten (zb im deutschen Heinsberg) bereits untersucht haben.

Btw können wir uns in Osttirol glücklich schätzen über Dr. Walder (via Dolomitenstadt und andere Medien) an unabhängige Informationen zu kommen.

Von den Bezirksbehörden hört man da deutlich zu wenig. Hier ist das Krisenmanagement, ebenso wie jenes im Land definitiv verbesserungsbedürftig.

Als Wunsch an den Osterhasen, wünsche ich mir eine, von unseren zukünftigen Vertretern durchgeführte Postenbesetzung in wichtigen infrastrukturellen Schlüsselpositionen, die nicht politisch motiviert (sprich, dass die Parteifarbe als alleiniges Qualifizierungsmerkmal ausschlaggebend ist) ist, sondern von tatsächlichen, fähigen Experten und deren durch jahrzehntelanges Forschen und Arbeiten erworbenes Fachwissen getragen wird.

 
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anton2009
vor 4 Jahren

Dank an Dr. Gernot Walder für seine Arbeit. Die Erfahrungen als Virologe unterscheiden ihn ganz wesentlich vom "lebenserfahrenen" Hermann Kuenz, der die Krise, dank seiner Unwissenheit, heruntergespielt hat!

 
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    spitzeFeder
    vor 4 Jahren

    Drei Kuenz-Fans nach 2 Tagen (14.4. um 17:19). Das sollte dem LA und Klubobmann-Stv. zu Denken geben. 😇

     
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Haberg21
vor 4 Jahren

Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle auch mal dem Dr. Gernot Walder! Hätten wir diesen Spezialisten nicht hier in Osttirol, so müssten wir wieder einmal nur von der "Basis" in Nordtirol abhängig sein! Zuerst von den "Obrigkeiten im Land" nur belächelt, wenn es darum ging ein Notarztsystem in Osttirol aufzubauen, so ist er in der Coronakrise wohl einer der wichtigsten Funktionäre u. Mitarbeiter in unserem Bezirk! DANKE an Dr. Walder und seinem Team!

 
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    hoerzuOT
    vor 4 Jahren

    So ist es! wahre Worte!!

     
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