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Jabloner sieht bei Corona-Gesetzen Verbesserungsbedarf

"Grosso modo verhältnismäßig, aber nicht genügend genau formuliert."

Der frühere Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Clemens Jabloner, hält die von der Regierung erlassenen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie für "grosso modo verhältnismäßig, aber nicht genügend genau formuliert". Das sagt Jabloner in der "Wiener Zeitung". Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat den Juristen in eine Arbeitsgruppe zur Evaluierung der Maßnahmen berufen. Jabloner sieht grundsätzlich Verbesserungsbedarf bei den Maßnahmen. "Das alles verlangt großen Interpretationsaufwand. Das ist ein Missstand", kritisiert der Jurist. Das Hauptproblem liegt aus seiner Sicht darin, dass nicht ganz klar sei, was tatsächlich angeordnet wurde: "Es muss allen Menschen klar sein, was sie tun dürfen und was ihnen verboten ist."
Clemens Jabloner: "Es muss allen Menschen klar sein, was sie tun dürfen und was ihnen verboten ist." Foto: APA
Der Arbeitsgruppe gehören neben Jabloner auch der frühere Innenminister Wolfgang Peschorn, die Wiener Zivilrechtlerin Christiane Wendehorst sowie Andreas Janko und Michael Mayrhofer von der Johannes Kepler Universität Linz an. Ebenfalls eingebunden ist der emeritierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer sowie laut Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) der Verfassungsdienst im Kanzleramt. Die genaue Größe der Arbeitsgruppe nannte das Ministerium auf Anfrage nicht. Eine weitere Sitzung ist jedenfalls für Donnerstag geplant. Die Juristen sollen das Gesundheitsministerium auch bei der Vorbereitung des geplanten sechsten Maßnahmenpakets unterstützen. Geplant ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowohl eine Evaluierung der bisherigen Maßnahmen als auch die Beratung bei der Vorbereitung von "Covid-Maßnahmenpaket VI" und weiteren rechtlichen Schritten im Zusammenhang mit dem geplanten "Containment". Letzteres regelt, wie Personen mit Verdacht auf eine Covid-19-Infektion rasch getestet und isoliert werden können. Die Richtervereinigung fordert die Regierung indes auf, die in den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie enthaltenen Fehler zu korrigieren. Die von Anschober eingesetzte Arbeitsgruppe begrüßte Präsidentin Sabine Matejka. Für weitere Maßnahmen wünscht sie sich weniger Tempo und die Rückkehr zu einer - wenn auch kurzen - öffentlichen Begutachtung. Grundsätzlich äußerst Matejka im Gespräch mit der APA Verständnis für den hohen Zeitdruck, unter dem die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie beschlossen wurden. "Dass Fehler passiert sind, ist nachvollziehbar", sagt die Präsidentin der Richtervereinigung. In der Phase des "langsamen Hochfahrens" sei der Zeitdruck aber geringer, betont die Richterin und fordert eine Rückkehr zu zumindest kurzen öffentlichen Begutachtungsverfahren für die weiteren Maßnahmen: "Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo man das Tempo rausnehmen kann und reflektierter sein muss." Kanzler Sabastian Kurz (ÖVP) hatte die Kritik zuletzt auf "juristisch spitzfindige" Personen zurückgeführt und eine Korrektur mit dem Hinweis abgelehnt, dass sich der Verfassungsgerichtshof wohl erst mit den Maßnahmen auseinandersetzen werde, wenn diese gar nicht mehr in Geltung sind. Matejka plädiert dagegen für die Korrektur von begangenen Fehlern und begrüßt die dazu eingesetzte Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium. "Es handelt sich nicht nur um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um konkrete Probleme", betont Matejka. Verfassungswidrigkeiten und gesetzwidrige Verordnungen müsse man korrigieren, wenn der Mangel erkannt werde. Konkrete Beispiele wollte sie nicht nennen und verwies auf diesbezügliche Aussagen von Jabloner, wonach die erlassenen Maßnahmen zu wenig klar formuliert wurden.

5 Postings

iseline
vor 4 Jahren

Wie die Türkisen mit ihrem Koalitionspartner umspringen, hat heute K. Edstadler gut demonstriert. R. Anschober, der Gesundheitsminister sei alleine verantwortlich für Schlampereien bei Verordnungen und Gesetzesauslegungen in seinem Ressort. Das sagt ausgerechnet die Ministerin für Verfassung, die für Grund- und Freiheitsrechte zuständig ist - und versucht sich aus der Mitverantwortung zu stehlen. Einfach zum Schämen!

 
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Lz
vor 4 Jahren

Perfekt sind nur die die kritisieren! Nein auch nicht! Österreich steht international sehr gut da, aber des interessiert ja Obergscheiten nicht!

 
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    Franz Brugger
    vor 4 Jahren

    @lz: Na ja, ob man die Frau Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung als Obergescheite titulieren soll, stelle ich jetzt mal einfach in Frage.

    Zudem geht es ja nicht ausschließlich um Kritik, sondern um Anmahnen für weitere Erlässe und Verordnungen.

     
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miraculix
vor 4 Jahren

Speed kills - diese Weisheit stellt sich auch im Fall der Verordnungen zur Covid19 - Krise als zutreffend heraus. Da ist es eigentlich ziemlich bemerkenswert, dass BM Anschober sich nicht zu gut ist, wenigstens nachträglich noch Fachleute beizuziehen und die schnell zusammengeschusterten Bestimmungen überprüfen lässt. Finde ich gut, spricht nicht zuetzt auch für eine Portion Selbskritik, für Realismus und Erfahrung. Stünde auch andern "Herrschaften da oben" gut!

 
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unholdenbank
vor 4 Jahren

"Kanzler Sabastian Kurz (ÖVP) hatte die Kritik zuletzt auf „juristisch spitzfindige“ Personen zurückgeführt und eine Korrektur mit dem Hinweis abgelehnt, dass sich der Verfassungsgerichtshof wohl erst mit den Maßnahmen auseinandersetzen werde, wenn diese gar nicht mehr in Geltung sind." Besser hätte es Trump auch nicht formulieren können. Überall werden die "tollen" Politiker und ihre "weitsichtigen" Entscheidungen angezweifelt. Dummes Volk halt ! Es wird Zeit, dass der Absolutismus wieder kommt. (Ironie aus -> zur Klarstellung)

 
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