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Lienzer Gemeinderat tagte hinter Plexiglas

Durch die Sitzung zog sich als roter Faden das Thema Sparen in Zeiten von Corona.

Covid-19 verändert alles, auch die Art, wie lokale Parlamente ihre Sitzungen abhalten. Die Stadt Lienz hat in der Liebburg einen ausreichend großen Ratsaal und so musste die Gemeinderatssitzung vom 5. Mai nicht – wie anderswo – in Sporthallen, Pfarr- und Veranstaltungssäle verlegt werden. Die 21 Mandatarinnen und Mandatare rückten etwas auseinander und waren durch Glasscheiben getrennt, die fast neue Mikrophonanlage meisterte die Akustik zumindest im Sitzungssaal recht gut. Publikum und Medien auf den Galerien schwitzten und hörten nicht jedes Wort, aber doch genug um den Grundtenor der Sitzung mitzubekommen. Als roter Faden zog sich das Thema Sparen in Zeiten von Corona durch viele Diskussionsbeiträge.
Blick von der Galerie auf den Lienzer Ratsaal in Zeiten von Corona. Zu sehen sind nur die Hälfte der Mandatare, getrennt durch Glasscheiben, die andere Hälfte saß zum Teil unter der Galerie. Die Bürgermeisterin war sogar auf drei Seiten eingehaust. Foto: Dolomitenstadt/Pirkner
Angeführt von Vizebürgermeister Kurt Steiner stieg die ÖVP gleich zu Beginn mit dem Vorschlag ein, drei Punkte von der Tagesordnung zu nehmen und damit rund 340.000 Euro einzusparen. Ein neues Stadtbuch um 65.000 Euro, zwei Rasenpflege-Geräte für das derzeit unbespielte Stadion um 47.000 Euro und einen neuen Winterdienst-Lkw für den Wirtschaftshof, der sich mit 225.000 Euro im laufenden Budget niederschlägt. Speziell das Buch wurde dann auch ausführlich diskutiert, es sei jetzt zehn Jahre lang aufgeschoben worden, meinte etwa VP-Gemeinderat Christian Steininger, man könne also gut noch einige Monate zuwarten, bis klar sei, wie schwer die Stadtfinanzen durch den Lockdown und die Folgen getroffen seien. Bürgermeisterin Elisabeth Blanik hielt dagegen, dieses Buch sei ein Zeichen, dass die Stadt auch in der Krise nicht auf die Förderung von Kunst- und Kulturschaffenden vergesse. Beschlossen wurde dann der Ankauf von 2.500 Büchern um 65.000 Euro beim Innsbrucker Haymon-Verlag. Eine kleinere Auflage von 1.500 Büchern hätte knapp 10.000 Euro weniger gekostet, allerdings bei einem höheren Stückpreis. So entschied man sich für die relativ hohe Auflage. Die ÖVP enthielt sich der Stimme. In diesem Modus gingen nach einigen Diskussionen auch die Geräteanschaffungen zur Stadion-Rasenpflege und für den Winterdienst über die Bühne. Die Mehrheit entschied sich für den Kauf, die ÖVP plädierte zwar auch für die Anschaffung, aber zu einem späteren Zeitpunkt oder eventuell über Leasing und enthielt sich der Stimme. Keinen Kompromiss ging der Gemeinderat bei sozialen Themen ein. Die Erhöhung des Verpflegungsbeitrages für Ganztageskindergärten und Pflichtschulen mit Nachmittagsbetreuung wurde um ein ganzes Jahr auf Herbst 2021 verschoben. Das kostengünstige Seniorentaxi steht neben den bisher berechtigten Nutzern nun auch allen zur Verfügung, die Pflegegeld beziehen, unabhängig von der Höhe der Pflegestufe. Die Subventionen für den Sozialsprengel und das Eltern-Kind Zentrum EkiZ wurden einstimmig durchgewunken, ebenso die Jahressubvention von 11.865 Euro (ein Euro pro Kopf der Bevölkerung) für die Bergrettung. Und einen „warmen Regen“ gab es auch, begründet vor einem halben Jahrhundert in einer Vereinbarung mit der Transalpinen Ölleitung TAL. Die überwies 1971 insgesamt 32 Millionen Schilling an das Land Tirol, als Gegenleistung für die Kreuzung von Landesstraßen. Das Geld wurde in Anleihen veranlagt, die Erträge aus der Veranlagung anteilig an die 23 betroffenen Gemeinden überwiesen. Bei zuletzt lediglich 0,9 Prozent Verzinsung hielten sich die Überweisungen in engen Grenzen, weshalb das Land Tirol nun das ganze Kapital von 2,2 Millionen Euro auf die Gemeinden aufteilt. Lienz erhält aus diesem Topf 158.258 Euro. Der Jackpot geht an Matrei mit 471.300 Euro.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

7 Postings

soomanides
vor 4 Jahren

Eine 5-köpfige Familie sitzt beim Mittagessen. Der musikbegeisterte Filius ergreift die Gelegenheit, um den schon länger geplanten Ankauf einer neuen Gitarre zu reklamieren. Alles schweigt. Doch dann erklärt der Vater: "Schau, lieber junger Mann, ich bin in Kurzarbeit, die Mama kann ihren Job derzeit auch nicht ausüben, wir sollten doch ein bisschen warten, bis sich unsere, durch Corona angespannte finanzielle Situation wieder normalisiert. Es brauchte keine weiteren Argumente. Der Ankauf (beim Fachgeschäft (!) in der Messinggasse) wurde aufgeschoben - bis zum Christkind. Leider hat unsere Frau Bürgermeisterin mit ihrer koalitionären Machtfülle nicht so gedacht. dIe Wertschöpfung geht großteils nach Innsbruck, der Autor (den ich persönlich seit Jugendjahren kenne und schätze) wäre nicht verhungert.

 
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andersgedacht
vor 4 Jahren

Wir haben derzeit eine Ausnahmesituation, muss da nicht auch eine Stadt anders denken lernen, es kann nicht sein das jetzt wo jeder seine Investitionen überdenken muss Projekte in Auftrag gegeben werden welche keinerlei Dringlichkeit bedürfen. Was macht den unsere Stadtführung im Fall einer zweiten Welle und weiterer finanziellen Einbusen? Natürlich müssen Investitionen getätigt werden aber bitte doch nur notwendige. Eine Wertschöpfung in der Region wäre auch nicht schlecht. Man liest von vielen anderen Städten dass für Gastronomen Gastgärtengebühren erlassen werden, Lienz? Grundgebühren Senkung? Spannend das man von all diesen Sachen nichts hört oder liest.

 
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Macki
vor 4 Jahren

Corona sei Dank. die Stadt-VP hat endlich einmal ihren Argumenten entsprechend abgestimmt bzw. nicht zugestimmt.

und aus den richtigen Postings unterhalb erkennt man, dass damit auch das typische Blanik-Trotz-Verhalten offensichtlich wird. was sie will wird beschlossen. basta. und egal wie dumm die Begründung (Förderung von Kulturschaffenden) auch sein mag, da fährt der Zug/Blanik drüber.

 
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osttirol20
vor 4 Jahren

Täuscht es mich oder nimmt Blanik, wie am Bild deutlich zu erkennen, das mit dem Abstand nicht sonderlich genau - der Herr, der sich über das Plexiglas beugt trägt den Mund-Nasenschutz doch als Halstuch oder sehe ich das falsch?

 
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maron
vor 4 Jahren

Das nun nach 1982 überarbeitete „Lienzer Stadtbuch“ scheint sich doch als Wechselbalg herauszustellen – einerseits wichtig für das kulturelle Bewusstsein der (Lienzer) Bevölkerung, andererseits ein spezielles Exponat eines omnipräsenten Historikers: Die Unterstützung dieses Projekts geht jetzt doch mit einem Kunst- und Kulturkalauer einher: Die zu unterstützende Autorenschaft kann man nämlich an den Gliedern eines Fingers ablesen, der Rest geht an den Verlag. Also wen trifft es: weder die Kunst- noch die Kulturschaffenden, schon gar nicht die im Bezirk.

 
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Freigeist
vor 4 Jahren

Hat man das Prinzip des Plexiglases wirklich verstanden?

 
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r.ingruber
vor 4 Jahren

Entweder war die Akustik auf der Galerie tatsächlich so schlecht, oder ich habe mich beim Lesen dieses Beitrags verhört: Wie will man durch ein Stadtbuch Kunst- und Kulturschaffende fördern?

 
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