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Verabschiedet sich Raiffeisen vom ländlichen Raum?

Offener Brief von Christoph Brugger an Hermann Kuenz und Martin Mayerl.

Wenn man die Vorgänge in der Raiffeisenbank Matrei i. O. etwas genauer beobachtet, scheint diese oben gestellte Frage nicht mehr provokant. Was ist passiert?
Foto: Dolomitenstadt/Asslaber
Im Jahre 2017 hat die Almsennerei Tauernhaus nach 75 Jahren wieder den Betrieb aufgenommen. Dazu wurde im Vorfeld auf Anregung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Raiffeisenbank, Dr. Dietmar Kurzthaler, Tierarzt, eine Genossenschaft gegründet und Dr. Kurzthaler zum Obmann gewählt. Da in den letzten drei Jahren offensichtlich kein positives Ergebnis erzielt wurde, ist Dr. Kurzthaler unter dem von der Revision des Raiffeisenverbandes gelieferten Vorwand, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates nicht gleichzeitig Obmann einer Genossenschaft, die von der Bank finanziert wird, sein könne, zurückgetreten. Ebenso zurückgetreten ist der Vorstand des Talmarktes, wo Dr. Kurzthaler zwar nicht Obmann, aber Obmann Stellvertreter war und wo es ebenfalls nicht gelungen ist, in den letzten Jahren einen entsprechenden Erfolg zu erzielen, den man in der Öffentlichkeit herzeigen hätte können. Als an den Vorgängen in der Öffentlichkeit interessierter Bürger habe ich den Eindruck, dass sich sowohl die handelnden Personen, als auch die Raiffeisenorganisation aus der viel gepriesenen Verantwortung davonschleichen und damit sowohl den Bauern, als auch dem ländlichen Raum insgesamt enorm schaden. Zum Verständnis hole ich etwas weiter aus. Sowohl die Gründung des Talmarktes, als auch die Wiederbelebung der Almsennerei Tauernhaus wurden von der heimischen Bevölkerung sehr begrüßt und anerkannt. Über die Gründe, warum beide Einrichtungen nicht funktioniert haben, will ich mich nicht weiter äußern. Dass auch bei durchaus guten Einrichtungen die Verantwortung bei den leitenden Akteuren bleibt, auch wenn sie nicht funktionieren, steht für mich ebenso außer Zweifel. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Hauptverantwortung in dieser Angelegenheit bei der Raiffeisenorganisation und teilweise auch beim Bauernbund liegt. Denn eines ist klar: Im Gegensatz zu einer als AG organisierten Bank hat eine Genossenschaftsbank auch auf die Bedeutung des Vorhabens für die Wirtschaft in einer Region zu achten. Demnach hat die Revision auch den genossenschaftlichen Auftrag zu prüfen. Da kann es durchaus sein, dass die Prüfung des genossenschaftlichen Auftrages der betriebswirtschaftlichen Revision zuwiderläuft. (Zum Verständnis: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der Betrieb in Konkurs zu schicken, aus der Sicht für die Region oder auch für die Entwicklung des ländlichen Raumes ist er jedenfalls zu halten). Die Sennerei im Tauernhaus wurde bis zum Jahre 1943 als Genossenschaft geführt. Unsere Väter waren der Meinung, dass der Betrieb als solcher zu klein ist, um ordentlich wirtschaften zu können und haben daher den Betrieb auf die Molkereigenossenschaft Lienz übertragen bzw. mit der Molkereigenossenschaft Lienz fusioniert. Das Grundstück sollte jedoch in heimischer Hand bleiben. Da aber die Genossenschaft eingebracht wurde, hat man das Grundstück der Raiffeisenbank, die die einzige Genossenschaft in Matrei war, übertragen. Die Raiffeisenbank hätte in der Vergangenheit durchaus die Chance und auch die Möglichkeit gehabt, das Grundstück zu verkaufen. An Private wollte sie das nicht. Daher wurde auch die „Wiedereröffnung“ der Almsennerei allgemein sehr begrüßt. An sich hätte die Raiffeisenbank zur Wiedereröffnung das Grundstück auf die neugegründete Genossenschaft rückübertragen sollen. Stattdessen geht die Raiffeisenbank nun her und liquidiert die Genossenschaft. Das zu einer Zeit, wo allenthalben Bauern kleinere Molkereien aufmachen und sich so von der „Milchindustrie“ abkoppeln. Die Tirolmilch hat zudem erklärt, dass sie die Almmilch vom Tauerntal (die Almen Innergschlöss, Außergschlöss, Wohlgemuth, Schild und einiger privater Bauern) - nicht übernimmt. Damit sind die Bauern gezwungen, das Vieh im Sommer daheim zu halten, wenn sie keinen Abnehmer finden, der die Milch, wenn auch zu wesentlich schlechteren Bedingungen, übernimmt. Die Almen werden also nicht mehr oder zumindest nicht ausreichend bestoßen werden und verwildern damit innerhalb kurzer Zeit. Dass dies nachhaltige Auswirkungen auf unsere Natur und Kulturlandschaft hat und außerdem die regionale Wirtschaft wesentlich schwächt, und damit dem ländlichen Raum nachhaltig geschadet wird, bedarf an sich keiner weiteren Erwähnung. Abgesehen von diesem volkswirtschaftlichen Schaden, den diese Organisationen anrichten und der auch im Zusammenhang mit der Initiative der ÖVP zur „Stärkung“ des ländlichen Raumes zu sehen ist, muss da wohl auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft informiert werden. Ironie am Rande: Im Talmarkt ist der Käse des Obmannes der Tirolmilch, die ja bekanntlich auch in der Berglandmilch aufgegangen ist, ganz auffällig aufgestellt, während die Produkte der heimischen Bauern möglichst in den Hintergrund gedrängt werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und die Nichtabnahme der Milch damit in Verbindung bringt. Noch eine weitere Anmerkung: Der bisherige Obmann des Talmarktes baut auf dem Figerhof in Kals selber eine Molkerei. Dazu kann ich nur gratulieren. Das soll wohl auch den Nachweis liefern, dass auch kleine Molkereien durchaus positiv geführt werden können. Der Felsenkeller für die Käsereifung und Lagerung steht ohnehin leer. Da ist es doch besser, wenn er von jemanden genützt wird.   Christoph Brugger, Matrei  
Meinungsbeiträge auf dolomitenstadt.at geben die Meinung ihrer Autorinnen und Autoren wieder. Dolomitenstadt-Leser Christoph Brugger hat uns mitgeteilt, dass er diesen Brief auch an die Osttiroler ÖVP-Landtagsabgeordneten Hermann Kuenz, Obmann-Stellverteter des Tiroler Raiffeisenverbandes und Raiffeisen-Bezirksvertreter für Osttirol, und Martin Mayerl, Bezirksobmann des Tiroler Bauernbundes, gemailt hat. 

16 Postings

motinga
vor 4 Jahren

Selbstvermarktungskonzepte usw. funktionieren land auf land ab sehr gut. nur müssten sie dann auch eben "selbstverwaltet" werden!! das war aber hier NIE der Fall. Allein die dauernden Geschäftsführer und vor allem Personalrochaden zeugen davon, dass viel zu viel Einfluss und "Gscheidheit" von aussen (na besser gsagt von innen) gekommen ist!! anfangs war da "Goasbauer" ( verzeih mir den Ausdruck) jeden Tag im Talmarkt und hat umagschaftlt wie mia so schien sogn in Matre, wo isch a oba denn in da letztn Zeit gewesn?? eigentlich verlassn de "kapitäne" jo als letzte das sinkende Schiff, scheint oba do ganz anders zu sein. es isch lei vadommt schade dass eine eigentlich super Idee so ogewürgt weat

 
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    Wundawuzzi
    vor 4 Jahren

    Diesem Motinga muss ich voll und ganz zustimmen. Um solche Projekte umzusetzen braucht es halt auch gewisse menschliche Qualitäten.Ein sehr erfolgreicher Unternehmer hat einmal gesagt: "um erfolgreich einen Betrieb zu führen ,muss man ein Friedmensch sein".Da ist was Wahres dran.Rückblickend ist es immer leicht Schuldige zu suchen und zu finden. Hier haben aber auch sämtliche Kontrollmechanismen versagt.Auch innerhalb der Bank.Leider und schade für die gute,zukunftsweisende Idee!

     
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Kilian1990
vor 4 Jahren

Gute Idee und gute Initiative. Schade, dass es nicht funktioniert hat. Für mich aber auch logisch. Die Konkurrenz ist auch bei Milchprodukten igross. Habe mir Käse bei einer Wanderung ins Innergschlöss im sehr schönen Laden gekauft. Super Almatmosphäre und extrafreundliches Mädel, das mich zum Kaufen animiert hat. Perfekter Abschluss meiner Wanderung. Aber der Käse hat mir einfach nicht geschmeckt. Logischerweise habe ich nie mehr Käse von der Tauernsennerei gekauft.

 
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wolfgangwien
vor 4 Jahren

Ich hab keinerlei Einblicke in die Hintergründe der ganzen Geschichte, aber als Kunde muß ich auch sagen, der Bergkäse ist nichts Besonderes, da gibt es harte Konkurrenz!!! Außerdem habe ich den Eindruck, dass zuwenig Milch zur Verarbeitung da ist.

 
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Sinnlos
vor 4 Jahren

das einzig entdscheidende wenn es funktionieren soll ist das die Qualität der Produkte herausragend sein soll. Das scheinbar recht einfache Lab aus Südtirol vermag es nicht aus der Ostiroler Milch einen würzigen Bergkäse zu machen. Wenn die Produkte vergleichbar sind mit den aus der Massenproduktion dann fällt der Hauptgrund die Produkte zu kaufen weg. Die Produkte müssen über die herausragende, sofort merkbare Qualität für sich sprechen, dann funktioniert es bestimmt, egal wer der Vorstand ist.

 
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wiederdahoame
vor 4 Jahren

Der Talmarkt hat das Ortszentrum belebt und bereichert, es wäre schade, wenn er schließt. Ebenfalls die Tauernsennerei. Blickt man nach Toblach zur großen Sennerei Tre Cime, dann fragt man sich wieder, was machen die Südtiroler wiedereinmal anders bzw. besser als wir. Muss die Milch von Osttiroler Kühen nach Wörgl geliefert werden, kann diese nicht auch vor Ort verarbeitet werden?

 
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Nudlsuppe
vor 4 Jahren

Jeder "normale" Betrieb der soviel in der Kreide steht wie der Talmarkt, hätte bereits Konkurs anmelden müssen. Das Geschäft ist schön, die Idee gut, aber es funktioniert einfach nicht. Schade.

 
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    mirnixdirnix
    vor 4 Jahren

    Liegt es vielleicht zum Teil am sehr begrenzten Warenangebot und den "Bio-Preisen" (nicht gerade günstig)?

     
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Foschtgiehner
vor 4 Jahren

Nachtrag: ..einen grünen Anstrich..., da sind ein paar Buchstaben verloren gegangen

 
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    Edi1913
    vor 4 Jahren

    ... dafür ein paar h zuviel 😏

     
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Foschtgiehner
vor 4 Jahren

Wie die Vorgänge im Umfeld der Sennerei auch immer ein mögen, aber es regt sich in mir der Verdacht, dass Raiffeisen schon länger der obigen Titelüberschrift fröhnt und mit einer tradititionellen/naturnahen Bewirtschaftung der Natur in diesem Raum möglichst wenig am Gibelkreuz haben will (um nur ja nicht zu viel n Anstrich zu haben?), und gerät dabei immer mehr in den Vorwurf, schweren Verrat an ihrem nahmensgebenden Gründer zu begehen, insbesondere in Zeiten wie diesen, wo eigentlich ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit oberste Priorität haben sollte.

 
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Gamsbock
vor 4 Jahren

Dass die Sennerei pleite ist und diesen Sommer wohl nicht mehr aufsperrt, ist in Matrei schon länger bekannt. Mir tun die Bauern leid, die diesen größenwahnsinnigen und mediengeilen Bankern, Politikern und Funktionären vertraut haben. Nun müssen sie schauen, wer ihnen die Milch im Sommer abnimmt und ihre Betriebe neu organisieren. Die steuerzahlende Öffentlichkeit dürfte auch interessieren, ob die Förderungen nach nur 3 Sommern Betrieb zurückgezahlt werden müssen.

 
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    gemeiner Waldkauz
    vor 4 Jahren

    Milch besteht ohnehin zu 87% aus Wasser... i moan...warum der gonze aufwand??

     
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nikolaus
vor 4 Jahren

Im hinteren Iseltal scheint ja tatsächlich ein ganzes Rudel Wölfe aktiv zu sein 🐺🐺🐺, sie agieren allerdings nicht im Blutrausch, sondern eher im Gewinnrausch - schade, wenn das Marktle den herzeigbaren Talmarkt verliert, und die Almsennerei noch dazu ...

 
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vitl
vor 4 Jahren

Appropos "Schelm": Ist das der Christoph Brugger, der wegen seines politischen Rundumschlages, in seiner Funktion als Raika GF seinen Sessel hat räumen müssen?

Schlüssig argumentiert ist der Leserbrief nicht. Vielmehr scheint er ein Ventil zu sein... das eigentlich Interessante, weshalb die Sennerei nicht funktionierte, lässt er bewusst aussen vor. Recht charakteristisch, für eine Leberwurst.

 
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    Markus aus den Hohen Tauern
    vor 4 Jahren

    Falsch! Christoph Brugger hat seinen Sessel als Geschäftsführer der Raiffeisenbank Matrei nicht räumen müssen.

     
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