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“Too curious to stay at the same place long term”

So beschreibt meine Namensvetterin ihre Reiselust, die Pandemie macht es aber alles andere als einfach.

Reisefreudige sehen dem heurigen Sommer wohl eher mit Unmut entgegen - verschiedenste, sich ständig ändernde Bestimmungen machen sämtliche Urlaubsträume von Sand und Meer zunichte. Und über den Kontinent hinauszuschweifen ist ohnehin in weite Ferne gerückt. Doch was, wenn man sich bereits auf einem anderen Erdteil befindet?
Anna Huber weilt derzeit auf der anderen Seite der Erdhalbkugel - in Melbourne. Alle Fotos: privat/Huber
Für Anna Huber war heimkommen während der Pandemie nie ein Thema. Immerhin hat die Osttirolerin den heimatlichen Boden seit ihrer Matura vor fünf Jahren nur gelegentlich betreten. Gebürtig kommt die 24-Jährige aus Strassen, derzeit weilt sie allerdings „down under“ in Melbourne. Getreu ihrem Motto „Too curious to stay at the same place long term”, reist sie (zu coronafreien Zeiten) um die Welt. Vier Kontinente, 21 Länder, unzählige Städte und einzigartige Begegnungen umfasst ihre Reiseliste.
Heimweh plagt Anna selten bis gar nicht. Hier während einem ihrer Amerikaaufenthalte auf der Brooklyn Bridge in New York.
                                                                          Angefangen hat alles mit Amerika, mit einem persönlichen „American Dream“. Ganz am Beginn ihrer Ausbildung an der HLW Lienz erspähte Anna die Möglichkeit, nach der Matura ein Jahr in einem Golfclub in Florida zu arbeiten. Das war wohl auch der Ansporn, die fünfjährige Ausbildung durchzuziehen. Jedoch nahm sie schon währenddessen jede Möglichkeit wahr, in die Ferne zu ziehen. Ihr Pflichtpraktikum absolvierte sie mit ihrer besten Freundin in Malcesine am Gardasee und auch die beiden darauffolgenden Sommer zog es sie zum Arbeiten in den warmen Süden. Von dort ging es dann mit Matura in der Tasche 2015 direkt in die warme Sonne Floridas.
Sechzehn amerikanische Bundesstaaten hat Anna während ihrer Amerikaaufenthalte besucht. Dieses Bild entstand im Fire State Park in Nevada.
Ihr Arbeitgeber in Übersee hört auf den klingenden Namen „Frenchman´s Creek Beach & Country Club”. Ein Club für gut situierte Amerikaner, die dort in einer geschützten Wohngemeinschaft leben. Zahnärzte, Anwälte, Chirurgen haben dort ihre Häuser, doch auch ein Besuch von Golfstar Tiger Woods ist im „Frenchman´s“ keine Seltenheit. Der Club bietet alle Annehmlichkeiten, angefangen bei Golfplätzen, Sporthallen, Restaurants bis hin zu Kosmetikstudios und sogar eine Post lassen sich dort finden, fast wie in einer kleinen Stadt - nur eben in einem sicheren Rahmen. „Die Security steht dort 24/7 habt Acht. In ein Restaurant kommt man sowohl als Besucher als auch als Angestellter nur mit Ausweis und Mitgliedskarte.“ Clubs wie diese gibt es zahlreiche in Florida, die Sicherheit hat allerdings auch ihren Preis: 175.000$ kostet eine Mitgliedschaft pro Jahr, nicht eingerechnet die Ausgaben für das tägliche Leben, Golfstunden etc. Wenn sie dann wieder heim nach Osttirol kommt, hat Anna fast einen Kulturschock, „weil da drüben einfach so viel Geld im Spiel ist“. Aber ihr Resümee nach ihrer Zeit in Amerika: „Ich bin einfach dafür gemacht, wegzugehen.“
"Ich bin einfach dafür gemacht wegzugehen.", schmunzelt Anna. Hier am Kelingking Beach in Indonesien.
"Ich bin einfach dafür gemacht wegzugehen", schmunzelt Anna. Hier am Kelingking Beach in Indonesien.
Und das tat sie auch: Nach dem Jahr in den USA ging es für sie mit dem Tramperrucksack nach Asien. Thailand, Kambodscha, Laos und Indonesien warteten auf ihren Besuch. „Das wichtigste am Reisen ist offen zu sein für Neues. Und den Menschen zu vertrauen. Gerade in Asien wollen dir die Menschen helfen, dir ihre Kultur näherbringen und dich ihre Speisen ausprobieren lassen.“  Die Schulausbildung kann dir nie so viel beibringen, wie das was du auf eigene Faust erfährst, meint die Osttirolerin. In einer Geschichtestunde etwas über den Vietnamkrieg zu hören ist eine Sache, eine ganz andere Sache ist es, in Vietnam mit den Menschen zu sprechen und zu erfahren, welche Nachwirkungen der Krieg heute noch hat. Schwarze Magie wird bei uns im Geschichteunterricht eher ins Mittelalter geschoben. In Kambodscha hingegen glaubt die Bevölkerung immer noch daran. „Unser Tourguide bei einem Elefantentrip in Kambodscha war die Tochter einer Hebamme, die der Hexerei bezichtigt worden war. Ihre ganze Familie wurde von den Dorfbewohnern ausgelöscht, nur sie überlebte als dreijähriges Mädchen und schlug sich durch. Bis heute wohnt sie jedoch außerhalb des Dorfes und wird von der Bevölkerung gemieden.“ Die Tour mit ihr sei eine der schönsten und besten gewesen, die Anna auf ihren Reisen erlebt habe.
„Das wichtigste am Reisen ist offen zu sein für Neues", gibt Anna Reiselustigen mit auf den Weg. Hier beim Elefantentrip in Kambodscha.
Eine (zumindest im Nachhinein) unterhaltsame Geschichte weiß Anna vom „Monkey Beach“ in Thailand zu erzählen. Der Name ist hier Programm, der gesamte Strand wird hier von mehr oder weniger zahmen Affen bevölkert. Während es anfangs noch recht lustig gewesen sei, die Affen zu füttern, schnappte irgendwann einer der Affen nach Annas Tasche. „Ich zog daran, er zog daran, irgendwann packte ich die Tasche dann fester und der Affe wurde auf meinen Oberschenkel katapultiert - wo er dann zubiss.“ Das bescherte Anna regelmäßige Tollwutimpfungen für den Rest ihres Asienaufenthalts.
(Noch) in friedlicher Gesellschaft von den Affen am sogenannten "Monkey Beach" in Thailand.
Nicht immer ist es ganz klar, wohin die Reise gehen soll und zwischendurch kommt Anna zurück, um in den Osttiroler Bergen Kraft zu tanken. Die Idee, in New York eine Ausbildung zur Barkeeperin zu absolvieren, kam ihr ganz spontan während sie im Sommer 2017 auf der Karlsbader Hütte arbeitete. So ging´s im Herbst von den Lienzer Dolomiten in den Big Apple. „Das war wohl eine der besten Entscheidungen in meinem ganzen Leben. Ich hab dort so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und es war eine einzigartige Erfahrung“, meint sie rückblickend. Auch im darauffolgenden Sommer in Hongkong als Barkeeperin zu arbeiten, war eine spontane Entscheidung. Dort wie ein Einheimischer zu leben, ist alles andere als einfach. „Ich lebte auf drei Quadratmetern wie in einer Sardinendose, war durch den Smog ständig verkühlt und arbeitete jeden Tag von 16:00 Uhr bis 3:00 in der Nacht.“ Auch wenn ihr Heimweh sonst kein Kopfzerbrechen bereitet, war Anna nach dieser Zeit wieder froh, nach Hause zu kommen.
Immer wieder zieht es die 24-Jährige zurück in die Vereinigten Staaten.
                                                                          Ganz anders ist das, wenn sie in Amerika arbeitet. „Dort bin ich gern und dort vergeht die Zeit so schnell.“ Deshalb zog es die 24-Jährige im Herbst 2018 dann wieder nach Amerika, wo sie im Winter wieder in Florida bei „Frenchman´s Creek“ in einem der Restaurants hinter der Bar arbeitete und im Sommer in einem anderen Club in der Nähe von New York. Doch neben dem Arbeiten bleibt immer genug Zeit zum Reisen: Sechzehn amerikanische Bundesstaaten hat Anna während ihrer Amerikaaufenthalte besucht und sich auf den Karibischen Inseln – die zum Außengebiet der Vereinigten Staaten zählen – gesonnt. Im Grunde genommen ist Annas „Weltenbummlertum“ ein auf eigene Faust konzipiertes Work-and-Travel-System.
Ihre Reisen finanziert sich Anna selbst - in Australien zu leben und zu arbeiten war ein lang ersehnter Traum.
Im vergangenen Herbst hat sich für sie ein lang ersehnter Traum erfüllt – sie bekam das Working-Holiday-Visa für Australien. Was im ersten Moment gemütlich klingt, ist nicht immer so: Bevor die Pandemie Australien erreichte, hatte sie zwei Jobs gleichzeitig – in einer Bar und in einem Restaurant. Auch wenn das eine stressige Zeit war, würde Anna wohl sofort wieder tauschen, coronabedingt kann sie derzeit weder reisen noch arbeiten: „Die Restaurants haben seit Donnerstag wieder geschlossen. Australien hat seine Beschränkungen verschärft, um eine zweite Welle zu verhindern. Also hab´ ich wieder keinen Job mehr.“
Spontane Reisen - wie diese im Jänner nach Bali - sind derzeit leider nicht möglich.
                                                                          Klar ist, dass Anna, sobald es wieder geht, weiter in die Ferne schweifen möchte. Wo es dann hingeht? „Keine Ahnung“, antwortet Anna ehrlich, „vielleicht mach´ ich noch zwei, drei, vier Jahre so weiter.“ Heim nach Osttirol muss sie nicht zwingend, „irgendwann möchte ich schon sesshaft werden, das kann daheim sein, das kann aber auch überall anders sein wo es mir gefällt und wo ich mir meine Zukunft vorstellen kann.“ Wer Anna auf ihrer Reise ein Stück weit begleiten möchte, kann das via Instagram tun, wo die Reisefreudige regelmäßig Fotos von ihren Reiseerfahrungen postet.
Ein kleiner Vorgeschmack auf die Fotos, die sich in Annas Instagram-Feed finden lassen. Hier in Arizona, USA.
Anna Maria Huber unterrichtet an der International School in Innsbruck und schreibt nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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