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Sillian: Hickhack um Verkauf des Rotkreuz-Gebäudes

Der Bürgermeister will verkaufen, die Opposition ist dagegen. Abstimmung am Mittwoch.

Die politische Landschaft in Sillian ist schwarz mit Schattierungen. Von den 15 Sitzen im Gemeinderat besetzt acht das ÖVP-nahe Team Sillian von Bürgermeister Hermann Mitteregger. Sechs Mandate hält die „Gemeinschaftsliste ÖVP“ mit Gemeindevorstand Peter Duracher als Frontmann. Die Freie Liste Sillian ist mit einem Mandat zu klein, um Zünglein an der Waage zu spielen. Also wird am Mittwoch aller Voraussicht nach das Sillianer Rotkreuzgebäude den Besitzer wechseln. Die Bürgermeisterfraktion forciert den Verkauf, die VP-Opposition hält dagegen und hat per Postwurf die Gemeindebürger informiert warum.
Um dieses Gebäude geht es. Es wurde 2004 eröffnet und an das Rote Kreuz vermietet. Jetzt will die Rettungsorganisation ihr Quartier kaufen. Foto: Rotes Kreuz
Die Argumente scheinen auf den ersten Blick schlüssig. Das Rotkreuzgebäude wurde im September 2004 – also vor genau 16 Jahren – in Betrieb genommen. Sein Bau kostete 860.000 Euro, von denen 545.000 Euro das Land Tirol beisteuerte. 311.000 Euro überwies das Rote Kreuz als Mietvorauszahlung bis zum Jahr 2054, in dem der Mietvertrag ausläuft. Damit war der Bau ausfinanziert. Die Mieteinnahmen der Gemeinde halten sich in Grenzen. 2,75 Euro beträgt die Quadratmetermiete. Durch die geleistete Vorauszahlung reduziert sie sich auf 0,75 Euro pro Quadratmeter und Monat. Im Jahr summiert sich das laut VP-Liste Duracher auf „knapp 10.000 Euro.“ Im Postwurf wird nun vorgerechnet: „Berechnet man die Mieteinnahme auf die Vertragslaufzeit von 50 Jahren mit einer durchschnittlichen Indexierung von 1,5 Prozent pro Jahr, ergibt sich eine Mieteinnahme von ca. 540.000 Euro. Rechnet man die Mietvorauszahlung von 311.000 Euro hinzu, ergeben sich nach 50-jähriger Vermietung Einnahmen von ca. 850.000 Euro, wobei die Immobilie inklusive Grund nach wie vor im Besitz der Gemeinde ist. Sogar nach Abzug diverser Sanierungsarbeiten verbleibt immer noch eine Mieteinnahme von ca. 680.000.“  Vor diesem Hintergrund sei der geplante Verkauf an das Rote Kreuz um 200.000 Euro eine Verschleuderung von Sillianer Familiensilber.
Peter Duracher und seine Liste wollen „den Verkauf einer gemeindeeigenen Immobilie völlig unter Wert und das Verschenken von Gemeindegrund“ bei der Sitzung am Mittwoch verhindern. Foto: Brunner Images
Bürgermeister Hermann Mitteregger sieht das grundlegend anders und zückt seinerseits den Rechenstift: „Wir haben die Mietanzahlung ja schon kassiert und auch in den vergangenen 16 Jahren Miete eingenommen. Eine seriöse Rechnung kann sich also nur auf die verbleibenden 34 Jahre bis Vertragsablauf beziehen. Die Jahresmiete beträgt kaum mehr als 9.000 Euro und davon kann man getrost noch einen Erhaltungsbeitrag von 4.000 Euro pro Jahr abziehen. Bleiben also 5.000 Euro mal 34, das sind 170.000 Euro. Wir haben zwei Gutachten, die einen Verkehrswert dieser Immobilie deutlich unter 200.000 Euro schätzen. Das Rote Kreuz bietet 220.000 Euro.“ Außerdem, so Mitteregger, sei ja auch die Landesförderung für den Bau wohl als Förderung für das Rote Kreuz und nicht für die Gemeinde gedacht gewesen. Mit dem Land sei der Verkauf abgesprochen. Die Gemeinde habe sich ein Rückkaufsrecht gesichert, falls das Rote Kreuz irgendwann das Haus wieder loswerden möchte. Die Bergrettung, deren Quartier im Deal eingeschlossen ist, sei weiterhin garantiert kostenfrei untergebracht.
Der Sillianer Bürgermeister Hermann Mitteregger forciert den Verkauf des Rotkreuz-Gebäudes: „Momentan fehlt den Gemeinden Geld.“ Foto: Brunner Images
Warum will der Bürgermeister überhaupt verkaufen? „Momentan fehlt den Gemeinden Geld. Wir möchten endlich das seit 13 Jahren leerstehende Hallenbad abtragen. Das wird 400.000 Euro kosten. Außerdem mussten wir in letzter Zeit einiges stemmen, durch die Sanierungen an der Drau, die LWL-Verkabelung und den Bahnhofsumbau.“ Die Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 30. September, beginnt um 19.30 Uhr. Der Kauf des Rotkreuz-Gebäudes steht ganz oben auf der Tagesordnung. Duracher und sein Team hoffen, dass sie den einen oder anderen Mandatar der Bürgermeisterliste umstimmen können. Man darf gespannt sein.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

7 Postings

sportler
vor 3 Jahren

Hallo! Man könnte das Gebäude mit Grundstück auf dem freien Markt anbieten. Und dann wäre die Entscheidung leichter.

 
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rebuh
vor 3 Jahren

blöde frage, wenn's für die gemeinde so ein draufzahler geschäft ist, und dem neuen besitzer praktisch geschenkt wird, warum kauft es der herr duracher oder einer der nachfolgenden user nicht? ein paar tausender mehr und die gem. wirds euch gerne überlassen.

 
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osttirol77
vor 3 Jahren

Die Immobilie wird weit unter Wert verkauft, der Grund (ca 800 n2) wird als Dreingabe noch dazu geschenkt. :) mit dem Bürgermeister möchte ich auch Geschäfte machen.

 
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osttiroler94
vor 3 Jahren

der bau der immobilie kostete also rund 800.000,- jetzt soll die immobilie nur mehr unter 200.000,- wert sein? dabei würde sich ja eine verminderung von EUR 600.000 ergeben

 
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    genaugenommen
    vor 3 Jahren

    da kann bei der rechnung was nicht stimmen, oder es ist beim bau geld verschwunden.

     
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      miraculix
      vor 3 Jahren

      Wenn man sich die Entwicklung der Preise für Immobilien in den letzten Jahren anschaut, auch bei uns in Osttirol, dann ist ein WertVERLUST von über 75% wirklich schwer nachzuvollziehen ...

      Könnte ich bitte die Namen der Gutachter erfahren, falls ich in den nächsten Jahren eine Immobilie erwerben will ?

       
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    skeptiker
    vor 3 Jahren

    Ich vermute mal Folgendes … Das RK hat seine Miete ja schon bis 2054 vorausgezahlt, die Bergrettung wird ebenfalls weiterhin kostenfrei untergebracht. Dies wird bei der Bewertung der Immobilie sicher eine gewichtige Rolle gespielt haben.

    Der Spielraum Einnahmen zu generieren ist für einen neuen Besitzer sehr gering. (Lt. Artikel aktuell 9.000 pro Jahr abzüglich des Erhaltungsbeitrages, also nur 5.000 / Jahr)

    Ich denke nicht, dass da bei der Bewertung was falsch gelaufen ist. Als Investor würde ich für dieses Gebäude unter diesen Voraussetzungen nie in der Größenordnung 800.000 zahlen. Bei 200.000 ergibt sich zumindest eine mögliche Rendite von 2,5% - Steuern noch nicht abgezogen (ohne Einrechnung der Wertsteigerung)

     
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