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Wie soll man Probleme gemeinsam bewältigen, wenn soziale Distanz verordnet wird? Foto: Engin Akyurt/Unsplash

Wie soll man Probleme gemeinsam bewältigen, wenn soziale Distanz verordnet wird? Foto: Engin Akyurt/Unsplash

Selbsthilfe Osttirol: Anpassung an schwierige Zeiten

Gruppentreffen sind nicht möglich. Gibt es Bedarf an einer Corona-Gruppe?

„Gemeinsam dem Leben eine Richtung geben“ steht ganz groß auf der Webseite der Selbsthilfe Osttirol. Mit Hilfe dieses Vereins organisieren sich Menschen mit unterschiedlichsten Problemen in kleinen Gruppen, um vor allem durch Erfahrungsaustausch gesundheitliche oder soziale Probleme in den Griff zu bekommen. Kein leichtes Unterfangen schon in „normalen“ Zeiten und fast unmöglich in einem Umfeld, das soziale Kontakte massiv erschwert oder – wie im aktuellen Lockdown – ganz unterbindet. Aus dem Stammbüro im BKH Lienz musste das Team mit Wolfgang Rennhofer, Brigitta Kashofer und Kerstin Moritz schon vor Wochen auswandern, um jedes Ansteckungsrisiko zu vermeiden. Man stellte auf Homeoffice um, bot telefonische Hilfestellung an und improvisierte. „Gruppentreffen in geschlossenen Räumen sind ja schon länger untersagt, aber die Gruppenleiter halten Kontakt und natürlich setzen auch wir auf die Sozialen Medien, auf WhatsApp oder Zoom”, erzählt Wolfgang Rennhofer. Einzelne Gruppen trafen sich bisher im Freien, tauschten sich bei Spaziergängen mit ausreichend Abstand aus, oder setzten auf Treffen zu zweit. Geschlossen ist derzeit auch das „Kontaktkaffee“ das jeden Dienstag ein Lichtblick für Menschen war, die gegen Einsamkeit kämpfen. „Mir tun die irrsinnig leid“, betont Rennhofer und bejaht die Frage, ob denn eine Corona-Selbsthilfegruppe Sinn machen könnte. „Das wäre eine ideale Selbsthilfegruppe. Wir hatten schon eine Anfrage im Frühjahr, aber da war eine Infektion mit Covid-19 noch ein Tabuthema. Es gab Mobbing.“ Durch die stark steigende Zahl der Infizierten steigt allerdings wohl auch die Anzahl jener, denen es wie der 70-jährigen Frau aus dem Defereggental geht, die bereits vor Monaten bei der Selbsthilfe anklopfte. Sie wurde Anfang März von einem Gast angesteckt. „Es hat mich böse erwischt“, erzählt sie im Telefongespräch mit dolomitenstadt.at. „Man hat ja nicht viel gewusst, hatte kaum Informationen. Und so bin ich halt ins Bett gekrochen.“ Die körperlichen Folgen hat die Frau mittlerweile halbwegs überstanden, obwohl sie immer noch in Behandlung ist. Mental kämpft sie aber schwer: „Ich habe unheimliche psychische Probleme.“ Obwohl die Infektion schon seit Monaten überstanden sei, „wird man von manchen Menschen wie eine Aussätzige behandelt“. Wenn die Gründung einer Selbsthilfe-Gruppe gelinge, sei sie sofort dabei. Wie gründet man eine solche Gruppe, fragen wir Wolfgang Rennhofer. „Interessierte Menschen können sich auch jetzt telefonisch oder per Mail im Büro der Selbsthilfe melden. Wir würden gerne beim Aufbau einer Gruppe für Covid-Betroffene helfen und – sobald das wieder möglich ist – auch Infrastruktur zur Verfügung stellen.“ Das Selbsthilfe-Festnetztelefon im Krankenhaus ist derzeit nicht besetzt, aber es gibt eine mobile Nummer: 0664/3856606.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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