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2011 wurde das Kraftwerk Haslach am Kalserbach negativ bewertet. Danach gab es keine Empfehlung zur Weiterverfolgung des Projekts. Foto: Expa/Gruber

2011 wurde das Kraftwerk Haslach am Kalserbach negativ bewertet. Danach gab es keine Empfehlung zur Weiterverfolgung des Projekts. Foto: Expa/Gruber

Kraftwerk Haslach: Liste Fritz sieht „finanzielles Abenteuer“

Die Kalser Bürgermeisterin Erika Rogl: „Wir wissen, worauf wir uns einlassen.“

Die Kritik an der Gemeinde Kals, die ein weiteres Kraftwerk am Kalserbach plant, reißt nicht ab. Wie berichtet, bemängeln Umweltschützer, angeführt vom WWF, aber auch Experten der Uni Innsbruck die von der Gemeinde abgegebene Naturverträglichkeitserklärung als fachlich fragwürdig und inhaltlich unvollständig. Nun wirft die oppositionelle Liste Fritz der Gemeinde vor, sich in ein riskantes finanzielles Abenteuer zu stürzen und fordert das Land Tirol auf, dagegen einzuschreiten. Fritz-Mandatar Markus Sint hat 32 Fragen zum Kraftwerk Haslach-Kalserbach an Landesrätin Ingrid Felipe (Grüne) sowie an die ÖVP-Landesräte Josef Geisler und Johannes Tratter gestellt. Felipe hält sich bedeckt, was bei Sint Kopfschütteln auslöst: „Erstaunlich und enttäuschend, dass die grüne Umwelt- und Naturschutzlandesrätin zum Kraftwerksvorhaben Haslach-Kalserbach gar nichts zu sagen hat und sich für nicht zuständig erklärt.“ Tratters Antwort steht noch aus, doch Josef Geisler hat reagiert und in seiner Anfragebeantwortung ausgeschlossen, dass es eine Intervention des Landes zugunsten dieses Vorhabens geben könnte. Sint: „ÖVP-Landesrat Josef Geisler hat offensichtlich aus einer folgenschweren Entscheidung gelernt. Während er 2018 beim Kraftwerk am Lesachbach das fachlich überwiegend negativ beurteilte Kraftwerk mittels politischer Weisung an die Behörde durchgedrückt und bewilligt hat, schließt er diesmal beim Kraftwerk Haslach-Kalserbach eine politische Weisung dezidiert aus.“ Geisler nimmt in seiner Anfragebeantwortung auch zu den Finanzen Stellung und beziffert die Errichtungskosten mit 14,2 Mio Euro. Das macht den Oppositionspolitiker Sint stutzig: „Denn im Gemeinderatsprotokoll vom 6. Februar 2013 geht die Gemeinde selbst noch von 19 Millionen Euro aus. Seither sind acht Jahre vergangen und die Baupreise sind allgemein gestiegen, die notwendigen Indexierungen und üblichen Teuerungen sind dazuzurechnen, sodass es eigentlich teurer und nicht billiger werden dürfte.“ Kals habe bereits 5,8 Millionen Euro Schulden und Haftungen von 1,9 Millionen Euro.
„Wir wissen, worauf wir uns einlassen“, beteuert Bürgermeisterin Erika Rogl. Foto: Brunner Images
Auf Nachfrage von dolomitenstadt.at verweist die Kalser Bürgermeisterin Erika Rogl auf die Erfahrung der Kommune, die bereits ein Kraftwerk betreibt und an einem weiteren beteiligt ist. Man habe wichtige Erfahrungen gesammelt und wisse, wie man ein solches Vorhaben finanziert, meint Rogl: „Dieses Projekt mit sauberer Wasserkraft ist eine wichtige und nachhaltige Stärkung für Kals. Langfristig ist es ein wichtiges Standbein für die nächsten Generationen“, so Rogl, die beteuert: „Wir wissen, worauf wir uns einlassen. Als Gemeinde können und wollen wir kein Projekt umsetzen, das uns langfristig hemmt.“ Das Projekt sei vorab auf sämtliche wirtschaftliche Faktoren geprüft worden und würde bereits in der Rückzahlungsphase Erträge erwirtschaften. „Uns wird vorgeworfen alte Unterlagen zu verwenden, dabei wurde hier seit mittlerweile zehn Jahren immer wieder nachjustiert und neu evaluiert“, sagt Rogl. Auch den Hinweis auf Natura 2000 lässt die Bürgermeisterin der Nationalparkgemeinde nicht gelten: „Es gibt eine ausgewiesene Natura-Strecke, das Kraftwerk Haslach-Kalserbach fällt aber nicht in diesen Bereich.“ Die Behördenverfahren seien aktuell im Gange. „Die Tatsache, dass das Projekt nicht im Natura 2000-Gebiet liegt, lässt auf ein gutes Ende hoffen“, so Rogl. Sie könnte sich allerdings täuschen. 2011 wurde das Kraftwerk Haslach am Kalserbach negativ bewertet. Danach gab es keine Empfehlung zur Weiterverfolgung des Projekts. Der für das Projekt in Frage kommende  Abschnitt des Kalserbaches wurde im Kriterienkatalog des Landes als "empfindliches Gewässer" eingestuft, er liegt zumindest teilweise auch im Natura 2000 Gebiet. Das Bauvorhaben der Gemeinde sieht die Bachfassung unterhalb der Lesachbachmündung vor, das Krafthaus selbst ist in Staniska unterhalb der "Steinbrücke" geplant.
Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

3 Postings

Senf
vor 3 Jahren

eigentlich schade, dass eine nationalparkgemeinde - die ja mit ihrer natur um die gunst der naturliebhaber in aller welt wirbt - alle ihre gebirgsbäche zur stromerzeugung verrohrt und dabei anscheinend das augenmaß verloren hat.

die generation dieser frauen, die sich gegen das ursprüngliche grosskraftwerksvorhaben im dorfertal erfolgreich zur wehr setzte, scheint bei den herrschenden gemeindeverantwortlichen vergessen zu sein. aus habsucht, gier oder bloßer dummheit? diese frage wird sich wohl die spätere jugend dann zu stellen haben.

 
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so ist es vielleicht
vor 3 Jahren

Wieviel % an Wasser werden hier denn dann tatsächlich für einen längeren Teil des Kalser Baches abgeleitet? Kann Fauna und Flora dann noch "normal" weiterleben? 🤔

 
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wolf_C
vor 3 Jahren

immer wieder die -saubere- wasserkraft; durch wiederholung wird dieser wahnsinn nicht richtiger; aber was kann man sich von durchschnittlichem bürgermeisterverwalten auch anderes erwarten, leider ...

 
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