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Große Artenvielfalt auf kleinem Raum – heute eher selten, auch im Pustertal. Fotos: Christian Vogl

Große Artenvielfalt auf kleinem Raum – heute eher selten, auch im Pustertal. Fotos: Christian Vogl

Netzwerk will Kulturpflanzen-Vielfalt im Pustertal erhalten

EU fördert das Projekt PuKuVi, dessen Ausgangspunkt die Gemeinde Assling ist.

Assling hat einen guten Ruf als Ort, an dem alte Pflanzensorten nicht vergessen sondern sorgfältig gepflegt und geschützt werden. Mit dem Interreg-Projekt BioColAlp griff die Pustertaler Gemeinde vor Jahren ein wichtiges Zukunftsthema auf: Die Erhaltung und Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt durch die Gewinnung von samenfestem Saatgut im eigenen Garten oder am Acker. Einige Asslinger Gärtnerinnen und Gärtner kümmern sich seither um dieses Anliegen. Besonders originell: Samen von bewährten, lokal vermehrten Blumen, Kräutern und Gemüsesorten werden in der Bücherei Assling an eingetragene Leser und Leserinnen der Bücherei zum „Verleih“ angeboten. 

Jetzt startet ein Folgeprojekt, das sich „Pustertaler Kulturartenvielfalt“ (PuKuVi) nennt und in Kooperation mit der Europäischen Akademie Bozen (Eurac) und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) die Begeisterung für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt grenzübergreifend im gesamten Osttiroler und Südtiroler Pustertal entfachen soll. 

Brigitte Vogl-Lukasser, aus Assling stammende Biologin an der Universität für Bodenkultur, ist auch bei diesem Projekt federführend. Sie weist darauf hin, dass der dramatische Verlust von Biodiversität in unserer Landschaft auch mit einem Rückgang des Spektrums der angebauten Kulturpflanzen, deren Sorten und auch der damit assoziierten Wildpflanzen – also Beikräuter oder Unkräuter – in Acker- und Gartenbau  einhergeht: „Das führt nicht nur zu einem Rückgang der Fauna, die auf diese Pflanzenarten und deren Lebensräume spezialisiert ist, zum Beispiel Wildbienen und Schmetterlinge, sondern auch zu einem Verlust an Saatgut und damit an genetischem Material, dem kulturellen Erbe von Generationen.“

Noch bis in die Sechzigerjahre war Getreide an den Hängen des Pustertales kein seltener Anblick.

Wer durch das Pustertal fährt oder spaziert, bewegt sich in einer Kulturlandschaft, die neben der Infrastruktur, Wohnhäusern und landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden überwiegend von Wald, Wiesen und Weiden geprägt ist und in dieser Form oftmals als „traditionell“ wahrgenommen wird. Vogl-Lukasser: „Tatsächlich sind die ausgedehnten Wiesen und Wälder aber nicht Tradition, sondern eine jüngere Entwicklung. Bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden Roggen, Hafer, Weizen und Gerste, Mohn, Ackerbohnen, Erbsen, Kraut, Kartoffeln sowie andere Kulturpflanzen zur Selbstversorgung nicht nur in den Tallagen, sondern auch an den teilweise steilen Hängen angebaut. Die vielen Grünschattierungen und die Blüten der Kulturpflanzen ließen das Pustertal in der Vegetationszeit in vielfältigen Farben schillern und glitzern.“ 

Brigitte Vogl-Lukasser, aus Assling stammende Biologin an der Wiener Universität für Bodenkultur, ist beim Projekt PuKuVi federführend.

Wirtschaftliche und arbeitstechnische Rahmenbedingungen führten zu massiven Veränderungen im Kulturpflanzenspektrum des Tales. „Das Projektteam will das Rad der Zeit aber nicht zurückdrehen“, hält Vogl-Lukasser fest, „der Ackerbau im Berggebiet ist beschwerlich und an Hängen ökologisch nicht ideal aufgrund der Bodenerosion. Wir möchten aber dennoch motivieren, die Kulturpflanzenvielfalt und das Handwerk der Saatguterhaltung dort, wo es möglich und gewünscht ist, zu erhalten.“

Kulturpflanzen, die im Pustertal über viele Jahrzehnte angebaut und vermehrt wurden, gedeihen besonders gut an den rauen Standorten des Berggebietes. „Wenn das Handwerk der Saatguterhaltung sowohl für traditionelle als auch für ‚neue‘ Kulturpflanzen in der Region nicht mehr geübt wird, verlieren wir Anpassungs- und Reaktionspotential für Herausforderungen in der Zukunft. Dem will PuKuVi entgegenwirken“, unterstreicht die Biologin.

Das Team rund um PuKuVi aus Ost- und Südtirol wird identifizieren, für welche traditionell angebauten Kulturpflanzen und Sorten es noch Saatgut im Pustertal gibt und wer diese erhält. Man will mit den Erhaltern ins Gespräch zu kommen, nach Möglichkeit Saatgutproben sichten und den Nachbau fördern. Bildungsmaßnahmen sollen dazu dienen, Erfahrungen über die Erhaltungsarbeit auszutauschen. Im Idealfall finden traditionelle Kulturpflanzen auch wieder den Weg in die Küche. Vogl-Lukasser: „Nur wenn die regionalen Pustertaler Spezialitäten angebaut werden, können sie hernach auch genossen werden.“

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

3 Postings

Burgi
vor 3 Jahren

Super tolles Projekt zur Förderung der speziell an Osttiroler Verhältnisse angepassten Arten-und Sortenvielfalt! Herzlichen Dank an Dr. Brigitte Vogl-Lukasser für diese Initiative aus dem Pustertal!

 
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Linde
vor 3 Jahren

Top Projekt mit Vorbildwirkung . . . So sieht Nachhaltigkeit U verantwortliches Denken/Tun für die kommenden Generationen aus - Hut ab!

 
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wolf_C
vor 3 Jahren

... ob dieses liebevolle und intelligente tun nicht geschäftsschädigend für die genossen und verwandte geister ist? ...

 
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