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Andrea Pribil hat den Weltladen in Lienz weiterentwickelt und führt das Geschäft mit viel Freude und voller Überzeugung. Foto: Dolomitenstadt/ Plunger

Andrea Pribil hat den Weltladen in Lienz weiterentwickelt und führt das Geschäft mit viel Freude und voller Überzeugung. Foto: Dolomitenstadt/ Plunger

Zum Weltladentag: „Ja, ich fühle mich als starke Frau“

Andrea Pribil über Geschlechtergerechtigkeit und den Lienzer Weltladen.

Anlässlich des World Fair Trade Day am 8. Mai stellen die österreichischen Weltläden Fair-Trade-Produzentinnen aus aller Welt online und im neuen Weltladenmagazin vor. Unter dem Motto „Fair macht Frauen stark“ wird auf die Geschlechtergerechtigkeit aufmerksam gemacht. Im Interview mit Dolomitenstadt spricht Andrea Pribil, Geschäftsführerin des Weltladens in Lienz, über die Stärkung der Frauen auf der ganzen Welt und über ihre Arbeit im Weltladen. Mit „Fair macht Frauen stark“ werden die Produzentinnen von fairen Produkten vor den Vorhang geholt. Wie hilft die Weltladen-Bewegung dabei, gerade Frauen neue Chancen zu ermöglichen? Die Weltladenbewegung ist generell weiblich. Bei uns sind wirklich mehr als 50 Prozent der Führungskräfte Frauen, das ist schon ganz gut, finde ich. Wir haben auch sehr viele weibliche Produzentinnen, einfach weil es für uns wichtig ist, die Frauen in der dritten Welt, die es generell schwerer haben, zu stärken und ihnen Mut zu machen, dass sie was weiterbringen können und vor allem, dass sie unabhängig sind von ihren Männern. Da gibt es wirklich sehr schöne Kooperativen, die hauptsächlich von Frauen geführt und von uns unterstützt werden. Das Feine daran ist, dass es ganz kleine Geschichten sind und dass diese Menschen – hauptsächlich Frauen, aber natürlich auch Männer – für uns wirklich Gesichter haben. Natürlich kennt man nicht alle im Einzelnen, aber man weiß schon ungefähr, was wo wie hingehört. Bei Fair Trade denkt man häufig an Länder des globalen Südens. Wie sehr sind faire Bezahlung, faire Arbeitsbedingungen und Geschlechtergerechtigkeit auch in Österreich ein Thema? Also da ist noch genug zu tun, da sind wir ja auch in Österreich und in Europa noch weit davon entfernt. Beispielsweise davon, dass Frauen für diesselbe Arbeit gleich viel bezahlt bekommen wie Männer. Dieses Problem gibt es auch auf akademischer Ebene und dann brauchen wir gar nicht drüber nachdenken, wie es in Bereichen ist, wo die Leute in der Produktion arbeiten und generell nicht so gut bezahlt sind. Also ich denke da gibt’s noch viel zu tun. Zumindest aber sind die meisten dieser Menschen sozialversichert und rentenversichert, was ja im globalen Süden nicht der Fall ist. Aktuell werden in Österreich vor allem die Sicherheit von Frauen und die viel zu hohe Zahl an Femiziden thematisiert. Wo sehen Sie hierbei Nachholbedarf? Ich denke, das ist ein gesellschaftliches Problem, ich möchte da jetzt irgendwie auch niemandem die Schuld zuweisen. Ich bin eigentlich ratlos, weil es mich total erschreckt, dass sich das die letzten Jahre wirklich so hochschaukelt.
Nach neun Jahren als Geschäftsführerin kommt Andrea Pribil noch immer gerne zur Arbeit im Weltladen. Foto: Dolomitenstadt/ Plunger
Um zur Aktion „Fair macht Frauen stark“ zurückzukehren. Sie selbst sind seit neun Jahren Geschäftsführerin des Weltladens in Lienz. Sehen Sie sich selbst als starke Frau? Ja! Also ich fühle mich insofern als starke Frau, weil, wenn ich mir überlege, was uns gelungen ist in diesen neun Jahren. Von diesem wirklich ganz, ganz kleinen Geschäft, das ja vorher am Südtirolerplatz versteckt war, hin zu dem Laden mitten in der Stadt, wo wir präsent sind! Wir haben wunderbare Kunden, ohne die vieles nicht möglich wäre, ich gehe jeden Tag gern ins Geschäft, es macht mir wirklich Freude und ich erfreu‘ mich an den schönen Dingen. Mir geht’s auch gut, weil ich denke, dass eine bessere, gerechtere Welt möglich ist, wenn nur jeder einen kleinen Beitrag leisten würde. Da glaub‘ ich dran - voller Überzeugung. Hat sich während des letzten Jahres etwas im Weltladen in Lienz verändert? Ich glaube schon, dass sich da ein bisschen was geändert hat im letzten Jahr. Es kommen jetzt auch Leute in den Weltladen, die vorher nicht gekommen sind, die jetzt Kaffee oder Gewürze kaufen oder die schauen, was es generell so gibt. Auch das Kaufverhalten von Stammkunden hat sich teilweise verändert: Es ist nicht mehr so, dass sie hereinkommen und zwei Packerl Kaffee mitnehmen, sondern sie schauen dann auch, was kann ich noch hier kaufen und nicht im Supermarkt. Und es kaufen auch viele Männer ein. Wenn wir Platz hätten, dann könnten wir auch wesentlich mehr Männerbekleidung anbieten. Wir sind auch eines der wenigen Geschäfte, die keine wirtschaftlichen Einbußen haben. Gott sei Dank. Roopa Mehta, Präsidentin der World Fair Trade Organisation, meinte über die Pandemie, dass diese die größte Herausforderung sei, vor der die Fair Trade Bewegung je gestanden ist. Stimmen Sie ihr da zu? Da stimme ich ihr eindeutig zu. Wir haben zum Beispiel sehr viele Produkte aus Indien und das, was sich dort aktuell abspielt, das ist ja eine einzige Katastrophe. Es gibt auch bei uns sicher viele Menschen, die weniger Geld zur Verfügung haben oder die arbeitslos sind, aber wir leben in einem Sozialstaat und es gibt wenigstens eine gewisse Grundsicherung. Das ist im globalen Süden nicht der Fall. Da hören wir ganz, ganz arge Sachen. Auch aus Nepal, wo seit letzter Woche wieder ein harter Lockdown stattfindet, und von den Philippinen, wo teilweise geschossen wird, wenn jemand auf die Straße geht. Und da interessiert es keinen, ob der Kühlschrank voll ist oder nicht. Da geht jetzt sicher auch viel von den, eh schon mehr schlecht als recht vorhandenen, Strukturen kaputt und da werden wir viel Unterstützung beim Wiederaufbau leisten müssen. Die Planbarkeit ist während der letzten Monate etwas verloren gegangen. Dennoch: Was sind Ihre Ziele und Wünsche für die Zukunft? Da gibt es eigentlich nur einen Wunsch: Dass wir diese Pandemie in den Griff kriegen. Ich sage jetzt nicht ‚zurück zum normalen Leben‘, das ist nicht der richtige Ausdruck, denn ich will eigentlich nicht, dass es wieder so weitergeht wie vorher. Ich wünsche mir, dass wir aus dieser Pandemie halbwegs gut herauskommen und dass sich viele Menschen überlegen, was eigentlich falsch gelaufen ist die letzten Jahre und was dazu geführt hat, dass wir da sind, wo wir jetzt sind. Ich hoffe, dass viele erkennen, dass wir mit unseren Ressourcen viel schonender umgehen und unseren Konsum überdenken müssen. Deswegen ist auch unsere Intention im Laden gar nicht immer ‚noch mehr, noch mehr, noch mehr‘, sondern wir möchten auf einem gesunden Level bleiben und weitermachen. Ich möchte einfach, dass es gut weitergeht, aber jetzt nicht unbedingt so wie vorher.  

Ein Posting

Anna Maria Kerber
vor 3 Jahren

Ich finde, die verschiedensten Kooperativen, unter ihnen sehr viele Frauenprojekte, die den Weltladen beliefern UND die hiesigen Mitarbeiterinnen, machen einfach eine gute Arbeit! Angefangen vom kleinen Ladele in der dunklen Passage beim Hotel Sonne hin zum Südtiroler Platz und jetzt in der Rosengasse. Es gibt eine gute Auswahl, eine kompetente Beratung und wir als Konsumentinnen und Konsumenten können einen zumindest kleinen Beitrag für mehr Fairness leisten. Danke!

 
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