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Liste Fritz liebäugelt mit Regierungsverantwortung

Andrea Haselwanter-Schneider peilt vier Mandate an und will sich „nicht verbiegen“.

Die Tiroler Liste Fritz nimmt offenbar eine Regierungsbeteiligung ins Visier. Eine Verdoppelung der Mandate von zwei auf vier - das sei das Ziel für die Landtagswahl 2023, präzisierte Parteichefin Andrea Haselwanter-Schneider. Dann sei man "ein Faktor, an dem man nicht mehr vorbei kommt", fand sie im APA-Sommerinterview. "Sich anbiedern"- wie die anderen Oppositionsparteien es täten - wolle man allerdings nicht. Die kantige Oppositionspolitik soll beibehalten werden. "Wir können Opposition, wir können aber auch ein politisches Amt übernehmen. Das trau ich mir jederzeit zu", gab sich Klubobfrau Haselwanter-Schneider selbstbewusst. Jetzt sei man "klein, aber oho", mit vier Mandaten wäre man "doppelt so schlagkräftig", die Grünen (ÖVP-Juniorpartner der aktuellen Landesregierung, Anm.) hätten schließlich "auch nur vier Mandate". Sie "könne das besser wie so mancher, der derzeit an der Macht ist", meinte Haselwanter-Schneider. Die Bürgernähe unterscheide sie von anderen Politikern: "Ich möchte keine Politik hinter dem Schreibtisch machen". Der schwarz-grünen Politik warf sie "Politik im stillen Kämmerchen" vor: "Das ist keine Art, Politik zu machen". ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter habe "seitdem er im Amt ist, noch nie freiwillig mit uns geredet", sondern mache "am liebsten seine Politik mit seinen Leuten". "Die ÖVP bratet seit 75 Jahren im eigenen Saft", es sei Zeit für "frischen Wind". Platter sei "schwer amtsmüde" und "ein braver Verwalter". Sie wünsche sich einen "Gestalter mit Veränderungswillen", ließ Haselwanter-Schneider wissen und schob nach: "Ich nehme für mich in Anspruch: Ich bin eine Gestalterin".
Andrea Haselwanter-Schneider, Parteichefin der Liste Fritz in Tirol: "Ich möchte keine Politik hinter dem Schreibtisch machen". Foto: Expa/Groder
Das Liebäugeln der Liste Fritz mit der Regierungsverantwortung hatte schon im Frühjahr begonnen: Im Rahmen einer Pressekonferenz im März schlossen Haselwanter-Schneider und ihr Parteikollege Markus Sint eine Regierungsbeteiligung unter ÖVP-Führung nicht mehr per se aus. Daran dürfte sich nichts geändert haben. Nichtsdestotrotz wolle man aber an der "kantigen Oppositionspolitik festhalten", betonte sie. Denn "schaumgebremst" wie die pink-blau-rote Opposition sei man nicht. "Wir werden uns nicht verbiegen, sondern unsere Politik konsequent weiterverfolgen und die Dinge beim Namen nennen", versprach sie: "Da geben wir wegen einer Regierungsbeteiligung gar nichts auf". Wie wichtig eine "unabhängige Opposition ist", habe sich schließlich in der Coronapandemie gezeigt, betonte die Klubobfrau. In der Causa HG Lab Truck habe man demonstrieren können, dass man "die Kontrollaufgabe ernst nehme". Die Direktvergabe des rund acht Millionen Euro schweren Auftrags ohne Ausschreibung im vergangenen September sorgt in Tirol seit Mai für politischen Sprengstoff. Die nunmehrige Prüfung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), ob ein Anfangsverdacht auf schweren Betrug gegeben ist, und die Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof gehen auf die Initiative der Liste Fritz zurück, betonte Haselwanter-Schneider nicht ohne Stolz. In einem Regierungsprogramm müsse man sich selbstverständlich auch inhaltlich wiederfinden. "Pflege und Sozialpolitik, Bildung, leistbares Wohnen, Transit" nannte Haselwanter-Schneider als inhaltliche Eckpfeiler. Ersteres sei bekanntlich ihr Steckenpferd, die Politikerin bezeichnete sich als "Anwältin der Pflegebedürftigen und Pflegenden", schließlich habe sie jahrelang selbst Pflegekräfte ausgebildet. "Es gibt in diesem Landtag niemanden, der in diesem Bereich mehr Expertise und Initiativen setzt als ich", so Haselwanter-Schneider. Von Neo-Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) zeigte sie sich wenig angetan: "Von ihr hört man nichts". Lejas Landtags-Sager "Geld pflegt nicht" habe sie "erschüttert". "Ich glaube sie weiß gar nichts über die Einkommenssituation der Pflegenden in Tirol", warf Haselwanter-Schneider Betriebswirtin Leja vor. Eine gute Bezahlung sei "natürlich auch ein Zeichen der Wertschätzung", meinte die Klubobfrau. Ihr konkreter Vorschlag: Die Anpassung der Gehälter an den SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich, Anm.) Kollektivvertrag - also eine "Arbeitszeitverkürzung auf mittelfristig 37 Stunden bei gleichbleibendem Lohn". Zudem müssten pflegende Angehörige beim Land angestellt werden, wie das bereits in anderen Bundesländern - etwa dem Burgenland - der Fall sei. Sie habe das Gefühl, dass die schwarz-grüne Regierung die Periode "nur mehr absitze": "Die Luft ist heraußen". Die Probleme der Leute würden nicht erkannt. "Welchem Tiroler geht es seit der schwarz-grünen Amtsübernahme wirklich besser?", warf Haselwanter-Schneider eine Frage auf, die sie sogleich selbst beantwortete: "Ich sehe nur: Die Mieten steigen, Wohnen ist kaum mehr leistbar, wir werden vom Verkehr überrollt, in der Klimapolitik tut sich nichts". Die Liste Fritz würde es anders machen, behauptete die Listenobfrau und nannte konkrete Maßnahmen: Klimaschutzanleihe, Klimaschutz-Abgabe für Urlauber in der Höhe von einem Euro pro Nächtigung, in puncto Verkehr eine Verlagerungsgarantie auf die Schiene. Für größere Breitenwirksamkeit und Präsenz in den Gemeinden soll die vergangene Woche gestartete Sommertour sowie Kooperationen mit Bürgerlisten bei den kommenden Gemeinderatswahlen 2022 sorgen. In ausgewählten Gemeinden wolle man auch als Liste Fritz antreten, ließ Haselwanter-Schneider wissen. Am 24. September wolle sie sich im Rahmen des "Bürgertags" als Parteiobfrau bestätigen lassen, zur Spitzenkandidaten-Kür komme es aber erst, wenn der Landtagswahltermin steht. Hier hielt sie eine Vorverlegung auf 2022 zuletzt für wahrscheinlich. Ein "schlagkräftiges Team" und die Wahlkampfstrategie würde sie "beizeiten" bekannt geben. Ein Tandem-Wahlkampf mit ihrem Abgeordnetenkollegen Sint sei eine "Denkvariante", sie würden schließlich "gut harmonieren".

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