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Kommentarfunktion bei Covid-Artikeln deaktiviert

Die Diskussion dreht sich im Kreis und der Aufwand ist nicht mehr vertretbar.

Liebe Leserinnen und Leser von dolomitenstadt.at, als wir vor mehr als zehn Jahren erstmals online gingen, hatte Osttirol praktisch über Nacht sein eigenes Diskursmedium, eine Plattform, auf der man sich anonym (und so vor nachteiligen „Nebenwirkungen“ sicher) über Themen aller Art austauschen konnte. 

Zu keiner Zeit bot dieses Forum, in dem mitterweile 48.700 Leser:innen-Kommentare abgegeben wurden, ein repräsentatives Meinungsbild des Bezirkes. Das kann kein offenes Online-Forum leisten – auch nicht gigantische Plattformen wie jene von Der Standard – was einfach daran liegt, dass nicht jeder Mensch mit Begeisterung und Engagement seine Gedanken unter Medienartikel postet. Dazu braucht man das entsprechende Mitteilungsbedürfnis, die Möglichkeit und Zeit. Tendenziell sind die Poster auf dolomitenstadt.at beispielsweise deutlich älter als der Bevölkerungsdurchschnitt und männlich. 

Was ein solches Forum sehr wohl leistet: Es macht Stimmungen in der Bevölkerung sichtbar, bringt bisher ungehörte Argumente ans Licht und ist manchmal wohl auch ein Ventil um etwas Dampf abzulassen, wenn gesellschaftliche Entwicklungen nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Leider wird viel geschimpft und nur sehr selten applaudiert, obwohl wir über Vieles berichten, das Applaus verdienen würde. Kritik bahnt sich schneller ihren Weg als Lob. Das ist auch am realen Stammtisch so.

Die Pandemie hat die Welt verändert und leider auch die Art, wie strittige Themen und Fragen ausdiskutiert werden. Egal ob strikter Impfgegner oder Befürworterin aller Regierungsmaßnahmen, wie auch immer Sie sich positionieren, lieber Leser, geschätzte Leserin, Sie werden so wie ich bemerkt haben, dass sich in unserem Forum unversöhnliche Positionen gegenüberstehen und kontroverse Meinungen ungebremst und teilweise sehr ins Persönliche gehend aufeinanderprallen. 

Wir schalten alle Kommentare händisch frei, lesen sie also durch. Vor der Pandemie musste ich einen von hundert Posts löschen, weil der Inhalt diffamierend, rufschädigend, sexistisch, rassistisch oder inhaltlich unterirdisch war. Aktuell betrifft das ein Viertel aller Postings. Meist ist der Grund, dass sich Leser:innen gegenseitig beschimpfen.

Mindestens eine Arbeitsstunde pro Tag verbringe ich mit dem Lesen und – leider! – dem Zensurieren von Leser:innen-Postings zum Thema Covid. Abgesehen davon, dass ich dabei immer wieder gegen meine eigene Überzeugung handeln muss, stelle nicht nur ich fest, dass sich die Community der Covid-Poster:innen inhaltlich schon länger im Kreis dreht. Das ist für mich als Herausgeber von dolomitenstadt.at frustrierend und färbt insgesamt auf das Bild der Website und damit auf die Marke dolomitenstadt.at ab. 

Und so habe ich nach Rücksprache mit meinem Team beschlossen, bis auf Weiteres die Kommentarfunktion unter jenen Artikeln zu sperren, die primär die Pandemie und ihre Bekämpfung zum Thema haben. Betroffen von dieser Maßnahme sind nur neue Artikel. Selbstverständlich bemühen wir uns weiterhin um schnelle und kompetente Berichterstattung über Covid-Themen und -Maßnahmen. Aber wir werden einer relativ kleinen Gruppe von Leserinnen und Lesern den permanenten und längst redundanten Diskurs über Covid-19 auf dolomitenstadt.at nicht mehr ermöglichen. Es ist (fast) alles gesagt und der Aufwand ist für uns nicht mehr vertretbar. Fachmeinungen werden wir redaktionell und auch in Form von klassischen Leserbriefen natürlich weiterhin publizieren.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.