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Ein „Oburoni“ aus Osttirol hilft Kindern in Afrika

Leonie Pargger unterrichtet Schüler:innen in Ghana. Dort hat sie ihren Herzensort gefunden.

„Oburoni!“ – Mit diesem Wort begrüßen ca. 8.300.000 Sprecher:innen der Akan-Sprachen wörtlich übersetzt diejenigen, „die von jenseits des Horizonts kommen“. Umgangssprachlich wird „Oburoni“ oft in „weißer Mensch“ übersetzt. Auch für die junge Osttirolerin Leonie Pargger war „Oburoni“ das erste Wort, das sie nach ihrer Ankunft in Ghana zu hören bekam. In dem Land am Golf von Guinea lernte sie einige dieser 8,3 Millionen Menschen kennen und lieben. „Ich wurde noch an keinem Ort dieser Welt so herzlich empfangen wie hier“ – Leonie ist gerührt. Das hört man an ihrer zittrigen Stimme, als sie mir am Telefon von ihrem Abenteuer erzählt. Über 4.500 Kilometer Luftlinie entfernt sitzt sie im Westen Accras in ihrer Unterkunft. Wenige Stunden zuvor hat sie – wie jeden Tag – die Kinder an der King David Royal Academy unterrichtet. Leonie hat sich dafür entschieden, der Schule und den jungen Menschen vor Ort im Rahmen eines Freiwilligenprojektes unter die Arme zu greifen.
Leonie mit den Schüler:innen der King David Royal Academy in Accra. Fotos: L. Pargger
„Ich hatte Zeit und wollte sie sinnvoll nutzen“, sagt die 20-Jährige. Inzwischen hat sie sich gesammelt. Sie ist fröhlich und lacht. „Ghana tut mir gut“, bestätigt sie meinen Eindruck. Doch warum Ghana? „Angemeldet habe ich mich bei Praktikawelten. Die sind in vielen Ländern vertreten, ich hätte auch nach Südafrika gehen können. Das war mir aber zu touristisch.“ In Accra leben mit ihr 21 andere Freiwillige in einem Haus, die ebenfalls in der Schule oder anderen Einrichtungen wie Krankenhäusern anpacken. Von Montag bis Freitag unterrichtet Leonie die 127 Schüler:innen der Academy oder unterstützt die Lehrkräfte. „Die Unterschiede zu unserem Bildungssystem sind schon enorm. Hier gibt es keinen Lehr- oder Stundenplan, die Lehrer:innen entscheiden, was gelehrt und gelernt wird“, erzählt die Osttirolerin. Neben Englisch, Mathe und Zeichnen steht in erster Linie die Allgemeinbildung auf der Tagesordnung: „Die Kinder werden auch für die Themen Klimawandel und Klimaschutz sensibilisiert.“ Um etwas Abwechslung in den Schulalltag der Ghanaer:innen zu bringen, darf Leonie mit den Kindern musizieren.
An den Nachmittagen bleibt noch Zeit für Ausflüge und Unternehmungen. Nach unserem Telefonat wirft sich Leonie in die Wellen: „Heute gehen wir surfen.“ Vor einigen Tagen schwang sie bei einer Salsa-Night das Tanzbein. Unterwegs ist sie durch Accra mit sogenannten „Trotros“. Die zweckmäßig umgebauten Kleinbusse sind als preiswerte Sammeltaxis das Fortbewegungsmittel der Wahl in Ghana.
Die freien Nachmittage nutzen Leonie und die anderen Freiwilligen, um den Westen Afrikas zu erkunden.
Während ich am anderen Ende der Leitung auf das Ende des Lockdowns warte, bringt Corona den Alltag in Ghana nicht ins Wanken. Auch, weil dort kaum getestet wird. „Man bekommt hier nicht viel davon mit. Im Einkaufszentrum gilt Maskenpflicht, in Geschäften reicht es, die Hände zu desinfizieren. Der Schulbetrieb läuft ohne Einschränkungen“, sagt Leonie. Ihr Surfausflug wird eines ihrer letzten Abenteuer in Westafrika sein. In wenigen Tagen endet das Praktikum in Ghana. „Die Menschen hier und vor allem die Kinder sind mir so ans Herz gewachsen“, erzählt Leonie. Bevor sie geht, will sie ihnen mit Hilfe von Spenden etwas zurückgeben. Gemeinsam mit Ronja, die an der selben Schule unterrichtet, hat die Osttirolerin kurzerhand eine Spendenaktion ins Leben gerufen: „Die Umstände sind kritisch. Die Toilette der Kinder ist ein Eimer im Freien. Mit wenig Geld kann man hier viel bewirken.“ Das Spendenziel von 4.000 Euro haben die beiden rasch erreicht und jedem Kind ein Schulpaket mit Schreibutensilien überreicht. Demnächst wird mit dem Geld eine neue Toilette gebaut.
Kritische Zustände: Die Schultoilette ist derzeit dieser Eimer. Leonie will das ändern und sammelt Spenden.
„Die Direktorin wird mir dann Bilder davon schicken“, freut sich Leonie. Um die Kinder weiterhin zu unterstützen, läuft ihr Spendenaufruf weiter. Vor ihrem Abschied schickt uns die Osttirolerin eine Videobotschaft ihrer Schüler:innen: Für die 20-Jährige geht es kommende Woche zurück in die Heimat, wo sie ihr Freund in Innervillgraten erwartet. Dann wechselt die Oberländerin die Rolle und drückt selbst wieder die Schulbank. Sie absolviert ein Fernstudium im Bereich Journalismus und Moderation. Der Abschied aus Ghana fällt ihr schwer: „Ich hätte nie gedacht, dass vier Wochen so schnell verfliegen können.“

4 Postings

Sonne99
vor 2 Jahren

Nett!

 
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vor 2 Jahren

Man müsste nur über den Tellerrand blicken und die Welt wäre eine Andere. Wir leben in einem der reichsten Länder Mitteleuropas, trotzdem haben viele von uns nur noch Jammer, Schimpfen, Protestieren,... im Kopf. In Wahrheit gehts uns allen viel zu gut!

Wieviele da unten wären froh ein Impfung zu bekommen? Gratuliere Leonie, diese Lebenserfahrung kann Dir niemand nehmen.

 
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Bergtirol1
vor 2 Jahren

Tolle Aktion,finde ich! Wirklich schön anzusehen mit welch einfachen Mitteln man diesen Kindern in Ghana ein lächeln ins Gesicht zaubern kann - - Bravo 👍

 
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ehklar
vor 2 Jahren

Coole Sache!

 
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