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Südtirol: Landesrat Widmann will nicht gehen

Opposition fordert Neuwahlen und zweifelt an der Handlungsfähigkeit der Landesregierung.

Der Südtiroler Landesrat Thomas Widmann (SVP) will in der SAD-Affäre rund um diverse Abhörprotokolle weiter nicht aus der Landesregierung ausscheiden - und dies trotz der Aufforderung durch LH Arno Kompatscher und der gesamten Parteileitung der Südtiroler Volkspartei am vergangenen Freitag. Dies stellte er in einer von der Opposition beantragten Sondersitzung des Landtages am Montag klar. Widmann, nach dem Entzug aller (Gesundheits)-Kompetenzen mittlerweile Landesrat ohne Portefeuille, beharrte weiter auf seinem Standpunkt, wonach der Ball bei Kompatscher liege, dieser die Konsequenzen ziehen und dem Landtag einen Vorschlag für seine Nachfolge unterbreiten solle. Bereits vor der Sitzung hatte er mitgeteilt, die Funktionszulage, die ihm als Landesrat zusteht, für die Zeit in der er keine Zuständigkeiten hat, zu spenden. Für Dienstag kündigte das Parteiurgestein zudem eine Pressekonferenz an. Widmann hatte sich in den Abhörprotokollen abschätzig über Kompatscher geäußert.
Thomas Widmann ist nach dem Entzug aller Kompetenzen ein Landesrat ohne Portefeuille. Foto: LPA Daldoss
Kompatscher hielt was eine eventuelle Regierungsumbildung anbelangt fest, dass dafür der Landtag zuständig sei. "Das Autonomiestatut sieht nämlich nicht vor, dass der Landeshauptmann ein Mitglied der Landesregierung entlassen kann." Die Opposition forderte in der Debatte mehrfach Neuwahlen und äußerte Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Regierung. Der Beschlussantrag der Opposition wurde jedoch in allen drei Punkten mit 18 Gegenstimmen mehrheitlich abgelehnt, darunter der Stimme von Widmann. Der Landeshauptmann entschuldigte sich für das in der Öffentlichkeit abgegebene Bild im Zuge der Affäre. Jenes entspräche nicht "unserem Anspruch", sagte Kompatscher vor den Abgeordneten, "und das tut mir leid". Nun müsse man der Bevölkerung zeigen, dass man in der Lage sei sich "um die Probleme der Menschen im Lande zu kümmern". Die zentrale Frage der Opposition, ob die Landesregierung überhaupt noch handlungsfähig sei, bejahte Kompatscher. Das, was "im Hintergrund passiert" sei, wolle er damit aber nicht schönreden. Auch der Ersteinbringer des Beschlussantrags, LAbg. Sven Knoll von der "Süd-Tiroler Freiheit", nahm Bezug auf das geschädigte Ansehen der Politik und Institutionen. Der Streit innerhalb der Südtiroler Volkspartei sei zwar eine "interne Angelegenheit", betreffe aber dadurch auch den Landtag, unterstrich Knoll. Außerdem forderte er Kompatscher auf, zu erklären, ob er überhaupt noch über eine Mehrheit verfüge. "Dies ist Politik, die sich nur mit sich selbst beschäftigt", kritisierte der Oppositionspolitiker. Er höre immer nur "ich, ich, ich", meinte er. In Bezug auf Widmann sagte er: "Hier geht es nicht um den Landeshauptmann", und betonte, dass die Abberufung eines Landesrates vom Landtag zu erfolgen habe. Auch LAbg. Paul Köllensperger vom "Team K" beklagte, dass es nur noch um die Macht gehe und er dem Frieden nicht traue. Das, was passiere, sei die größte politische Krise der letzten Zeit, meinte indes Brigitte Foppa von den Grünen. Es sei eine Enttäuschung für die Bürger. LAbg. Ulli Mair von den Freiheitlichen meinte, Kompatscher sei angetreten, um eine neue Politik zu betreiben. Dies sei aber nicht erfolgt. Sie erinnerte auch an Wahlkampfspenden von Unternehmen und stellte die Frage, was Lobbyisten wohl mit Spenden an eine Partei bezwecken würden. Mairs Parteikollege, LAbg. Andreas Leiter Reber, erinnerte an den Ibiza-Skandal in Österreich. Da sei die gesamte Regierung zurückgetreten. Diese Konsequenz scheine man in Südtirol nicht zu ziehen. SVP-Obmann und Landesrat Philipp Achammer sah - wie Kompatscher - die Landesregierung "sehr wohl" als handlungsfähig an, das habe man "in den vergangenen Wochen bewiesen". Auch er bedaure aber die aktuelle Situation, da die Bürger große Probleme hätten, die angegangen werden sollten. Er sprach sich für eine Klärung der Ereignisse aus, um wieder Vertrauen herzustellen. Was die Abhör-Affäre anbelangt, sagte Achammer: "Sollte es strafrechtliche Vorwürfe geben, so müssen diese geklärt werden und es muss Konsequenzen geben." Hintergrund der Streitigkeiten innerhalb der SVP ist die Veröffentlichung von Abhörprotokollen aus dem Jahr 2018 rund um staatsanwaltschaftliche, letztlich eingestellte Ermittlungen wegen der Konzessionsvergabe für den öffentlichen Busdienst (SAD ist das größte Busunternehmen, Anm.) in Südtirol. Teil der Protokolle sind abfällige Äußerungen einiger SVP-Politiker über Parteifreunde. In der SVP gibt es offensichtlich zwei Lager, die sich zuletzt zunehmend offen bekriegten. Dem als reformorientierten, eher links-liberal verorteten Flügel um den Landeschef steht das eher konservative Lager rund um Achammer gegenüber. Achammer werden zudem Ambitionen auf den LH-Posten nachgesagt. Kompatscher hat bisher noch nicht bekanntgegeben, ob er bei der Landtagswahl 2023 noch einmal kandidiert. In einem APA-Interview zu Beginn des Jahres verlangte er zunächst "reinen Tisch" in Sachen SAD.

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