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Van der Bellen: „Das darf doch alles nicht wahr sein“

Bundespräsident sieht nach Schmid-Enthüllungen „massiven Schaden“ für die Demokratie. Nehammer reagiert kühl.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat kühl auf die Aufforderung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen reagiert, angesichts der ÖVP-Affäre eine "Generalsanierung des Vertrauens" der Demokratie einzuleiten. Nehammer sagte in der Nacht auf Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, dass er Van der Bellens Worte "sehr ernst" nehme, bezeichnete aber zugleich Teuerung und Inflation als "die echten Probleme der Menschen". Transparenz sei der ÖVP wichtig, versicherte er. "Ja, ich nehme die Worte des Bundespräsidenten sehr ernst", sagte der ÖVP-Chef vor österreichischen Journalisten auf entsprechende Fragen. "Volle Aufklärung und Transparenz sind wichtig", betonte er mit Blick auf die Korruptionsaffäre rund um führende ehemalige und jetzige ÖVP-Politiker. Innerhalb der ÖVP habe man "schon vor längerer Zeit" damit begonnen, "dafür zu sorgen, dass wir schneller und leichter Transparenz walten lassen können", sagte Nehammer. Er verwies zugleich auf die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für mehr Transparenz und nannte konkret Medien- und Parteienfinanzierung.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht durch den Korruptionsverdacht gegen ÖVP-Akteure rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz das Vertrauen in die Demokratie „massiv erschüttert“. Foto: Expa/Schrötter
Van der Bellen hatte sich am Donnerstagnachmittag mit einem Statement in der Präsidentschaftskanzlei an die Öffentlichkeit gewandt. Darin bezeichnete er Korruption als "lähmendes Gift". Es müssten Maßnahmen gesetzt werden, um die volle Handlungsfähigkeit der politisch Verantwortlichen sicher zu stellen und um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen. Das Vertrauen in die Demokratie sei in Österreich einmal mehr massiv erschüttert, so der Bundespräsident. Die letzten Tage seien "von fundamentaler politischer Unruhe" geprägt gewesen, "und ich kann und will das nicht mehr hinnehmen", sagte er angesichts der bekannt gewordenen Zeugenaussagen des früheren Vertrauten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Thomas Schmid. Er könne verstehen, dass sich viele mit Schaudern von der Politik abwendeten. "Auch ich sehe, was passiert und denke mir: Das darf doch alles nicht wahr sein", sagte Van der Bellen. Die an die Öffentlichkeit getropften Chats "haben sich zu einem sichtbaren Wasserschaden entwickelt". Mittlerweile habe dieser Wasserschaden die Substanz des Gebäudes erreicht, der mit ein paar Farbtupfern nicht mehr zu beheben sei: "Das, was in den letzten Stunden und Tagen zum Korruptionsthema wieder öffentlich wurde, ist kein kleiner Wasserfleck. Es ist ein massiver Schaden, der an die Substanz unserer Demokratie geht." Es brauche nun "eine Generalsanierung, eine Sanierung der Substanz", und es sei seine Pflicht sicherzustellen, dass das auch passiere, so der Bundespräsident, der damit wohl nicht zufällig an die Worte vom Trockenlegen saurer Wiesen des früheren Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger anspielte. Van der Bellen warnte vor dem Eindruck, dass man es sich im Land richten könne, etwa in Steuerangelegenheiten oder zum Vorteil der eigenen Seilschaft. Es müsse im größten Interesse von Bundeskanzler und Regierung sein, diesen Eindruck zu entkräften. Als gute Nachricht "bei den mutmaßlichen Korruptionsverdachtsfällen rund um einige ÖVP-Politiker" wertete er, dass der Rechtsstaat funktioniere: "Wir sehen dem Rechtsstaat bei der Arbeit und beim Funktionieren zu." Die Justiz, so Van der Bellen, genieße seine volle Rückendeckung. Bei all dem forderte er, "dass in den nächsten Wochen und Monaten Maßnahmen gesetzt werden, um die volle Handlungsfähigkeit aller politisch Verantwortlichen in diesem Land sicher zu stellen und um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen". Auch die Rolle der eigenen Partei gelte es dabei zu hinterfragen. "Österreichs Bevölkerung braucht Garantien. Glaubwürdige Garantien, dass das, was sich in diesem Sittenbild angedeutet hat, nicht der Normalität entspricht. Diese Garantien, in welcher Form auch immer, glaubwürdig zu geben, ist die Bringschuld der Verantwortlichen." Van der Bellens Fazit: "In der Republik Österreich werden wir Korruption niemals akzeptieren und als Normalität hinnehmen. Ich verspreche Ihnen, dass ich keine Ruhe geben werde, bis wir uns von dieser Last befreit haben und das Vertrauen wieder hergestellt ist. Wenn Sie so wollen, bis dieser substanzielle Schaden am Gebäude Demokratie behoben ist." Nach der Ansprache gab es Journalistenfragen, die Van der Bellen eher ausweichend beantwortete. Ob etwa ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka noch tragbar sei, das sei Angelegenheit des Parlaments, "dazu äußere ich mich nicht". Wenig Verständnis zeigte er für Neuwahlforderungen: "Ehrlich, ich verstehe nicht ganz, wieso Neuwahlen jetzt eine Maßnahme in Zusammenhang mit der Situation sind, in der wir uns befinden." Hingegen sollte überlegt werden, mit welchen Maßnahmen "so etwas" von Haus aus verhindert werden könne. Der Bundespräsident erinnerte hier an die Interne Revision großer Unternehmen, aber auch an einige Vorhaben auf legistischer Ebene, die bereits ihrer Beschlussfassung harrten.

4 Postings

Warum
vor 2 Jahren

Generalsanierung des Vertrauens, BP Van der Bellen meint, das durch die veröffentlichung der mutmasslichen verfehlungen der ÖVP/Türkisen ein schaden an der demokratie entsteht. diese regierung soll den schaden beheben und den bürgern zeigen, dass diese für sie da sind. einfach lächerlich, denn dies kann nicht gelingen, weil die ÖVP gar nicht gewillt ist, dieses fast kriminelle system zu erneuern. neuwahlen lehnt Van der Bellenab. warum? weil er zu feige ist und angst hat, das auch seine unfähigen Grünen bei den wahlen stark verlieren 1-2-3

 
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Kilian1990
vor 2 Jahren

Na jetzt wird sich schlagartig alles zum Positiven wenden, wenn der Van der Bello so weise Worte spricht 😂🙈🤔

 
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vor 2 Jahren

Was soll er machen? Sobotka absetzen kann er nicht. Die ÖVP absetzen kann er auch nicht und die anderen Akteure sind großteils nicht mehr im Amt oder nur mehr im Hintergrund tätig. Die gerichtliche Aufarbeitung wird viele Jahre dauern. Man sieht das "erschwindelte" Wahlergebnis als Legitimation gleich weiter zu machen wie vorher. Bis der große Showdown kommt.

Zurück bleibt das moralische Desaster und die Ohnmacht die man als Einzelner hat. Wir sind diesen Machtspielchen ausgeliefert. Aber keine Sorge die nächste Wahl kommt bestimmt!

 
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karlheinz
vor 2 Jahren

Van der Bellens Spiel ist leicht durchschaubar. Fällt diese Regierung, so haben seine grünen Freunde für die nächste Zeit eher keine Möglichkeit mehr an einer Regierungsbeteiligung. Hoffentlich! Ich schätze ihn aber als BP.

 
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