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Anti-Korruptionsgesetz nun „das schärfste der Welt“?

Alma Zadic und Karoline Edtstadler sind sich einig. Mandatskauf ist künftig strafbar.

Das neue Paket zur Bekämpfung von Korruption in der Politik ist geschnürt. Damit wird künftig der Kauf eines Mandats strafbar. Gleiches gilt, wenn Politiker oder Beamte für eine Position kandidieren und für den Fall ihrer Kür Versprechungen gegen Zuwendungen abgeben. Striktere Regeln gibt es auch für Vereine mit Politkontakten. Die zuständigen Ministerinnen Alma Zadic (Grüne) und Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigten sich bei der Präsentation des Pakets am Donnerstag erfreut. Die nun paktierte Reform ist eigentlich seit längerem fällig. Bereits seit einigen Monaten gibt es einen Vorschlag des Justizministeriums, der es aber bisher nicht durch die Koalition geschafft hatte. Bei der Regierungsklausur in Mauerbach, die am Mittwoch zu Ende ging, haben sich ÖVP und Grünen dann aber doch noch verständigt. Die Präsentation des Pakets wurde allerdings für den Tag nach der Veranstaltung aufgespart. Zadic erinnerte in einer gemeinsamen Pressekonferenz an das Ibiza-Video, das ein Sittenbild gezeigt habe, das viele Menschen abgestoßen habe. Korruption sei Gift für die Demokratie und schade auch den Institutionen. Edtstadler betonte, die getroffenen Regelungen wie der Mandatskauf seien welche, die es sonst auf der Welt nirgendwo gebe: "Wir schaffen das schärfste Anti-Korruptionsgesetz der Welt." Es werde ein Klima geschaffen, das tatsächlich integeres Handeln und saubere Politik befördere. Weitere Schritte müssten folgen, etwa das Informationsfreiheitsgesetz und eine Beschleunigung der Verfahren sowie eine Erhöhung des Rechtsschutzes bei der Sicherung von Handys.
Alma Zadic (links) und Karoline Edtstadler haben koalitionäre Gräben überwunden und präsentieren gemeinsam den Gesetzesentwurf gegen Korruption. Foto: APA/Hochmuth
Die heute präsentierte Vorlage ist jedenfalls durchaus umfassend. In Sachen Mandatskauf wird klar gestellt, dass man strafbar wird, wenn man einen Kandidaten mittels einer Zuwendung auf einen günstigen Listenplatz setzen lässt bzw. auch die Person selbst, wenn sie davon weiß und finanziell profitiert. Ausgenommen sind "normale" Parteispenden. In den Parteien, die den Vorteil annehmen, ist der Verantwortliche für die entsprechende Listenerstellung strafbar. Die Strafbarkeit an sich beginnt, sobald das Mandat angetreten wird. Die Regelung gilt nicht nur für den Nationalrat oder EU-Wahlen sondern auch für die Landtage, nicht aber für Gemeinden. Zadic meinte, es werde "endlich" strafbar, wenn Oligarchen mit dem Geldkoffer an Parteiverantwortliche einen Wunschkandidaten in den Nationalrat setzen wollten. Einen diesbezüglichen Verdacht gab es in der jüngeren Vergangenheit - nämlich, dass ein Mandatar nach Spenden aus dem Ausland vorgereiht wurde und dann auch tatsächlich zu einem Sitz im Nationalrat kam. Nachgewiesen werden konnte das nicht, weshalb auch die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt wurden. Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil, also im Normalfall Geld, annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Wenn ein Kandidat einen illegalen Vorteil fordert oder sich versprechen lässt, ist das künftig strafbar, sobald er das Amt antritt, unabhängig davon, ob das einschlägige Amtsgeschäft tatsächlich durchgeführt wird. Die Justizministerin sprach in dem Zusammenhang von "Vorab-Korruption". Diese Regelung umfasst alle Personen, die sich in einem Wahlkampf befinden, wie etwa Nationalrats- und Landtagsabgeordnete, aber auch Gemeinderäte sowie Amtsträger, die sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren stellen müssen, beispielsweise Sektionschefs. Edtstadler stellte gleichzeitig klar, dass Vorzugsstimmen-Wahlkämpfe weiter möglich seien. Auch Kandidaten, die innovative Projekte ankündigten, hätten nichts zu befürchten. Vereine werden hingegen ebenfalls strengeren Regeln unterzogen: Fälle, in denen das Wohlwollen von Politikern erkauft werden soll, aber das Geld nicht direkt an sie geht, sondern an einen gemeinnützigen Verein, waren bisher nur strafbar, wenn der Politiker selbst in diesem Verein tonangebend ist. Nunmehr wird dieser Passus auf nahe Angehörige ausgeweitet, so sie "bestimmenden Einfluss" ausüben. Damit wird Umgehungskonstruktionen, wo etwa Frau oder Mann des Amtsträgers (formal) im Verein eine führende Rolle spielt, der Kampf angesagt. Verurteilungen wegen Korruption werden nun auch gröbere Auswirkungen auf die eigene Laufbahn haben. In Zukunft genügt schon eine rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von über sechs Monaten, um das Amt zu verlieren. Formal verliert man die Wählbarkeit. Ein neuer Strafrahmen wird bei Korruptionsdelikten ab einer Bestechungssumme von 300.000 Euro eingeführt. Dabei geht es etwa um Bestechung und Bestechlichkeit. Bei letzteren beiden Delikten liegt die Höchststrafe dann bei 15 Jahren Haft. Schließlich werden im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz die Höchstbeträge der Tagsätze von 10.000 Euro auf 30.000 Euro verdreifacht, wie am Nachmittag präzisiert wurde. Damit werden auch die Regeln für Unternehmen verschärft. Ihnen drohen nun Bußen bis zu 5,4 Millionen. Das Paket ist bereits in Gesetzesform fertiggestellt und geht nun für acht Wochen in Begutachtung.

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3 Postings

miraculix
vor einem Jahr

Langsam aber sicher fände ich einen neuen Weg der "Findung" einer Volksvertretung besser. Schließlich werden auch Schöffen und Geschworene für teilweise sehr heikle Gerichtsverfahren per Zufall ausgewählt. Dafür ist keine juristische Ausbildung erforderlich. Warum sollte das also nicht auch ein Weg für die Besetzung von Vertretungsgremien und gesetzgebenden Versammlungen sein?

Wenn zukünftig Sitze in den Gemeinderäten, im Landesparlament, oder im Nationalrat verlost werden, könnte man sich Gesetze gegen Einflussnahme auf die Zusammensetzung von Wahllisten, gegen unzulässige personelle Verflechtung von Vereinen und Parteien und gegen Mandatskauf sparen.

 
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    Chronos
    vor einem Jahr

    Interessante Sichtweise, miraculix. Ich kann Ihrer Ansicht sehr vieles abgewinnen! Ich wäre sehr dafür, das Volk ernsthaft in partizipative Prozesse zu bestimmten (politischen) Fragen miteinzubinden. Unsere Politiker:innen unterdrücken bzw. nehmen, wie im Fall des Klimarates - eine Arte "Mini-Österreich" mit 100 zufällig ausgewählten Menschen, die einen Querschnitt der Gesellschaft widerspiegeln – absolut gar nicht ernst. Die Vorschläge des Klimarates verstauben leider in der untersten Schublade.

    Das "schärfste Anti-Korruptionsgesetz der Welt" ist zwar gut und längst überfällig, aber es so zu benennen, ist völliger Unsinn und nur ein PR-Gag, der nur als Eigenlob für die Regierung dient. Ethik und Moral war, ist und wird in der österreichischen Politik nie den Stellenwert und den Maßstab wie beispielsweise in Deutschland oder in den Skandinavischen Ländern einnehmen. Das Strafrecht alleine darf nicht das Maß für "Verfehlungen" von Politikern als Rücktritt sein.

     
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miraculix
vor einem Jahr

Wenn man die "Schärfe" dieser Bestimmungen in die Scoville-Scala (für die Schärfe von Chilis erfunden...) einordnen würde, käme vielleicht ein (niedriger) dreistelliger Wert heraus. Aber immerhin: es gibt neue Tatbestände. Damit kann Fehlverhalten endlich am Gesetzbuch gemessen werden. Wahrheit und Moral spielen ja in der Politik nur mehr eine Nebenrolle - bestenfalls ...

Mit der Auflage des Gesetzes zur Begutachtung ist das Rennen um die Entdeckung der juristischen Hintertüren und die Möglichkeiten auch zukünftiger wirksamer Verschleierung eröffnet ...

 
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