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„Als Bühnenfigur kann ich Dinge sagen, die weh tun.“

Kabarettist Marco Pogo im Interview. Über den Auftritt in Lienz, eine „Saufari“ in Tirol und den Kampf gegen Radler.

Völlig in schwarz gekleidet stand Marco Pogo am Donnerstag, 9. Feber, auf der Bühne im ausverkauften Lienzer Stadtsaal – nicht als Bundespräsidentschaftskandidat, sondern als „Gschichtldrucker“. So nennt sich das Programm mit dem der Kabarettist und Gründer der Band „Turbobier“ derzeit durch Österreich tourt.

Präsentiert wird eine Auswahl an skurrilen Geschichten – von bizarren Ereignissen auf Tour mit der Band bis hin zum verzweifelten Versuch, das Passwort für die Handysignatur zu ändern. Wir haben den Musiker und studierten Mediziner nach seinem ersten Besuch in der Dolomitenstadt zum Interview getroffen.

Marco, du hast auf der Bühne von „präsidialem Alter“ gesprochen. Das dürfte auf deine heutige Location zutreffen, oder?

Ich finde die Location super, sie ist aber doch einen Tick älter als ich. Wenn ich so alt wäre wie die Location, hätte ich die Präsidentenwahl wahrscheinlich wirklich gewonnen (lacht).

Du warst nun zum ersten Mal in Lienz. Wie würdest du die Menschen hier in drei Worten beschreiben?

Extrem offenherzig, aufrichtig und humorig. Die Leute gehen hier offensichtlich nicht in den Keller, um zu lachen.

Marco Pogo: „Die Osttiroler gehen nicht in den Keller, um zu lachen.“ Fotos: Markus Mayr

Osttirol ist als Tourismusregion fast so attraktiv wie Simmering. Was könnte sich der Bezirk von Simmering abschauen?

Ohne tief ins Nachtleben eingetaucht zu sein: Wahrscheinlich ist es die Beisldichte. Da legt Simmering gut vor und die Qualität der einzelnen Etablissements, die man dort vorfindet, ist einzigartig. Von der Kulisse her muss ich sagen, dass wir in Simmering nicht so schöne Berge haben. Das muss ich Lienz zusprechen.

Wir haben dafür jede Menge ÖVP-Politiker im Bezirk. Hast du hier schon einen mit – wie du sagst – „Unschuldsvermutungsbrille“ gesehen?

Habe ich tatsächlich noch nicht. Es war aber auch finster, als ich angekommen bin.

Ist Osttirol nicht die passende Region für die nächste Bezirksstelle der Bierpartei?

Leider gibt es die Bierpartei hier noch nicht, aber ich sag einmal so: Kommt Zeit, kommt Bier. Und dann werden wir schauen, dass wir die Unschuldsvermutungsdichte auch in Osttirol ein wenig nach unten drücken.

Du hast bei deinem Auftritt auch eine „Saufari“ als neues touristisches Angebot vorgeschlagen. Würde das hier funktionieren?

Ich glaube, das wäre in Tirol wirklich ein Renner. Die Nachfrage wäre aber in ganz Österreich groß. Ich stehe ja regelmäßig auf Bühnen im ganzen Land und habe dabei bereits eine Marktanalyse getätigt. Ich kann es mir gut vorstellen, dass die Leute wirklich auf Saufari gehen würden. In einer Hand der Feldstecher und in der anderen ein Cola-Rot.

Marco Pogo im Dolomitenstadt-Interview auf dem „präsidialen“ Sofa im Stadtsaal.

Mit wem hast du dein letztes Bier getrunken?

Im Studio mit meinem Produzententeam, weil ich schon emsig an neuem Material arbeite. Das freut mich total, weil ich in den letzten Monaten wenig Zeit hatte, Musik zu machen. Als ich vergangene Woche in Dornbirn die letzte Session abgeschlossen habe, wurde natürlich ein Bier getrunken.

Also werden wir wieder von Turbobier hören?

Ja, das ist aber noch urgeheim.

Bist du mit deinem „zambuderten“ Kleinbus nach Lienz gereist, von dem du in deinem Programm erzählst?

Ja, das ist ein Ford Transit. Der ist inzwischen nicht mehr so zambudert wie meine vorherigen Busse. Ich bin jetzt also nicht nur auf der politischen Karriereleiter nach oben geklettert. Der Bus hat meinen alten Fahrzeugen mit einer Heizung und Klimaanlage einiges voraus. Als ich früher beim ÖAMTC angerufen habe, ertönte am anderen Ende der Leitung nur noch: 'Was hat er denn schon wieder?' Man wird eben älter und braucht dann auch ein Auto mit einer gewissen Grundzuverlässigkeit.

In Lienz standest du als Marco Pogo auf der Bühne. Wer bist du lieber: Marco oder Dominik?

Auf der Bühne bin ich am liebsten Marco. Er kann Dinge sagen, die man als Privatperson nicht aussprechen oder anders formulieren würde. Eine Bühnenfigur kann Dinge sagen, die weh tun. Da geht es um Satire, die den Blick auf das eigentliche Problem lenkt. Als Kunstfigur kann man vor Augen führen, was wirklich falsch läuft. Deshalb versuche ich auch, mir das zu bewahren. Abseits der Bühne bin ich gerne ich. Marco und Dominik sind aber gute Freunde, der eine geniert sich nur manchmal für den anderen.

Es besteht immer eine gewisse Gefahr, dass die Kunstfigur mit deinem realem Ich verschmilzt. War Marco Pogo früher radikaler?

Ja, viel radikaler. Ich denke aber, dass auch eine Kunstfigur älter und gescheiter werden kann. Im Laufe der Jahre sieht man die Welt eben anders und macht die Dinge vielleicht anders. Das ist aber ein normaler Prozess, man verweichlicht also nicht. Ich habe ein bisschen Angst davor, irgendwann mit dem Skateboard anzukommen und zu sagen: 'Yo Kids, was geht?' Das wäre berufsjugendlich und die Kids würden sagen: 'Das ist cringe'.

Ist deine Anekdote über die Tortur mit dem Handysignatur-Passwort nicht ein Musterbeispiel für österreichische Bürokratie?

Jedes Wort davon ist wahr, es ist genau so passiert. Retrospektiv betrachtet sollte uns das schon zu denken geben, wenn man ein Passwort im Finanzamt auf einen Zettel schreiben muss, um es zu ändern. Bei meinen Auftritten gibt es jeden Abend mindestens drei Leute, die dazwischenrufen, dass ihnen das auch passiert ist. Das ist schon oag.

Was ist dein nächstes Projekt? Der Kampf gegen den Radler?

Den werde ich bis zum Ende meiner Tage führen. Politisch schaue ich, wohin die Reise geht. Es muss sich gut anfühlen. Aus musikalischer Sicht bin ich froh, dass ich neue Sachen aufnehmen kann. Es ist schön, dass die Kulturszene wieder halbwegs ins Laufen gekommen ist, auch wenn es noch Probleme gibt. Zumindest können wir wieder auf Konzerte gehen und ich denke, darauf haben viele Leute Bock.

Dein Programm trägt den Titel „Gschichtldrucker“. Möchtest du uns zum Abschluss noch eine Anekdote erzählen, die wir noch nicht gehört haben?

Dolomitenstadt-Redakteur Roman Wagner studierte an der FH Joanneum in Graz und ist ein Reporter mit Leib und Seele. 2022 wurde Roman vom Fachmagazin Österreichs Journalist:in unter die Besten „30 unter 30“ gewählt.

2 Postings

irina
vor einem Jahr

urleiwand!

 
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Walchenstein
vor einem Jahr

Die "take home message" war uuuuurr lustig und leiwand ...

 
3
1
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