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Den Großteil der Steige und Wege in Österreichs Bergwelt bauen und pflegen Ehrenamtliche. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Den Großteil der Steige und Wege in Österreichs Bergwelt bauen und pflegen Ehrenamtliche. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Werden alpine Vereine zu wenig unterstützt?

Alpenverein erhält 26.000 Kilometer Bergwege. Scheidender Präsident Ermacora enttäuscht von der Politik.

Die Präsidentschaft von Andreas Ermacora beim Österreichischen Alpenverein (ÖAV) wird mit Jahresende enden. Ermacora, der das Amt seit 2013 bekleidet, wird im Herbst bei der Hauptversammlung in Rankweil nicht mehr antreten. Er zeigte sich im APA-Interview "enttäuscht", dass er von der Politik - parteiunabhängig - "keine riesengroße Unterstützung" erhalten habe. Wesentliche Forderung bleibe, die Förderung alpiner Vereine gesetzlich festzuschreiben. "Ich hätte mir schon gedacht, dass ich in den Jahren meiner Präsidentschaft die Frage der Förderung auf eine gesicherte Schiene bringe", sagte Ermacora. Immerhin würde der Alpenverein - ehrenamtlich - rund 26.000 Kilometer an Bergwegen erhalten. "Wenn man das professionell aufstellen würde, würde das circa zwölf Millionen Euro pro Jahr kosten", rechnete er vor. Dass die Politik hier nicht einlenke, empfand er als "Missachtung des Ehrenamtes". Auch aus touristischer Sicht sei es nicht nachvollziehbar, immerhin werbe Österreich mit den Bergen intensiv: "Wenn es die alpinen Vereine nicht gäbe, müsste der Gast im Tal wandern." Seit 2013 sei die Förderung, die laufend aufs Neue mit dem Bund ausgehandelt werde, nicht an die Inflation angepasst und damit erhöht worden. Der Verband alpiner Vereine Österreichs (VAVOE) als Fördernehmer erhält jährlich rund 2,7 Millionen Euro, der ÖAV bekommt als größter alpiner Verein mit aktuell rund 725.000 Mitgliedern davon 1,6 Millionen Euro. Als "Mindestforderung" nannte Ermacora eine Erhöhung der VAVOE-Förderung auf 3,8 Millionen Euro, der ÖAV sollte davon 2,2 Millionen Euro erhalten. Um dies zu erreichen, stellte er - wie zuletzt im Jahr 2013 - eine Petition in den Raum.
Ermacora hätte sich gewünscht, dass die ÖVP nicht über Gipfelkreuze debattiert, sondern sich um den Gletscherschutz kümmert. Foto: APA/Expa/Groder
Zwar habe man mit der Politik ein "gutes Auskommen", ausreichend unterstützt werde der Alpenverein angesichts der ehrenamtlichen Leistung aber nicht, fand Ermacora. Keine Rolle spiele dabei die verantwortliche Partei: "Es hat sich in den vergangenen Jahren überhaupt nichts geändert. Egal ob die Grünen oder die Schwarzen am Ruder sind", meinte er. Verantwortlich für die Förderung sei derzeit das Arbeits- und Wirtschaftsministerium. Ermacora hätte sich gewünscht, dass sich die ÖVP - statt einer zuletzt geführten Debatte um Gipfelkreuze - um die Förderungsproblematik oder um den Gletscherschutz kümmere. Tiroler ÖVP-Politiker von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig abwärts sowie die Tiroler FPÖ hatten sich über die Aussage Ermacoras empört, dass der Alpenverein laut einem Beschluss aus dem Jahr 1990 keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen wolle. Aus "naturschutzrechtlichen Gründen", wie der ÖAV-Präsident betonte. "Ich habe mich gewundert, dass die ÖVP so ein Thema - das ein Nichtthema war - aufgreift und zur Chefsache erklärt", auch dass die "ÖVP das Heilige Land Tirol als gefährdet ansieht und die Leute deswegen nicht mehr nach Tirol kommen würden", habe ihn erstaunt. "Diese ganze Debatte war so was von unnütz", fand Ermacora. Ebenfalls als Politikum deutete Ermacora das neue Bekenntnis der schwarz-roten Tiroler Landesregierung zu Windkraftanlagen im Bundesland. Dies sei wohl einem "Druck aus Wien" geschuldet, sagte er. Der Alpenverein spricht sich aus Gründen des Natur- und Landschaftsbildschutzes gegen Windkraftanlagen im alpinen Bereich aus - außer in bereits erschlossenen Gebieten, wie Skigebieten. Ermacora gab zu bedenken, dass auch dort die Errichtung an ihre Grenzen stoße, immerhin sei ein Windrad rund 200 Meter hoch. Es überhaupt erst auf den Berg zu bringen, sei trotz Erschließung schwer. Große Veränderungen und viel Arbeit sah Ermacora auf den ÖAV durch den Klimawandel zukommen. Durch das Auftauen des Permafrosts etwa werde die Wegewartung anspruchsvoller. Künftig müssten Wege wohl zunehmend verlegt, gesperrt oder auch durch Hängebrücken ersetzt werden. Im schlimmsten Fall können Hütten nicht mehr erreicht werden, was das Ende für diese bedeuten würde. Ziel sei außerdem, die Alpenvereinshütten flächendeckend mit PV-Anlagen auszurüsten, um nur mehr im Notfall auf das Dieselaggregat zurückgreifen zu müssen. Mit der heurigen Sommersaison zeigte sich der ÖAV-Chef indes "sehr zufrieden". Die Hütten seien "fast ausgebucht": "Der Wanderboom hat sich seit Corona fortgesetzt", sagte er. Besonders das Weitwandern erfreue sich nach wie vor großer Beliebtheit. Die Personalsituation auf den Hütten habe sich außerdem stabilisiert. Der 63-jährige Ermacora, seit 1992 ÖAV-Präsidiumsmitglied und im Zivilberuf Anwalt, will die Präsidentschaft jedenfalls "ruhig" und "geregelt" übergeben. Eine Position, die vor Jahrzehnten übrigens bereits sein Vater, der langjährige ÖVP-Nationalratsabgeordnete, Verfassungsrechtler und Menschenrechtsexperte Felix Ermacora innehatte. Andreas Ermacora hatte das Amt von Christian Wadsack übernommen. Bisher gebe es für seine Nachfolge nur einen Wahlvorschlag, der allerdings in der Öffentlichkeit noch nicht bekannt gemacht wird, berichtete er. Die Jahreshauptversammlung findet am 21. Oktober in Vorarlberg statt.

Ein Posting

observador
vor 8 Monaten

Ich schätze den Alpenverein für seine Arbeit und finde es großartig, dass er - wie viele andere Vereine in diesem Land - vor allem jungen Menschen ein sinnvolle und gesunde Betägigung in der Natur ermöglicht. Aktuell werden nur ca. 11% der Einnahmen des ÖAV durch öffentliche Förderungen gedeckt, ca. 50% kommen über die Mitgliedsbeiträge. Der deutsche Alpenverein verweist z.B. ausdrücklich auf seine Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge um seine Unabhängigkeit zu bewahren. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, welche Ideen zur Instrumentalisierung des ÖAV manchen politischen Vertretern hier in den Sinn kämen, wenn hier ein Druckmittel in Form zusätzlicher finanzieller Zuwendungen vorhanden wäre.

 
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