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Regierungskoalition will Luftabwehrraketen kaufen

Beschaffung soll ab dem Jahr 2027 erfolgen. Kolportierte Kosten von vier Milliarden Euro.

Die österreichische Bundesregierung plant die Anschaffung von Langstrecken-Luftabwehrraketen. Im Ministerrat am Mittwoch wurde eine entsprechende Grundsatzentscheidung abgesegnet, Details zu dem Vorhaben sind noch offen. Die Anschaffung soll im Rahmen des europäischen Luftverteidigungssystems "Sky Shield" erfolgen. Als wahrscheinliche Varianten gelten das US-Luftabwehrsystem "Patriot" sowie das US-israelische System "Arrow 3". Die Beschaffung soll ab dem Jahr 2027 erfolgen.

Mit diesem Schritt werde Österreich umfassende Verteidigungsfähigkeit erhalten, die vergangene Regierungen vergessen hätten, betonte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Dementsprechend nannte Kanzler Karl Nehammer den geplanten Ankauf einen "Meilenstein für die österreichische Sicherheit": "Wir waren bisher nicht in der Lage, diese Form der Abwehr durchzuführen."

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unterstrich, dass seine Partei mit an Bord ist. Die Sicherheit zu stärken sei eine der zentralen Aufgaben dieser Bundesregierung, wies er auf eine geänderte Sicherheitsarchitektur seit der Aggression Russlands gegen die Ukraine hin. Mit der Neutralität hält er "Sky Shield" für vereinbar. Dies sieht auch der Kanzler so. Denn "Sky Shield" lasse die Verantwortung immer bei den Mitgliedsstaaten.

Das Langstrecken-Luftabwehrsystem werden die bereits bestehenden bzw. angekündigten Systeme in Österreich ergänzen. Das Bundesheer verfügt derzeit über die 3,5 cm Flugabwehrkanone (Flak) "Oerlikon" und die Fliegerabwehrlenkwaffe "Mistral" für den sehr kurzen Bereich bis zu ca. 5 Kilometer Reichweite. Bereits im September angekündigt wurde seitens Tanners die Anschaffung des Kurz- und Mittelstreckensystems "Iris-T". Diese Flugabwehrraketen können Reichweiten bis zu 15 Kilometern (Kurzstreckenversion) und bis zu 50 Kilometern (Langstreckenversion) abdecken. Diese Anschaffung ist in Kooperation mit Deutschland geplant, ebenfalls im Rahmen von "Sky Shield".

Mit dem heutigen Beschluss in der Regierungssitzung wurde nun der Grundstein für die Anschaffung von Langstrecken-Systemen mit Reichweiten von 50 Kilometern und darüber hinaus geschaffen. Welche Systeme angekauft werden, ist offen. Als wahrscheinliche Varianten gelten die US-Flugabwehrrakete "Patriot" und das in Kooperation zwischen Israel und den USA entwickelte System "Arrow 3".

Das US-Luftabwehrsystem "Patriot" oder das US-israelische System "Arrow 3" könnte demnächst auch in Österreich eingesetzt werden. Foto: APA

Offen sind die Kosten für die Langstreckensysteme. Laut Medienberichten wurden Mittel in Höhe von vier Milliarden Euro veranschlagt, dazu gab es vorerst keine Bestätigung aus dem Verteidigungsministerium. Für die Modernisierung der bestehenden Systeme sowie für die Anschaffung der "Iris-T"-Flugabwehrraketen wurde seitens des Ministeriums in Summe bereits zwei Milliarden Euro genannt. Der Ankauf der "Iris-T" soll ab den Jahren 2025/2026 erfolgen.

Die "European Sky Shield Initiative" (ESSI) wurde vom EU- und NATO-Land Deutschland initiiert, Ziel ist die Stärkung der Luftraumabwehr vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Damit soll ein satellitengestützter Schutzschirm über die teilnehmenden Länder gelegt werden, der Drohnen und Raketen (auch ballistische und atomar bestückte) frühzeitig erkennen und abwehren kann. Die Initiative wurde am 13. Oktober 2022 von 13 EU-Staaten sowie Großbritannien und Norwegen gegründet. Österreichs Verteidigungsministerin Tanner unterzeichnete dann am 7. Juli 2023 (gemeinsam mit ihrer Schweizer Amtskollegin) eine Absichtserklärung zur Teilnahme.

Die beiden Länder schrieben ihre neutralitätsrechtlichen Vorbehalte in einer Zusatzerklärung fest. Laut Verteidigungsministerium wurde klargestellt, dass Österreich seine Lufthoheit und die Autorität über die eigenen Systeme behält. Auch sei festgehalten worden, dass sich die beiden neutralen Staaten nur an Maßnahmen hinsichtlich Beschaffung, Ausbildung und Übungen beteiligen werden. Die Teilnahme am "Sky Shield" dürfe auch nicht als Teilnahme an einem Militärbündnis gewertet werden. Darüber hinaus wurde auch eine Ausstiegsklausel geschaffen, sollte eines oder mehrere der ESSI-Staaten an einem bewaffneten Konflikt beteiligt sein.

Neben Deutschland sind seit Oktober 2022 die NATO-Mitglieder Großbritannien, Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen an Bord von" Sky Shield". Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der NATO-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an. Nicht bei der deutschen Initiative sind Frankreich, Italien, Spanien und Polen. Paris missfällt, dass dabei nichteuropäische Technologie eingekauft werden soll. Frankreich und Italien wollen das gemeinsam von ihnen entwickelte System SAMP/T benutzen. Auch Polen beschafft andere Systeme.

Scharfe Kritik an der Art der Ankündigung kam vor der Ministerratssitzung von der SPÖ: "Tanners Sky Shield-Überfälle sind völlig inakzeptabel. Die Volksvertretung hat nicht über die Medien zu erfahren, wenn die Republik andenkt, Langstreckenraketen zu beschaffen", so SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer in einer Aussendung. "Dieses intransparente Vorgehen ist schädlich für die Demokratie. Wir werden dafür sorgen, dass uns Tanner Rede und Antwort steht."

Gleichzeitig erklärte Laimer, es sei "unbestritten, dass Österreich und unsere Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft geschützt werden müssen". Dies müsse aber erstens mit der Neutralität vereinbar sein und zweitens "muss der Beschaffungsvorgang auf transparenten rechtsstaatlichen Abläufen basieren". Auch vermisst Laimer bisher eine parlamentarische Einbindung.

Kritik kam auch von der FPÖ, die das Projekt ja komplett ablehnt: "Aus meiner Sicht ist es nicht kompatibel mit der österreichischen Neutralität", sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl am Rande einer Pressekonferenz, der auch einen "Bruch mit dem Völkerrecht" ausmachte. Denn "Sky Shield" sei "nichts anderes als eine NATO-Initiative", es handle sich um einen "Nato-Beitritt durch die Hintertür". Wenn Österreich in diesem Bündnis dabei ist, "sind wir ein Angriffsziel".

Die NEOS plädierten unterdessen für eine gemeinsame europäische Verteidigung: "Gerade angesichts aktueller Bedrohungen zeigt sich, wie dringend Österreich eine neue Sicherheits- und Verteidigungsstrategie braucht - und wie wichtig es ist, dass Europa in Sicherheits- und Verteidigungsfragen stärker zusammenarbeitet", so NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos. "Daher muss die Bundesregierung Farbe bekennen und eingestehen, dass Sky Shield nicht der Weisheit letzter Schluss ist und langfristig an einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit einer gemeinsamen europäischen Armee kein Weg vorbei führt."

15 Postings

Godmensch
vor 5 Monaten

@hannes.schwarzer ajo genau. 😂 Da steht ja auch drinnen das wir Raketen brauchen 👍

 
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    Hannes Schwarzer
    vor 5 Monaten

    naja, kannst ja den Hauger-Landsturm aktivieren....mit Vorderlader und Bajonetten wird's 2023 kaum mehr gehen...

     
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gemeiner Waldkauz
vor 5 Monaten

Österreich hat kein Geld für sowas. Ich vermute wir bekommen die B-Ware wie bei allen Elektronik Artikeln auch...

 
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    aktuell
    vor 5 Monaten

    Die EU Regierung mit van der Leyen an der Spitze hat es tatsächlich geschafft, Europa sowohl in den Ukraine Krieg als auch in den Israel-Gaza Krieg hineinzuziehen. Unsere Regierung spielt aus undurchsichtigen Gründen und Missachtung unserer Neutralität mit Fahnenhissen, Millionen-Euro-Unterstützung und einseitiger Positionierung mit. Und jetzt brauchen wir auch noch Luftabwehrraketen. Wer verkauft uns diese Waffen und macht damit sein Milliardengeschäft?

     
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Nickname
vor 5 Monaten

Diese Regierung und Frau Tanner sind immer wieder für Ankündigungen zu haben. Ob dann was draus wird sei dahingestellt. Bei 4 Milliarden Kosten werden wieder unzählige Millionen im Hintergrund als Provisionen an Günstlinge fließen.

Vielleicht sollte man sich mehr auf die Einsatzfähigkeit der derzeitigen Infrastruktur konzentrieren. Stichwort: "Hercules"

 
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    F_Z
    vor 5 Monaten

    Vielleicht sollte man, wenn Flugzeuge über 50 Jahre sind, auch mal was neues kaufen. Stichwort: "Hercules" (Baujahr 1967)

     
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      Village Pizza
      vor 5 Monaten

      Neinneinnein! Wenn man was neues kauft, könnte es passieren, dass jemand (möglicherweise der Verkäufer) Geld bekommt. Und dann verfallen gewisse Leute wieder in hysterische Schnappatmung.

       
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Enrico Andreas Menozzi
vor 5 Monaten

Sky Shield ist ein europäisches und kein NATO Projekt, auch die Schweiz will mitmachen und Finnland war schon vor ihrer NATO Mitgliedschaft am Board . Für die Nichtwissenden, Österreich hat schon seit Mitte der 90er eine Zusammenarbeit mit der NATO in verschiedenen Bereichen .

Neutralität ist nur dann gewährleistet wenn wie damals die zwei Seiten ( NATO und Warschauer Pakt ) es zulassen und kein Interesse an Österreich haben .

Seit Russland sich in Österreichische Politik einmischt , Hybriden Krieg gegen den Westen führt , eine FPÖ mit der Putin Partei ein Abkommen hat und ihre ehemalige Außenministerin im Russen TV Blödsinn erzählt und bestimmt paar Euros geflossen sind , ist Austria schon lange nimmer neutral .

Inzwischen verfügen Terror Gruppen über ziemlich moderne Raketen . FPÖ warnt doch davor das wir uns lauter Radikale Islamisten ins Land geholt haben .

In der Nachbarschaft hat man paar verrückte Regierungschefs , wie in RS und in Serbien ( beide FPÖ Nähe ) , ein Pulverfass .

Fände es ziemlich unsolidarisch von Österreich, wenn die Nachbarländer sich die beste und teuerste Luftabwehr besorgen und klein Österreich sich darunter versteckt im Notfall .

 
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bergfex
vor 5 Monaten

NEIN NEIN NEIN

 
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    Hannes Schwarzer
    vor 5 Monaten

    @bergfex: es ist ganz einfach: kein sky shield (Raketen), keine EU Armee und kein NATO Beitritt! Im heiligen Land Tirol werden wir sowieso von 'dem da oben' beschützt! Und wenn nicht, wird's schon ein anderer machen.....( Ich trau' mich fast nicht, das zu schreiben, aber das ist 1:1 FPÖ Sprech!!!...sorry, 1999 haben die noch den 'sofortigen' NATO Beitritt gefordert..)

     
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saguen
vor 5 Monaten

Inakzeptabel....wieviele Raketen beinhaltet das Paket ??!!! Wo werden die Abschussvorrichtungen aufgestellt ??!!! 15 km und 50 km....dass hat mit "umfassender" Verteidigung nichts zu tun... Ein Schulterschluss mit der USA sprich NATO....wollen wir das...???!!!!! Früher kein Thema, jetzt auf biegen und brechen, aber dass Bundesheer über Jahre zu Tode gespart....!!!!!

 
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    Johannes Url
    vor 5 Monaten

    Was spricht hier gegen eine ULV?

     
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      Godmensch
      vor 5 Monaten

      was bitte ist eine ULV 👀

       
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      Hannes Schwarzer
      vor 5 Monaten

      @godmensch: ULV = umfassende Landesverteidigung nach Art. 9a, Abs 2, BVfG 1975

       
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    iwases@
    vor 5 Monaten

    @ saguen ("wieviele Raketen beinhaltet das Paket?"). Für eine Sylvesterknallerei wird es schon reichen 😉 Armes verirrtes "neutrales" Österreich!

     
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