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Missbrauch in Heimen: Pawlata kritisiert Glettler

Die Soziallandesrätin zeigt sich „schockiert“ über die Relativierung des Forschungsberichts durch den Bischof.

Der Tiroler Bischof Hermann Glettler und Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) sind derzeit gar nicht gut aufeinander zu sprechen. Grund für das aktuell auch medial ausgetragene Zerwürfnis ist eine Forschungsarbeit, deren Relevanz je nach Blickwinkel unterschiedlich beurteilt wird. 

Vor circa zwei Jahren legten die Historikerin Ina Friedmann und der Zeitgeschichtler Friedrich Stepanek einen brisanten, 400 Seiten starken Forschungsbericht vor, der unter der Projektleitung von Dirk Rupnov, Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät der Uni Innsbruck, erarbeitet wurde. Titel der Studie: „Demut lernen“. Heikler Forschungsgegenstand: Die Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe rund um das mittlerweile geschlossene Mädchenheim Martinsbühel bei Zirl und – dadurch angeregt – auch die Beschäftigung mit Praktiken in weiteren, insgesamt sieben, katholischen Erziehungseinrichtungen in Tirol seit 1945. 

Aus dem Bericht wurde mittlerweile ein Buch, das ebenfalls den Titel „Demut lernen“ trägt, als Anspielung auf das, was katholische Erzieher:innen den ihnen anvertrauten Zöglingen beibringen wollten. Jemanden demütig machen ist expressis verbis mit „Demütigung“ verbunden und so kritisieren die Autor:innen, dass „wiederholte Abwertung, Erniedrigung und Entpersonalisierung geschah, durch die Anwendung von Gewalt in unterschiedlichen Ausprägungen“.

Auftraggeber des Berichts waren sowohl das Land als auch die Tiroler Diözese, weshalb Bischof Hermann Glettler auch ein Vorwort zum Buch verfasste, in dem der Kirchenmann dessen Inhalte und damit auch die wissenschaftliche Seriosität der Autor:innen relativiert. Glettler sieht in dem Forschungsbericht unter anderem eine „Fixiertheit auf wenige Aussagen“, die dem Gesamtblick nicht dienlich sei. 

Ewa Pawlata hält die Aussagen von Hermann Glettler für einen Rückschritt bei der Aufarbeitung erlittenen Unrechts. Der Bischof findet die „Fixiertheit auf wenige Aussagen“ für den Gesamtblick auf die Zustände in katholischen Heimen nicht dienlich. Fotos: Dolomitenstadt/Expa Pictures

Dazu muss man wissen, dass das Mädchenheim Martinsbühel bis zur Schließung 2008 von den Benediktinerinnen geführt wurde. Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe im Jahr 2010 hatten sich rund 100 ehemalige Heimkinder an die Ombudsstelle der Diözese Innsbruck gewandt. Für die Studie wurden 75 Interviews geführt, nicht nur mit Betroffenen dieser Einrichtung. 

Obwohl Land und Diözese Auftraggeber des Berichts waren, stießen die Forschenden nach eigenen Angaben immer wieder auf Hürden. So sei etwa die Aktenlage im Tiroler Landesarchiv sehr dürftig und nicht alle Einrichtungen unterstützten die Autor:innen: „Deutlich spürbar war die Sorge, durch Kooperation letztlich in schlechtem Licht präsentiert zu werden.“ Auch die Kooperation mit den Ordensschwestern, die in Martinsbühel gearbeitet hatten, sei sehr schwierig gewesen.

Bischof Glettler will seine Kritik jedoch nicht an den Vorkommnissen in Martinsbühel aufhängen. Ihn stören vor allem die Schilderungen der Zustände im Heim Thurnfeld in Hall, das ihm „aufgrund der Fürsorge um die dort noch lebenden Schwestern besonders am Herzen“ liege. Um die „Repräsentativität“ gewährleisten zu können, wollte der Bischof mehr Personen befragt wissen, als jene zwei Betroffenen in Thurnfeld, „die sich selbst gemeldet hatten“. Der Vorwurf eines sexuellen Missbrauchs sei zudem im Bericht „als erwiesene Tatsache hingestellt“ worden, obwohl die „beschuldigte Schwester eine gegenteilige Erklärung abgegeben hat und damit Aussage gegen Aussage steht“. 

Für Landesrätin Eva Pawlata ist die Relativierung der wissenschaftlichen Arbeit durch den Kirchenmann eine Grenzüberschreitung. Sie zeigt sich gegenüber der Tiroler Tageszeitung „schockiert über die Zugangsweise des Herrn Bischof“ und hält die Aussagen Glettlers für nicht nachvollziehbar: „Für die Aufarbeitung des erlittenen Unrechts bedeutet das einen klaren Schritt zurück“, meint Pawlata. Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit – den Projektleiter Dirk Rupnow am Donnerstag vehement zurückgewiesen hatte – stelle nicht nur „die Integrität des gesamten Autorenteams infrage, sondern bagatellisiert auch die Geschichte der Opfer.“

Natürlich hätten „bestimmte Strukturen“ diese Gewalt bedingt, „verantwortlich bleiben aber immer die Täter und Täterinnen selbst“, hält Pawlata fest. „Jede Entschuldigung, die mit einem großen ‚Aber' versehen ist, stellt die Wiedergutmachung in Frage. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb sich der Bischof in dieser Frage so sträubt", kritisiert die Soziallandesrätin.

14 Postings

lia
vor einer Woche

war auch ministrant. wurden immer gut behandelt. die drecksäcke, wahrscheinlich selber auch opfer, waren die etwas älteren peers, die uns "aufgeklärt" haben. als ich älter war, wechselten sie zu ihrem glück immer die straßenseite.

 
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defregger
vor einer Woche

Grausame Realitätsverweigerer, ansonsten würden nicht soviele, mehr als je zuvor der Kirche, nicht Gott, den Rücken kehren und austreten.

Die Kirche hatte ca. 2000 Jahre Zeit die Menschheit zu manipulieren und Ihre Macht zu missbrauchen. Sie versucht es mit allen Mitteln weiterhin und das ist m.E. schäbig bis selbstzerstörend.

 
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Vision
vor 2 Wochen

Der Kirche geht es um Kontrolle und Macht und nicht um Demut!

 
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Ist es so
vor 2 Wochen

Dass die röm.-kath. Kirche nicht einfach mal etwas zugeben kann? Dass es in vielen Heimen nicht so rosig zuging, ist wohl wahrlich kein Geheimnis mehr, auch wenn natürlich Vieles der damaligen Zeit und Einstellung geschuldet war.

Aber es geht wohl wieder um den schnöden Mammon, es könnten ja Regressforderungen einlangen, das ist auf alle Fälle zu verhindern, da es sich ja die ach so "arme" Kirche nicht leisten könne oder wolle.

Wenn man die schiere Größe des Grundbesitzes dieser Glaubensgemeinschaft betrachtet, zudem weiß, wieviel die Diözese allein an Verwaltungsausgaben "verbratet", ists schon bald ein Frevel, hier von mittellosen Gegebenheiten zu sprechen, sodass ständig um Spenden gebettelt werden muss.

Aber solange das System Kirche weiterhin so funktioniert, warum sollte man da was ändern?

Gerade unter dem aktuellen Papst hätte ich mir eine Änderung dieser Vorgänge gewünscht, aber soweit reicht wohl auch hier nicht der Arm der obersten Instanz.

Es war und bleibt sich weiterhin jeder selbst der Nächste, ansonsten würde die Kirche wohl mal vieles hinterleuchten und endgültig mit der Vergangenheit gerecht aufräumen.

 
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r.ingruber
vor 2 Wochen

Es ist – mittlerweile eh nicht mehr – erstaunlich, wie eine im Vergleich zu anderen Medien noch einigermaßen um Sachlichkeit bemühte Wiedergabe einer APA-Aussendung an deren eigentlichem Inhalt vorbei zum Kirchenbashing missbraucht wird. Es geht hier in erster Linie um zwei Akteure (zu Deutsch: Täterin und Täter), von denen der eine seiner Vorstellung von Wissenschaftlichkeit Ausdruck verleiht, die andere das aber nicht versteht oder nicht zur Kenntnis zu nehmen bereit ist. Damit wird nicht "Wiedergutmachung in Frage" gestellt, sondern der Aufarbeitung ein weiterer Prügel vor die Füße geworfen. (Man lese dazu das Vorwort auf der Homepage der Diözese und die Postings von Winfried Löffler in der TT.)

 
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    Bahner Bernd
    vor einer Woche

    Bischof Gettler war gestern abend im Tirolheuteinterview anzumerken, wie sehr er vom Unvermögen der heutigen Gesellschaft, sich auf differenzierendes Urteilen einzulassen überrrascht und betroffen war.

     
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Spitzkofel
vor 2 Wochen

Und genau deshalb bin ich schon lange nicht mehr bei diesem Verein!

 
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    Greta
    vor 2 Wochen

    detto !

     
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    c.haplin
    vor 2 Wochen

    welcher Verein? Weder die Diözese noch die Tiroler Landesregierung ist ein Verein. Zudem gehe ich aufgrund ihres Postings davon aus, dass sie das Werk gar nicht kennen. Das ist schade und der Aufklärung sehr hinderlich.

     
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Gertrude
vor 2 Wochen

Natürlich hätten „bestimmte Strukturen“ diese Gewalt bedingt, „verantwortlich bleiben aber immer die Täter und Täterinnen selbst“, hält Pawlata fest. „Jede Entschuldigung, die mit einem großen ‚Aber' versehen ist, stellt die Wiedergutmachung in Frage. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb sich der Bischof in dieser Frage so sträubt", kritisiert die Soziallandesrätin.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 
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isnitwahr
vor 2 Wochen

die Institution "Kirche" darf sich überhaupt nicht wundern, dass ihr immer mehr Gläubige davonlaufen. Wenn man über Jahrhunderte verfolgt, was alles geschehen und negiert oder relativiert wurde, da wir einem schlecht. Angefangen von den Hexenprozessen (die ja ANFÄNGLICH von der Kirche abgelehnt wurden), Mißbrauch von Nonnen, uneheliche Kinder, Anhäufung von Reichtum, Verstecken von mörderischen Nazis, Mißbrauch von Ministranten, Opfer der Christianisierung, Mißbrauch und körperliche sowie psychische Gewalt an Kindern, nicht Zulassen von Frauen zu Priestern und höheren Ämtern i.d. Kirche, Geldwäsche etc. - und niemals, aber schon gar niemals eine Entschuldigung - dazu noch die jährliche Diskussion über die Höhe der zu bezahlenden Kirchensteuer. Die Kirche hat so unvorstellbare Reichtümer und predigt gleichzeitig das Gegenteil. Es gibt tatsächlich Priester, die ihre Aufgaben ernst nehmen und das auch der Bevölkerung vermitteln können. Ich bin gläubig, wahrscheinlich mehr als Viele, die ständig in die Kirche rennen, aber von Nächstenliebe nichts erkennen lassen, nur die Institution Kirche ist für mich großteils fragwürdig....

 
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    A oschtirolerin
    vor 2 Wochen

    Sie haben genau recht! Bin 100% einverstanden 👍🏼

     
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    r.ingruber
    vor 7 Tagen

    Der letzte Satz dieses Postings klingt ein wenig wie der letzte Satz aus der "Frommen Helene ".

     
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    r.ingruber
    vor 7 Tagen

    ...oder wie Lukas 18,11ff.

     
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