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Amira Ben Saoud mit ihrem Romanerstling „Schweben“. Foto: Dolomitenstadt/Hassler

Amira Ben Saoud mit ihrem Romanerstling „Schweben“. Foto: Dolomitenstadt/Hassler

Über das Schweben jenseits der Leichtigkeit

In Amira Ben Saouds Debütroman geht es auch um weibliche Identität und das Gefühl des Verlorenseins.

Man ist ein wenig verleitet, das Wort „Schweben“ als ein grundsätzlich sehr positives Wort zu sehen. Es erinnert an die Wolke 7, an eine luftige Bewegung im freien Raum, an Leichtigkeit. Dabei steckt hinter diesem Wort auch der Begriff „in Schwebe sein“, was viel Unsicherheit impliziert. Ist etwas in Schwebe, ist es noch nicht abgeschlossen, noch nicht zu Ende, auch noch nicht entschieden - wie etwa bei einem schwebenden Prozess. Und ein solch offenes Spiel kann verstörend sein.

Dieses Gefühl von fehlender Sicherheit oder Identität vieler junger Menschen oder vielleicht auch einer gesamten Generation beschreibt die 35-jährige österreichische Autorin Amira Ben Saoud in ihrem ersten Roman „Schweben“. Und wie vielen Literat:innen ihrer Zeit geht es ihr verstärkt um jene Frauen, die neue Rollenbilder nicht nur vehementer einfordern, sondern auch hinterfragen, erforschen, verstehen wollen – vor allem, weil sie um die Gefahr wissen, sich in diesen vielen möglichen Rollen auch verlieren zu können.

„Oft hatte ich mir vorgestellt, wie es sich anfühlen würde, diesen Namen, den ich für immer für verloren geglaubt hatte, zurückzubekommen. Wie er mich noch in derselben Sekunde völlig verwandeln würde, zurückverwandeln in die Person, die ich eigentlich war.“

So wie die Protagonistin des Romans, die sich und ihren eigenen Namen in den Rollen, die sie spielt, scheinbar vergessen hat. „Oft hatte ich mir vorgestellt, wie es sich anfühlen würde, diesen Namen, den ich für immer für verloren geglaubt hatte, zurückzubekommen. Wie er mich noch in derselben Sekunde völlig verwandeln würde, zurückverwandeln in die Person, die ich eigentlich war. Aber außer, dass er sich genauso vertraut und richtig anfühlte wie unpassend und falsch, eröffnete er mir nichts. Er war kein Schlüssel. Und wenn er einer war, schien es an mir kein Schloss für ihn zu geben.“ 

In unserem Podcast erzählt Amira Ben Saoud aber auch, dass dieser Titel gar nicht ihre erste Wahl war. „Mimikry“ wäre es eigentlich gewesen, denn dieses Wort bedeutet die Fähigkeit, sich durch Anpassung zu schützen, so wie es manche Tiere tun, um von ihren möglichen Feinden anders wahrgenommen zu werden, als sie eigentlich sind. Ebenfalls ein sehr starkes Bild für eine Generation, für die Schutz wohl ein neues Schlüsselwort werden wird oder bereits ist. 

Wir erfahren im Gespräch zudem, wie es sich für sie anfühlt, als ehemalige Chefredakteurin des Popkulturmagazins „The Gap“ oder als Journalistin beim „Standard“ nun ihr eigenes Werk in Lesungen zu präsentieren, viel mehr Zeit und Ruhe für das Schreiben zu haben, ihr zweites Buch unter völlig anderen Bedingungen zu entwickeln und für ein neues und doch ähnliches Thema wieder zu recherchieren und zu brennen.

Unser Podcast ist ein Gespräch über die Arbeit und die Faszination des Schreibens, über wichtige Themen im Leben junger Menschen und das Schöne an Lesungen – wie jener in Lienz, in der sich Amira Ben Saoud aus mehreren Gründen besonders wohlgefühlt hat. Doch hören Sie selbst:


Der Dolomitenstadt Podcast ist ein akustisches Magazin, das die Redaktion von dolomitenstadt.at in Lienz zusammenstellt. Das Themenspektrum ist breit und beschränkt sich nicht nur auf die Region. Wir stellen spannende Projekte vor, widmen uns den Künsten und der Kunst des Lebens, schauen in Kochtöpfe und über den Tellerrand, greifen heiße Eisen an und diskutieren die Themen unserer Zeit mit Menschen, die etwas zu sagen haben. Zu finden auch auf Spotify und bei Apple Podcasts.

Silvia Ebner ist eine Erzählerin mit Leib und Seele. Ihr erstes Buch „Vom Sterben. Und Leben“ erschien im Sommer 2018 im Dolomitenstadt-Verlag und wurde gleich zum Bestseller. Die Sprachlehrerin arbeitet auch als Journalistin, Theaterautorin und Podcasterin.

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