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Wer wird Papst? Wie wäre es mit einer echten Alternative zu den alten weißen Männern der Vergangenheit? Foto: Andreas Solaro/picturedesk/AFP

Wer wird Papst? Wie wäre es mit einer echten Alternative zu den alten weißen Männern der Vergangenheit? Foto: Andreas Solaro/picturedesk/AFP

Kommt der nächste Papst aus Afrika?

Wenn es nach dem einflussreichsten Oligarchen dieser Welt ginge, käme er vom Mars!

Am 16. Oktober 1978 um 18.18 Uhr schlich ein ungläubiges Raunen durch die dicht gedrängte Menschenansammlung am Petersplatz. „Eminentissimum ac reverendissimum Dominum Carolum“, hatte Pericle Felici den frisch gewählten Papst angekündigt, den „Kardinal der Heiligen Römischen Kirche Uoitiua.“ Der Kardinalprotodiakon hatte den Namen korrekt ausgesprochen, den der heilige tirolische Volksmund später zu „Pfarrer Wojtyla“ eindeutschen sollte. „Ein Afrikaner!“, mutmaßten nicht wenige, und ich bin mir sicher, dass sie ihrer Sprachlosigkeit durch das N-Wort Ausdruck verliehen.

„Lo hanno chiamato di un paese lontano“, wandte sich, um das Geheimnis zu lüften, nun der Papst selbst an die Menge. Aus einem weit fernen Land hätten sie ihn gerufen. In Lampedusa weiß heute jedes Kind, dass Polen von Italien wesentlich weiter entfernt ist als Afrika. 1978 aber war Afrika einem Mitteleuropäer, der keine koloniale Vergangenheit vorweisen konnte, wegen seiner vielen weißen Flecken als der Schwarze Kontinent wohl vertraut. Polen brachte man bestenfalls mit der Schwarzen Madonna von Tschenstochau in Verbindung.

In den weniger als fünfzig Jahren, die seit der Wahl Johannes Paul II. vergangen sind, hat sich so ziemlich alles geändert. Spätestens beim letzten Konklave 2013 hatte bei den Buchmachern der aus Ghana stammende Kurienkardinal Peter Turkson die Nase vorn. „Fratelli e sorelle, buonasera“, begrüßte Papst Franziskus in seiner ersten Ansprache sein Publikum. „Wie ihr wisst, ist es die Aufgabe des Konklaves, Rom einen Bischof zu schenken. Es scheint, als hätten sich meine Kardinalsbrüder bis ans Ende der Welt aufgemacht, um einen herzubekommen.“ Das Entfernungskriterium hatte sich klar gegen die im selben Jahr gegründete Black Lives Matter Bewegung behauptet.

Der Papst dazwischen war kein Schwarzarbeiter aus Polen, sondern ein „einfacher, demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn.“ Und Marktl am Inn liegt möglicherweise am Arsch, doch bestimmt nicht am Ende der Welt. Aber, Hand aufs Herz: Gibt es irgendwo auf der Welt etwas, das weiter von Rom entfernt ist als die katholische Kirche in Deutschland? Böse Zungen behaupten, das sei vor Benedikt XVI. noch ganz anders gewesen, aber wenn wir das bevorstehende Konklave extrapolieren, dann kommt der nächste Papst ohnehin nicht von dieser Welt. Wenn es nach dem einflussreichsten Oligarchen von dieser Welt ginge, dann käme er nämlich vom Mars!

Offenbar war die Welt bis dato nicht reif für einen Schwarzen in der Tunica Alba, dem klerikalen Festtagsgewand. In Tirol sieht man das eher pragmatisch: Alba heißt weiß, Alaba schwarz. So wollte es der damalige Landeshauptmann. Und in Lienz? Der damalige Stadtpfarrer, der viel mit dem Rad unterwegs war, bevorzugte auffallend bunte Gewänder. Bei Nacht hätte man ihn sonst leicht übersehen. So sehr hatte man sich an ihn schon gewöhnt.

Afrikanische Kardinäle sind heute die Aushängeschilder des erzkonservativen Flügels der katholischen Kirche. Robert Sarah aus Guinea gilt als Verfechter des Tridentinischen Ritus und als strikter Gegner der von Franziskus genehmigten Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Das ist angesichts der empfindlichen Strafen, bis hin zum Tod, mit denen Homosexuelle in den meisten afrikanischen Ländern bedroht sind, plausibel, sollte aber in Zeiten, zu denen ein Papst – wenigstens in dem im Vorjahr veröffentlichten Film „Konklave“ des österreichischen Regisseurs Edward Berger – über Gebärmutter und Eierstöcke verfügen darf, kein katholischer Aufreger mehr sein.

Überhaupt sollte man den neuen Pontifex nicht nur auf seine Rechtgläubigkeit, sondern, im Hinblick auf künftige Biopics, auch auf seine schauspielerischen Qualitäten examinieren. Wie erinnerlich war Anthony Hopkins als Joseph Ratzinger in der Netflix-Produktion „Die zwei Päpste“ keine glückliche Wahl: Sie wollen als praktizierender Christ doch nicht Hannibal Lecter in Ihrem Hirn haben! Und warum nicht Halle Berry oder Viola Davies? Die wären eine echte Alternative zu den alten weißen Männern aus der Vergangenheit!

Und warum nicht gar ich? Schließlich kann jeder männliche Katholik zum Papst gewählt werden. „And the Oscar goes to…“ In wenigen Tagen werden wir es dann wissen.

Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker und Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt. Für dolomitenstadt.at verfasst er pointierte „Randnotizen“, präsentiert „Meisterwerke“, porträtiert zeitgenössische Kunstschaffende und kuratiert unsere Online-Kunstsammlung.

19 Postings

r.ingruber
vor einer Woche

Habemus Papam! Es gibt über 1,4 Mrd. Chinesen auf der Welt. Ebenso viele wie Katholiken. Das sind fast 18% der Weltbevölkerung.

Wesentlich weniger sind es auf Dolomitenstadt. Auf Dolomitenstadt nämlich kommt man nicht mit Gebet, sondern mit Geknatter ins Paradies. Halt nur ins kleine.

 
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lia
vor 2 Wochen

ein zwei päpste noch, so hat es geheißen, dann ist dieser planet geschichte. alle nicht eingetroffen, trotz nostradamus und konsorten.

 
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    r.ingruber
    vor einer Woche

    Einer Legende nach kommt Christus wieder, wenn in der Römischen Basilika S. Paolo fuori le Mura kein Platz mehr für ein weiteres Medaillon mit einem Papstportrait vorhanden ist. Als es zur Zeit Johannes Paul II. nur noch drei freie Stellen gab, wurden 25 weitere Plätze angelegt, sodass heute noch 26 Plätze zur Verfügung stehen.

     
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Bahner Bernd
vor 2 Wochen

Warum nicht Donald Trump, der sich offenbar als den eigentlich Würdigen auf dem Throne Petris sieht und der jetzt auch die katholische Ikonographie mit einem Bild von sich im päpstlichen Ornat bereichert hat. Eine Ikone, von der noch viel Wundertätiges zu erwarten ist.

 
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    r.ingruber
    vor 2 Wochen

    So bald? Vor zwei Wochen sind sie noch gegen Thron und Altar eingetreten, und jetzt möchten sie beide in einer Hand?

     
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      Bahner Bernd
      vor 2 Wochen

      Die Zeichen sind einfach zu übermächtig. Politische Disruption und neue Weltordnung verlangen einfach nach neuer Spiritualität.

       
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LaraLektora
vor 2 Wochen

Wo auch immer er herkommen mag, es ist zu hoffen, dass der nächste Papst die Werte des Propheten lebt und nicht jene der Institution(en). Das scheint bei den Kandidaten aus Afrika nicht der Fall zu sein...Das sage ich als agnostischer Mensch, denn logisch betrachtet ist es anzunehmen, dass die Wahl sehr wohl leider Einfluss auf den weiteren Verlauf von Frauenrechten, Kindergesundheit und der Behandlung sexueller Minderheiten haben wird.

 
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    Bahner Bernd
    vor 2 Wochen

    Die afrikanischen Bischöfe gründen überwiegend auf einer zutiefst konservativen, traditionellen Gesellschaft, deren christliche Religiosität weithin von Spiritualität und spirituellen Praktiken, von Mystik und mystizistischer Gottesnähe geprägt ist, zT mit Inkulturation animistischer Glaubenstraditionen. Nicht umsonst haben dort evangelikale Kirchen so lebhaften Zuspruch. Bei einem Papst aus diesem Kulturkreis habe ich weniger die Sorge , dass er einer christlichen Ethik im Sinne von Franziskus nicht gerecht wird, eher, dass das Erbe der Aufklärung auf das die moderne offene politische Gesellschaft beruht unter Druck gerät und fundamentalistische Orthodoxie an Raum gewinnt. Aber vielleicht sind meine Bedenken auch nur von Klischees bestimmt und erweisen sich letztlich als unbegründet.

     
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      r.ingruber
      vor 2 Wochen

      Die älteren stehen vielfach in der Tradition Marcel Lefebvres, Spiritaner-Missionar in Französisch Westafrika und bis zum Indigenisierungsprogramm Pius XII. Erzbischof von Dakar.

      Wie im Beitrag bereits angedeutet, ist es in einem afrikanischen Land, in dem Homosexualität von Gesetzes wegen schwer, mitunter sogar mit dem Tod bestraft wird, nicht unbedingt opportun, homosexuelle Paare zu segnen.

       
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      LaraLektora
      vor 2 Wochen

      Dem stehen europäische und amerikanische konservative Kandidaten glaube ich nichts nach, es sind schlussendlich alles wissenschaftsfeindliche (sowieso) und politikhörige Opportunisten. Beim Thema Homosexualität ist es, sowie bei anderen Themen auch, ein gedanklicher Teufelskreis. Wenn sie möchten könnten sie einiges verändern, doch sie möchten nicht, denn Machterhalt und Status quo sind wichtiger. Im Endeffekt ist es so, dass man die "heiligen" Schriften sowieso immer auslegen kann wie man möchte, es folgt darauf in jeder Religion Heuchelei.

       
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      Bahner Bernd
      vor 2 Wochen

      Ich wollte jedenfalls nicht den Eindruck erwecken, dass konservativer Dogmatismus und reaktionäre Orhodoxie ein afrikanische Spezialität wären.

       
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      Bahner Bernd
      vor einer Woche

      Was das moderne Christentum meiner Meinung nach vor anderen monotheistischen Religionen auszeichnet ? Dass bei ethischen Entscheidungen die Autonomie und die Freiheit des Willens des Gläubigen in seiner Verantwortung gegenüber Gott ( und des Gewissens ) gefordert wird. Die Ethik des Christentums ist in diesem Sinne auch vom Hellenismus, insbesondere Aristoteles und von der Aufklärung geprägt ( vor allem von Kant, auch wenn dieser selbst noch bis ins 19.Jh.am Index stand ). Große Theologen wie Benedikt XVI nahmen darauf immer wieder Bezug. Entscheidungen sollten demnach nicht als ethisch gelten, wenn sie allein auf der Prämisse von Dogmen und religiösen Ritualien beruhen. Das Papsttum sollte sich auch nicht alleine in der Vermittlung von Nächstenliebe und Demut erschöpfen, sondern ein Menschenbild artikulieren, das Freiheit des Denkens und der Selbstveranrwortung als Garant einer offenen, toleranten , im eigentlichen Sinn auch religiösen Gesellschaft sieht. In den Zeiten des zunehmenden Autoritarismus notwendiger denn je.

       
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    r.ingruber
    vor 2 Wochen

    Würde der nächste Papst die Werte des Propheten leben, müsste selbst ein Agnostiker bekennen: Dieser ist nicht Pius-, sondern Muslimbruder!

     
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      Photon 07
      vor 2 Wochen

      welche Bedeutung hat ein jüdischer Prophet bei Muslimbrüdern? im 'Alltag' trennt, deutsche Katholiken, Israeliten, Muslime und ev. Baha'i in dieser Frage, wieviel?

       
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      Photon 07
      vor einer Woche

      Ob nun Aristoteles, oder nicht doch ein wenig, viel Platon (Tria), sei's darum. nur der current state kann mit ökonomisch-mathematischer Methodik umfassender, besser 'erklärt' werden. einem Philosophen u. seinen Gedanken kann je nach timing, von publiziert, verschollen bis verbrannt, so einiges widerfahren (je nach ökonom. Umfeld der einzelnen 'Spieler').

       
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      Bahner Bernd
      vor einer Woche

      @ Photon. Reiner Utilitarismus,gesellschaftlich,ökonomisch, ist als Prinzip ethischer Entscheidungen, als Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten im allgemeinen, untauglich. Sozioökonomische Verhälntnisse sind ,Gott sei Dank, nicht in Stein gemeißelt, mathematische Modelle mögen hier zu Stabilisierung und Weiterentwicklung helfen. Erklären heißt aber nicht handeln. So ist zB das Erbe der Aufklärung ganz entscheidend für einen humanistischen Universalismus, als Grundlage liberaler Demokratien, die allerdings ständig bedrängt werden, gerade von Mächten, die ökonomische und machtpolitische Interessen (" zum Wohle der Gesellschaft") in den Vordergrund stellen. Ethisches Handeln als Ausdruck eines postulierten freien Willens ist mathematisch nicht erfassbar. Die conditio humana so nicht darstellbar. Es sei denn für einen etwas beschränkten Positvismus.

       
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      wolf_C
      vor einer Woche

      Es bleibt zu sagen: "Diese Wirtschaft tötet" !!

       
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      Photon 07
      vor einer Woche

      wolf---c, (ver)steht (am) Bahnhof, und wartet auf den Dampfzug; mit welcher {Wahrscheinlichkeit} kann er und sein Begleiter {wissen bzw hoffen} neben zwei Blondinen, Platz im Waggon zu finden. sie 'sehen', während die Physik längst 'Wahrscheinlich', sind viele 'Argumente' der Philosophie noch immer in der Mechanik des 19 Jh. gefangen.

       
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      Bahner Bernd
      vor einer Woche

      @ Photon 07. Auch mit Quantenphysik werden Fragen des Bewußtseins , der Moral , der Kreativität nicht erfasst werden können. Wer das annimmt folgt in Wirklichkeit einem materialistisch-mechanistischen Weltbild, das Sie anscheinend der Philosophie unterstellen. Um die empirisch erfassbare Welt zu verstehen sind wir immer gefordert, mit mathematischen Modellen vorzugehen, ein deus ex machina hat da keinen Platz. Was den Menschen ausmacht ist aber ohne transzendentalen Ansatz nicht zu begreifen, bzw.staunend zu erahnen. Was aber nicht heißt Tanszendenz, wie Gott , zwingend als gegeben anzusehen.

       
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