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„Dieses Gehaltssystem treibt einen Keil in Pflege.“

Ein Rekordhoch in der Pflegeausbildung reicht nicht – AK und Opposition fordern langfristige Lösungen.

4.000 Protest-Unterschriften, allesamt von Tiroler Bediensteten aus dem Gesundheitswesen, adressiert an Landeshauptmann Anton Mattle und Landesrätin Cornelia Hagele, belegen die aktuelle Unruhe in der Pflege. Es geht um die Gehaltsanpassungen, die am 1. Jänner dieses Jahres in Kraft traten und nur für Mitarbeiter:innen mit neuen Dienstverträgen gelten. Mitarbeiter:innen im „alten“ Gehaltssystem fühlen sich deshalb benachteiligt. Ein Wechsel in das neue Schema ist nicht mehr möglich.

„Diese unterschiedlichen Gehaltssysteme treiben einen Keil in die Pflege und gefährden die Versorgungssicherheit“, kritisiert AK-Präsident Erwin Zangerl in einer Aussendung anlässlich des Tages der Pflege von ÖGB und AK am heutigen 12. Mai. Ähnlich sieht das Andrea Haselwanter-Schneider. Die Parteiobfrau und Landtagsabgeordnete der Liste Fritz thematisierte die Gehaltsreform bereits im Februar im Rahmen eines Pressegesprächs. Damals sprach sie von 60 Prozent der Pflegebediensteten im BKH Lienz, die von den Maßnahmen ausgenommen seien.

„Es ist deprimierend, wenn man einem Mitarbeiter mitteilen muss, dass er im neuen System finanziell besser gestellt wäre, aber es keine Option zum Wechseln gibt und auch keine Option mehr, im alten System zu verhandeln. Das ist ein unmöglicher Zustand“, betont der AK-Präsident. Es gebe Lösungsbedarf, Vorschläge dazu würden auf dem Tisch liegen, so Zangerl, der darauf verweist, dass das Land Ende vergangener Woche Verhandlungsbereitschaft signalisiert habe.

„Hier wird mit der Versorgungssicherheit in Tirol gespielt, denn es ist der falsche Ansatz, in der Gesundheitsversorgung sparen zu wollen“, sagt Erwin Zangerl. Foto: Dolomitenstadt

Neben dem Land fordert Zangerl die Tirol Kliniken auf, Lösungen zu finden. Derzeit fallen diese aus seiner Sicht negativ auf. Seit Jahresbeginn werden laut AK bei den Tirol Kliniken Rückstufungen für Mitarbeiter:innen im Gehaltsschema NEU vorgenommen. Aus Sicht der AK Tirol ist dies rechtswidrig und wird daher auch rechtlich bekämpft. Problematisch sei zudem die aktuelle Schwerarbeitsregelung. „Die Regelung in der derzeitigen Form ist wie eine Karotte, die man jemandem vor die Nase hält und die er nie erreichen kann. Wer mit 20 Jahren in der Pflege zu arbeiten beginnt, ist ohnehin 65, bis er nach 45 Versicherungsjahren in Pension gehen kann. Diese Regelung ist keine Wertschätzung für die Pflegekräfte, sondern eine Verhöhnung“, so Zangerl.  

Um mehr Geld für die Pflege zu erzielen, erneuert Zangerl auch seine Forderung nach einer Zweckwidmung der Tabaksteuer, die für den Staat eine lukrative Einnahmequelle ist und 2024 2,14 Milliarden Euro brachte – 59 Millionen mehr als 2023. „Dieses Geld muss zweckgewidmet werden und in den Gesundheitsbereich fließen. Wenn der Steuerzahler schon dermaßen zur Kasse gebeten wird und Rauchen bekanntermaßen gesundheitsschädlich ist, dann erwarte ich mir auch, dass das Geld dorthin fließt, wo es seit Jahren dringend benötigt wird, nämlich in die Gesundheitsversorgung, in das Pflegepersonal sowie die Ausbildung. Außerdem könnte das Geld in der maroden ÖGK dafür sorgen, dass die Krankenversicherungs-Beiträge der Pensionistinnen und Pensionisten nicht angehoben werden müssen“, sagt Zangerl.

Die Pflegeberufe werden angenommen – von jungen Menschen ebenso wie von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern.

Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele

Positive Nachrichten aus dem Gesundheitsbereich verschickt die Presseabteilung des Landes Tirol: Derzeit befinden sich mehr als 2.250 Menschen in einer Pflegeausbildung – ein historischer Höchststand. „Diese Zahlen zeigen deutlich: Die Pflegeberufe werden angenommen – von jungen Menschen ebenso wie von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Uns ist bewusst, dass der derzeitige Ausbildungsrekord die aktuellen Herausforderungen im Pflegebereich nicht unmittelbar lösen kann, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Es folgen gut ausgebildete Fachkräfte, die in der Pflege mittel- und langfristig zur Verfügung stehen“, resümiert Gesundheitslandesrätin Hagele.

NEOS-Klubobfrau Birgit Obermüller kann diesem Höchststand wenig abgewinnen: „Pflegekräfte klagen weiter über unfaire und uneinheitliche Gehaltssysteme, die die tägliche Arbeit zusätzlich erschweren. Da helfen auch Jubelmeldungen über einen neuen Höchststand in der Pflegeausbildung wenig. Denn sehr viele schmeißen nach wenigen Monaten oder auch nach vielen Jahren frustriert den Pflegejob wieder hin.“ Haselwanter-Schneider hätte dahin gehend einen Vorschlag: „Wer den Personalmangel ernsthaft bekämpfen will, muss auch den tausenden ehemaligen Pflegekräften, die aus dem Beruf ausgestiegen sind, Angebote machen, um sie zurückzugewinnen.“ Was es brauche, seien „faire und einheitliche Rahmenbedingungen.“

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