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Wann bin ich perfekt? Nach welchen Maßstäben? Magersucht, Bulimie und Binge Eating als Folgen fragwürdiger Social Media Inhalte. Foto: iStock/stockbusters

Wann bin ich perfekt? Nach welchen Maßstäben? Magersucht, Bulimie und Binge Eating als Folgen fragwürdiger Social Media Inhalte. Foto: iStock/stockbusters

„Beauty Polizei“ zwingt Mäd­chen zur Selbstoptimierung

Der Druck Sozialer Medien bewirkt vor allem bei 12- bis 17-Jährigen einen starken Anstieg der Essstörungen.

Harte Daten zu Magersucht, Bulimie und Binge Eating einer landesweiten deutschen Krankenkasse beweisen den Zusammenhang zwischen Selbstoptimierungs-Zwängen, Social-Media-Plattformen und Gesundheitsproblemen. Zwischen 2019 und 2023 stieg die Häufigkeit der schwerwiegenden Essstörungen bei zwölf- bis 17-jährigen Mädchen um beinahe 50 Prozent.

Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), eine in Deutschland landesweit mit rund 1,5 Millionen Versicherten tätige Krankenversicherung, hat sich die eigenen Zahlen genau angesehen und einen mehr als beunruhigenden Trend herausgefunden: Unter den 90.300 Mädchen und Burschen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren ihrer Versicherten wurde in den vergangenen Jahren bei den jungen Frauen eine drastische Zunahme der ärztlichen Diagnosen bezüglich Magersucht, Bulimie und Binge Eating mit exzessiven Essattacken festgestellt.

Laut den Daten der deutschen Krankenkasse haben die Fälle von Magersucht, Bulimie und Binge Eating bei den zwölf- bis 17-jährigen Mädchen besonders stark zugenommen. „Vom Vor-Corona-Jahr 2019 bis 2023 von 101 auf 150 Fälle pro 10.000 Versicherte. Das entspricht einem Plus von fast 50 Prozent“, schrieb die Krankenversicherung vor wenigen Tagen.

„In einer Lebensphase, in der die eigene Identität noch nicht gefestigt und das Selbstwertgefühl oft nur schwach ausgeprägt ist, können übersteigerte Ansprüche an das eigene Aussehen zu einer großen Belastung werden. Je intensiver die Nutzung Sozialer Medien ist, desto größer ist auch das Risiko für eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und damit verbundene Essstörungen“, sagte dazu die KKH-Psychologin Franziska Klemm.

Immer wieder neue angebliche „Schönheitsmakel“

In keiner anderen Alters- und Geschlechtergruppe sei der Anstieg innerhalb des Beobachtungszeitraums derart groß gewesen. „Zum Vergleich: Bei den gleichaltrigen Burschen stagnierte die Zahl der Betroffenen im selben Zeitraum nahezu (plus etwas mehr als vier Prozent; Anm.)“, stellte die Krankenkasse fest.

Für die Psychologin sind die auf Social Media-Plattformen propagierten Bilder und Videos ein wesentlicher Faktor, welcher die Entwicklung anheizt. „In den zahllosen TikTok- und YouTube-Videos erzählen schlanke, schöne Frauen von ihrer ‚Reise zum Idealkörper‘, dokumentieren, wie sie ihre Morgen- und Abendroutinen mit gesunder Ernährung, Achtsamkeitspraktiken und viel Sport optimieren, um zur perfekten Version ihrer selbst zu werden.

Außerdem prangert die virtuelle Beauty-Polizei immer wieder neue Schönheitsmakel an - etwa zu runde, volle Gesichter (‚Cortisol Face‘) oder gar ‚übergewichtige große Zehen‘ (‚Toebesity‘)“, schrieb die deutsche Krankenversicherung.
Selbst eventuell nicht davon betroffen zu sein, bedeute keinesfalls, dass diese Phänomene unterschätzt werden sollten.

„Was für viele Menschen völlig absurd klingt, setzt vor allem pubertierende Mädchen unter Druck. Das gilt vor allem für das vermeintlich ideale Frauenbild: dünn, normschön und erfolgreich. Die dafür notwendige Selbstkasteiung befeuert das Streben nach Perfektion und vermittelt letztendlich das Gefühl, nie gut genug zu sein“, hieß es in der Aussendung.

Mädchen und junge Frauen als Opfer

Die Gesundheitspsychologin führte für die enorme Rolle der Social-Media-Szene plausible Faktoren an: „Während Stars wie Supermodels oder Hollywood-Schauspieler ohnehin unerreichbar scheinen, herrscht in Sozialen Medien eine gewisse Nahbarkeit. Das erweckt den Eindruck, als sei es durchaus möglich, denselben Lifestyle zu leben wie viele Influencerinnen.“

Besonders anfällig seien Mädchen, denn sie würden durch solche Videos nicht nur direkt angesprochen, sondern beschäftigten sich auch mehr mit sich selbst als Burschen. Sie verglichen sich viel häufiger in Sozialen Medien, spürten einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen. Die jungen Frauen seien auch empfindsamer für Kontrollverluste. Vielen Heranwachsenden sei auch gar nicht bewusst, dass das Leben auf Social Media in der Regel inszeniert und somit alles andere als alltagstauglich sei.

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