Die designierte Grünen-Bundessprecherin Leonore Gewessler hat am Samstag bei ihrem Auftritt in der Landesversammlung der Tiroler Grünen in Innsbruck zu einem Rundumschlag gegen die ÖVP/SPÖ/NEOS-Dreierkoalition ausgeholt. Die Bundesregierung sei „zukunftsvergessen“ und mit dem „Abrissbagger“ unterwegs, kritisierte Gewessler. Tirols Grünen-Landessprecher Gebi Mair wollte sich indes gegenüber der APA nicht auf eine erneute Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2027 festlegen.
Mit großem Applaus wurde Gewessler bei der 55. Landesversammlung im „Haus der Begegnung“ empfangen, zu der sich etwas weniger als 100 Mitglieder versammelt hatten. In einer Art „Sitzkreis mit Rundumbestuhlung“ lauschten diese den Worten der früheren Umweltministerin, die im Vorfeld des grünen Bundeskongresses am 29. Juni in Wien, bei dem sie sich zur Wahl stellt, durch die Bundesländer tourt.

Und die 47-jährige Steirerin sparte nicht mit heftigen Angriffen auf die Neo-Koalitionäre im Bund. „Wir erleben eine Bundesregierung, die lieber abräumt als einspart. Die mit dem Abrissbagger unterwegs ist. Wer nachhaltig lebt, ist der Dumme. Wer hingegen den Diesel laufen lässt, wird geschont. Diese Regierung ist zukunftsvergessen“, griff Gewessler in die Vollen und sah einen klima- und sozialpolitischen Kahlschlag. Die Bundeskoalition kürze „bei den Schwächsten, etwa bei der Familienbeihilfe für die Alleinerzieherinnen.“ Nicht gespart bzw. gekürzt werde hingegen in jenen Bereichen, in denen man es machen sollte: Beim Straßenbau, beim Dieselprivileg und generell bei jenen mit „breiten Schultern.“
Dann knöpfte sich die wohl künftige Grünen-Chefin und Werner Kogler-Nachfolgerin an Partei- und Klubspitze die einzelnen Regierungsparteien vor: Der frühere Grünen-Koalitionspartner ÖVP habe die vergangenen 25 Jahre den Finanzminister gestellt, übernehme aber keine Verantwortung und zeige stattdessen mit dem „Finger auf den Klimaschutz.“ SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler, der „Robin Hood der Umverteilung im Wahlkampf“, verteile nun mit seiner Partei „von unten nach oben.“ „Wo war die SPÖ in den Verhandlungen“, fragte die stellvertretende Klubobfrau. Die „Neoliberalen von den NEOS“ seien wiederum „ohnehin vorne dabei bei den Kürzungspaketen.“
„Wir haben Fehler gemacht, im Tunnel des Regierens. Wir haben manchmal ein bisschen zu wenig zugehört. Allein weil etwas in der Theorie gut ist, deshalb werden die Menschen nicht gleich mitgehen.“
Leonore Gewessler
Zu all dem müssten die Grünen quasi das Gegenprogramm sein und die „Antworten liefern auf die Fragen, die die Menschen beschäftigen“: „Die Menschen müssen sagen: ‚Ja, die Grünen, die sehen mich.‘“ Sie wolle, dass die Grünen „wieder dort hingehen, wo die Menschen sind: Im Wirtshaus, im Pendlerzug.“ Gleichzeitig räumte Gewessler auch Fehler der Vergangenheit ein: „Wir haben Fehler gemacht, im Tunnel des Regierens. Wir haben manchmal ein bisschen zu wenig zugehört. Allein weil etwas in der Theorie gut ist, deshalb werden die Menschen nicht gleich mitgehen.“
Eine Sprecher-Wahl gab es bei der Landesversammlung in Innsbruck - dort wo die Grünen in der Stadtregierung mit an Bord sind - nicht. Erst im Frühjahr 2026 steht der Landessprecher zur Wiederwahl an. Diese soll gleichzeitig auch die Entscheidung über den grünen Spitzenkandidaten bei der Tiroler Landtagswahl 2027 bedeuten, wie Landessprecher und Landtagsklubobmann Mair am Rande der Versammlung gegenüber der APA erklärte. Über eine entsprechende Statutenänderung soll am Nachmittag abgestimmt werden.
Die Frage, ob er wieder als Landessprecher kandidieren und sich damit auch um die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl bewerben will, ließ Mair offen. Zunächst stehe Inhaltliches im Vordergrund, wie etwa das Aufsetzen eines adaptierten Grundsatz- sowie Wahlprogrammes. Im kommenden Frühjahr gehe es dann um die personellen Weichenstellungen für den Urnengang 2027, so der langjährige Klubobmann und Landessprecher seit 2023.
Während Gewessler mit den Regierenden im Bund abrechnete, knöpfte sich Mair in seiner Rede die Landeskoalition aus ÖVP und SPÖ vor. Dieser fehle so ziemlich alles, übrig bleiben würden zur Hälfte der Legislaturperiode nur Causen wie das „Debakel“ rund um das Management Center Innsbruck (MCI) sowie die Zillertalbahn - das „Franz Hörl-Gedächtnisdebakel“.
Das Einzige, was die Landes-ÖVP zuletzt beschäftigt habe, sei die Vergabe des Ehrenringes des Landes an Ex-Landeshauptmann Günther Platter, die SPÖ wiederum sei damit beschäftigt, die Behindertenhilfe um 15 Prozent zu kürzen. „Es fehlen Mut, Herz und die Grünen in der Landesregierung“, wollte der Grünen-Frontmann seine Partei, die von 2013 bis 2022 mit der ÖVP regierte, am liebsten schon wieder am Ruder sehen.
6 Postings
... wie verträgt sich die Pendlererhöhung eigentlich mit der Budgetjammerei? Voll supa?
Jede(r) spricht vom "Dieselprivileg", kaum jemand überlegt, was das genau heißt! Rund 53 % vom Benzinpreis, den wir an der Tankstelle zahlen sind Steuern, bei Diesel sind es "nur" rund 49 %. Kraftstoffe gehören damit zu den am höchsten besteuerten Produkten in Österreich! Da kaum jemand glauben wird, dass bei Abschaffung des "Dieselprivileges" die Steuern auf Benzin gesenkt werden, würde nur Diesel teurer werden! Teurer Diesel = höhere Lieferkosten = steigende Preise in allen Bereichen (und wenn es nur als Argument für Preissteigerung hergenommen werden würde)! Bei der Abschaffung des Dieselprivileges wird es sein wie bei der kalten Progression! Jahrelang von jedem gefordert, dann eingeführt - und wenig später war es der größte Fehler ....
Sorry, das Dieselprivileg ist etwas anderes, Stichwort Heizöl..... Bitte bei Landwirtschaftkammer oder RGO nschfragen....
Weil etwas in der Theorie gut ist, deshalb werden die Menschen nicht gleich mitgehen. Auweh! Das Wahlvolk ist also zu dumm um die genialen Theorien der Grünen zu verstehen. Welche denn eigentlich genau? Degrowth, Deindustriealisierung oder supersozial und supertoll bei Wind und Wetter auf den nächsten Bus/Zug zu warten? Die Menschen verstehen und sehen schon recht gut, wohin diese Politik führt und wollens einfach nicht! Dieselprivileg und Strassenbau/instandhaltung ist Politik für die große Mehrheit, in diesem Land! Und bei den Gesprächen im Wirtshaus, müssens unbedingt mitfilmen. Könnten Klassiker der Unterhaltung werden! Ich gehe von einem harten Kern an Grünwählern von 5-7% aus. Ebensoviel wie meines Erachtens nach, am anderen Rand der politischen Landschaft, die FPÖ eigentlich bloß hat. Wenns nun der Dreierkoalition nicht gelingen sollte, den Höhenflug der Blauen zu bremsen, werden wohl einige bei der nächsten Wahl strategisch wählen. Da ist für die Leonore und die Grünen, durchaus wieder ein Lunacek-Moment wie 2017 drinnen! Ich kühle dann auf jeden Fall (wie damals) schon mal den Champagner!
Das Dieselprivileg ist nur eine populistische Worthülse. Der Unterschied zum Benzin liegt nur darin, daß der Ottokraftstoff noch extremer besteuert wird als der Diesel. Man könnte die Steuerlast auf Benzin reduzieren und schon ist das sogenannte Privileg verschwunden. Der weitaus größte Teil des Kraftstoffpreises wird ohnehin vom Staat kassiert und fließt in das allgemeine Budget. Die Zweckbindung der vielfältigen Steuern und Abgaben auf Mineralölprodukte wurde ja aufgehoben. Daher gibt es nur geringe Mittel für Strassenbau und Erhaltung und als Resultat für die mangelnde Instandhaltung kaufen die Autofahrer zunehmend Geländeautos. Die große Frage, die sich mit zunehmendem Bestand an Elektroautos stellen wird, ist, wie kommt der Staat später zu den fehlenden Einnahmen aus der Kraftstoffbesteuerung. Da werden viele noch ihr grünes Wunder erleben....
... dem Autoländer in seinem Autoland ist sein Asphalt heilig, wir fahren drüber mit Lust und Macht ...
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