„Ich glaube, wir alle haben schon in unserer Kindheit ein bisschen das Interesse entwickelt, anderen Menschen zu helfen“, sagt Emelie und beschreibt damit ihre schulische Laufbahn. Sie ist Schülerin an der HLPS Lienz, die im Herbst 2023 mit einer Klasse den Schulbetrieb aufgenommen hat. Die im Bundesschulzentrum in der Weidengasse angesiedelte Höhere Lehranstalt für Pflege und Sozialbetreuung bietet seitdem eine fünfjährige Ausbildung mit Matura sowie eine parallel laufende Ausbildung zum/zur Pflegefachassistenz. Nach drei Schuljahren können die Jugendlichen auch den Abschluss als Pflegeassistent:in wählen.
Die Pflegekräfte von morgen
Emelies Mitschüler:innen Elias, Emma und Emily hatten ähnliche Beweggründe und nach fast einem Jahr an der HLPS können sie beruhigt sagen: „Wir haben die richtige Wahl getroffen.“ Zu Beginn des Schuljahres bestand die Klasse aus 31 Jugendlichen. Drei von ihnen wechselten im Laufe des ersten Semesters die Schule oder ins Berufsleben. 26 Schülerinnen und zwei Schüler gehen den Weg der dualen Ausbildung weiter. „Es ist super, dass wir nach unserem Abschluss eine abgeschlossene Ausbildung und die Matura haben werden“, so Emily.

„Wir haben am Anfang auch gefragt, was die Beweggründe sind. Die meisten Antworten waren, dass man einfach gerne mit Leuten arbeitet oder vielleicht schon zu Hause Erfahrungen in der Pflege gemacht hat. Die Klasse ist schon sehr sozial eingestellt“, beschreibt Klassenvorstand Magnus Senfter die Gemeinschaft. Eine gewisse soziale Grundeinstellung sei von Vorteil, ist sich der Lehrer sicher: „Um ehrlich zu sein, für die Pflege muss man schon der entsprechende Mensch sein. Das ist kein einfacher Job.“
„Man vergisst, dass man in der Schule ist. Es ist so interessant.“
Elias, Schüler an der HLPS
Durch den Fokus auf praxisorientierten Unterricht schafft die Schule einen frühen und attraktiven Zugang zum Pflegebereich. Ob die Schüler:innen schon ein Lieblingsfach haben? Die Antwort ist eindeutig: Humanwissenschaften. Das Fach vereint mehrere Fachbereiche, die sich mit dem Menschen befassen, darunter etwa Psychologie. „Man vergisst, dass man in der Schule ist. Es ist so interessant“, betont Elias. Emelie ergänzt: „Es kann jeder eigene Erfahrungen mit der Klasse teilen und sich aktiv am Unterricht beteiligen. Oft ist es eher ein Gespräch als Unterricht.“
Theorie trifft Praxis
In Österreich darf man erst mit 17 Jahren praktische Arbeit in der Pflege, insbesondere am Krankenbett, leisten. Mit Schulbeginn an der HLPS sind der Großteil der Schüler:innen jedoch jünger. Die Ausbildung beinhaltet daher im ersten Jahr ein Praktikum im Kindergarten. Jeden Freitag bleiben die Schüler:innen in ihren Heimatgemeinden und absolvieren Stunden in der örtlichen Einrichtung. „Aus dem Kindergarten nehme ich mit, wie man mit Menschen umgeht. Vor allem, weil Kinder doch noch sehr sensibel sind, kann man da viel für später lernen", ist sich Emelie sicher. Das zweite Praktikum dürfen sie schon in Pflegeheimen oder Tagesstätten absolvieren. Anders wird, dass es geblockt im Juni stattfindet.
Dennoch erhalten die Schüler:innen gleich zu Beginn einen Einblick in die Branche. „Die Theorie ist verständlich aufgebaut und auch die fachpraktischen Seminare sind aufschlussreich“, erklärt Emma. Einmal im Monat geht es für einen Nachmittag im Institut für Gesundheitsbildung (Igb) in Lienz in die Tiefe. Bisherige Themen waren unter anderem Suchtprävention, Pflegealltag und -berufe sowie zuletzt Kinderkrankenpflege.

Während in der ersten Klasse der Theorieanteil überwiegt, kommen pro Schuljahr mehr und mehr Praxiseinheiten und pflegespezifische Fächer hinzu. In der zweiten Klasse sind die Schüler:innen demnach öfter am Igb. Wöchentlich verbringen sie einen ganzen Tag am Institut nahe dem Bezirkskrankenhaus. Pro Schuljahr erhöhen sich die Stunden am Igb, bis die Jugendlichen in der fünften Klasse größtenteils dort unterrichtet werden.
1. Klasse: 35 Stunden gesamt = 28 Theoriestunden an der HLPS, 2 Stunden am Igb
2. Klasse: 38 Stunden gesamt = 25 Theorie, 9 Igb
3. Klasse: 37 Stunden gesamt = 21 Theorie, 12 Igb
4. Klasse: 38 Stunden gesamt = 16 Theorie, 16 Igb
5. Klasse: 37 Stunden gesamt = 14 Theorie, 17 Igb
Die übrigen Stunden entfallen auf das Praktikum. Hier die gesamte Stundentafel.
Mit Herz und Kompetenz
Mit dem „langsamen und schaffbaren Einstieg in den umfassenden Pflegebereich“, wie Landesrätin Hagele den neuen Schultyp bei der Vorstellung im November 2023 in Lienz bezeichnete, wird auf die steigende Nachfrage nach qualifizierten Pflegekräften reagiert. In Tirol wird diese Ausbildungsform insgesamt zweimal angeboten. Die HLpflege, die in der HLWest in Innsbruck angesiedelt ist, nahm ihren Betrieb ein Jahr zuvor auf. In Lienz konnte man daher auf erste Erfahrungsberichte aus der Hauptstadt zurückgreifen.
Nach dem ersten Jahr HLPS in Lienz freut sich Direktor Gerald Kolbitsch nun über einen reibungslosen Ablauf. Die Kooperation mit dem IGB bezeichnet er als „perfekt“. Egal, ob es um die Organisation von Praktikumsplätzen oder die Bereitstellung von Räumlichkeiten geht – die Zusammenarbeit mit Institutsleiterin Manuela Girstmair sei geprägt von Teamwork und Kompetenz. Die Zufriedenheit spannt einen Bogen von der Direktion über den Klassenvorstand bis zu den Schüler:innen. Sie sind es, die durch Mundpropaganda die Schule immer bekannter machen. Das spiegelt sich in den Anmeldungen wider. Im Herbst dieses Jahres startet die zweite erste Klasse mit 22 Schüler:innen.
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