Anfang des Jahres 2015 herrschte große politische Aufregung im Iseltal. Die ÖVP mit Günther Platter und Josef Geisler an der Spitze schwenkte nach jahrelanger, teilweise polemisch geführter Diskussion auf die Linie der damals mitregierenden Grünen ein und machte den Weg frei für die Nominierung der Isel als Natura 2000 Gebiet.
Insidern zufolge liefen bis kurz vor der entscheidenden Regierungssitzung die Telefone heiß. Einige Iseltaler Bürgermeister, allen voran Dietmar Ruggenthaler (Virgen) und Andreas Köll (Matrei) wollten am 2. Februar 2015 noch einmal in Innsbruck vorsprechen, um die von der EU vorgeschriebene Naturschutzmaßnahme zu verhindern. Das Treffen fand nicht statt. Die Würfel waren gefallen, nicht ohne den Iseltalern ein Geldgeschenk zur Abmilderung ihres Zorns zu versprechen: Zehn Millionen Euro in Tranchen zu je einer Million pro Jahr.
Zehn Jahre später ist Dietmar Ruggenthaler immer noch Bürgermeister von Virgen und seit geraumer Zeit auch in einer anderen Funktion tätig: Er ist der Obmann des Osttiroler Regionsmanagements. Und genau diese Einrichtung erhielt vor zehn Jahren die Aufgabe, die Millionen zu dosieren und gemeinsam mit der Bezirkshauptmannschaft Osttirol über ein eigenes Gremium zu verteilen. Mittlerweile ist das regionalwirtschaftliche Förderprogramm Natura 2000 ausgelaufen. Der Geldfluss wird dennoch nicht versiegen. Im Gegenteil.
Im Rahmen eines Mediengesprächs mit Ruggenthaler und Markus Stotter, Bürgermeister von Oberlienz, Planungsverbandsobmann und ÖVP-Bundesrat, stellte Landeshauptmann Anton Mattle die Fortsetzung dieses Programms vor. Die gute Nachricht: Statt zehn Millionen Euro gibt es nun 20, also zwei Millionen pro Jahr ab 2026 für ein Jahrzehnt.
Wieder wird das Regionsmanagement als Organisation die Förderansuchen prüfen und auch Projekte entwickeln, wie man das Geld einsetzen könnte. Im zuständigen Entscheidungsgremium werden aber zwei neue Gesichter zu finden sein. Neben Stotter, der Obmann des Planungsverbands Lienzer Talboden ist, auch Matthias Scherer, Bürgermeister von Obertilliach und Obmann des Oberländer Planungsverbandes.
Die Verdoppelung der Summe geht nämlich mit einer Ausweitung der Streuung einher. Geld bekommen künftig nicht mehr nur Iseltaler Förderwerber, sondern auch solche aus dem Pustertal und dem Lienzer Becken. Gleich bleibt laut Mattle die Stoßrichtung: Gefördert wird die kleinteilige Wirtschaft, von Tourismus bis Handwerk und Gewerbe. Ökologische Komponente hatte die Natura 2000 „Entschädigung“ schon bisher keine, auch daran wird sich nichts ändern.
Dietmar Ruggenthaler konnte sich beim Pressegespräch nicht verkneifen, ein Projekt zu erwähnen, das er und sein damaliger Prägratner Amtskollege Anton Steiner gegen massiven Widerstand außerhalb dieser beiden Dörfer voranzutreiben versuchte. Man wollte ab 2011 gemeinsam mit der Projektgesellschaft INFRA rund 70 Prozent des Iselwassers oberhalb von Prägraten ausleiten und 13 Kilometer in einem Stollen bis nach Matrei Seblas führen. 140 Millionen Euro hätte dieses Kraftwerk gekostet, von dem man sich im hinteren Iseltal Milch und Honig versprach.
Ruggenthaler beim Mediengespräch mit Blick in die Vergangenheit: „Hätten wir das Kraftwerk bekommen, hätte es diese Förderung nicht gebraucht.“ Allerdings scheiterte das Projekt nicht nur am Naturschutz, sondern vor allem an großen Zweifeln an seiner Wirtschaftlichkeit.
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