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Peter Kaiser gibt den Stab weiter und zieht Bilanz

Der Kärntner Landeshauptmann ist bald nicht mehr Parteivorsitzender. Die Nachfolgefrage bleibt offen.

Der 20. September wird Peter Kaisers letzter Tag als Kärntner SPÖ-Landesparteivorsitzender sein. Dann wählt der Parteitag einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Das Rennen ist noch ebenso offen, wie die Frage, wann Kaiser als Landeshauptmann abtritt. Im APA-Sommerinterview zieht er Bilanz über seine Zeit als Parteichef und Landeshauptmann, blickt auf die Folgen des Terroranschlags von Villach und teilt seine Sicht auf die Arbeit der Bundesregierung.

„Ich glaube, dass ich die SPÖ in ruhige Fahrwasser gebracht habe.“

„Ich glaube, dass ich die SPÖ in ruhige Fahrwasser gebracht habe“, sagt der 66-Jährige über seine mehr als 15 Jahre als Kärntner Landesparteivorsitzender. Nun sei der richtige Zeitpunkt, „das, was eigentlich das Wesentlichste im politischen Geschehen ist, den Parteivorsitz, weiterzugeben“. Wie lang er selbst noch Landeshauptmann bleibt, will Kaiser seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger entscheiden lassen. „Unter den sehr vielen geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten wird der Parteitag eine Entscheidung treffen. Und dann folgt die Entscheidung, wann man welche Schritte wie setzen möchte.“

Erbfolge ungeklärt

Dass die SPÖ nach außen hin ein offenes Rennen um die Kaiser-Nachfolge zulässt, sorgt bei Beobachtern für Fragezeichen. „Ich glaube, dass wir das sehr gut geplant haben“, meint Kaiser dazu. „Ich habe in einem erweiterten Parteivorstand meine Überlegungen mitgeteilt, darüber wurde sehr ausführlich diskutiert und es haben sich dann alle meinen Überlegungen angeschlossen.“

Ziel sei, „dass die SPÖ auch nach dem Vorsitz von Peter Kaiser eine positive, bestimmende Rolle in diesem Land führt. Und dass als erster Schritt dafür jedenfalls der Parteivorsitz in andere Hände übergehen wird“. Diese Entscheidung „ist eine, dass (…) dort, wo die Entscheidungen fallen, nämlich am Parteitag, diese auch getroffen wird, und ich keines unserer Mitglieder und Delegierten durch einen Parteivorstandsbeschluss präjudiziere.“ Bis 29. August können Kandidaturen eingebracht werden, schriftlich liege bis dato nichts vor.

„Ich habe 2010 selber zwei Mitbewerber gehabt, als ich gewählt wurde. Wir sind eine demokratische Partei.“

Eine Kampfabstimmung will man nicht verhindern? Kaiser: „Ich habe 2010 selber zwei Mitbewerber gehabt, als ich gewählt wurde. Wir sind eine demokratische Partei. Wir heißen ja nicht nur so, sondern wir leben es auch und daher mache ich keine Präjudiz, um zu sagen: Nein, wir brauchen nur einen. Es soll jeder und jede diese Entscheidung treffen können.“

Als Kronprinz öffentlich in Stellung gebracht hat sich bisher nur Daniel Fellner. Kaiser: „Daniel Fellner ist jemand, den ich bereits einmal ausgesucht habe. Nämlich als Landesgeschäftsführer der SPÖ.“ Diesen zeichne „ein sehr eigener Stil, eine gewinnende Persönlichkeit“ aus. Den Landesgeschäftsführer, die Kommunalpolitik und jetzt den Job als Landesrat habe Fellner „in sehr umfassenden Referaten sehr gut gemacht“.

Ein anderer Name, der öfter fällt, ist jener von SPÖ-Klubobmanns Philip Kucher. „Er hat in seinen verschiedensten Mandatsfunktionen, zuerst als Gemeinderat, dann als Nationalratsabgeordneter Kärnten, sehr, sehr gut vertreten“, so Kaiser. Nachsatz: „Und ich glaube, er ist auch eine der Trumpfkarten der SPÖ, insgesamt auf Bundesebene. Er macht seine Klubfunktion aus meiner Sicht sehr gut.“

Krise abgewendet – doch die Schulden steigen

So richtig Bilanz ziehen über seine Zeit als Landeshauptmann will Kaiser zwar noch nicht, sagt er, aber: „Es ist uns gelungen, Kärnten vor dem drohenden Abgrund eines Finanzdesasters übelster Art bewahren zu können“, eine Anspielung auf das Ende der Hypo/Heta-Krise im Jahr 2016 an.

In der Beschäftigtenstatistik sei es gelungen, „die Gesamtsituation zu verbessern“, die Abwanderung habe man „mit kleinsten Steigerungen konterkarieren“ können - außerdem gebe es „den Aspekt der Nachhaltigkeit als ein Regierungsprinzip“, beitragsfreie Kinderbetreuung und die Aufwertung des Konservatoriums als Gustav Mahler-Privatuniversität für Musik. Wesentlich verbessert hätten sich auch die nachbarschaftlichen Beziehungen, „auch aufbauend auf die von meinem Vorgänger mit eingeleitete Ortstafellösung mit Hilfe des Bundes“.

„Man stelle sich vor, das Land, der Staat, alle würden auf einmal nur mehr schauen, es muss überall eine schwarze Null sein. Dann haben wir gesellschaftlichen Stillstand, haben eine soziale Misere, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.“

Nach wie vor hat Kärnten mit hohen, steigenden Schulden zu kämpfen. Vor wenigen Tagen berechnete der Landesrechnungshof, dass das Bundesland, auch wenn nichts mehr investiert würde, 300 Jahren zurückzahlen müsse, um schuldenfrei zu werden. „Das sind fiktive Berechnungen, die ja in einer Volkswirtschaft so nicht funktionieren“, meint Kaiser da lapidar, „man stelle sich vor, das Land, der Staat, alle würden auf einmal nur mehr schauen, es muss überall eine schwarze Null sein. Dann haben wir gesellschaftlichen Stillstand, haben eine soziale Misere, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.“

Man habe im vergangenen Jahr begonnen gegenzusteuern, das zeige sich schon im Rechnungsabschluss. Die Inflation sei „nicht von uns ausgelöst“ worden, sie sei „eigentlich auf Bundesseite nicht nachhaltig, im Unterschied zu anderen europäischen Staaten, bekämpft“ worden.

Ist Kaiser Reformen zu zögerlich angegangen? „Nein, ich habe gesagt, was wir tun, ist, intelligent zu sparen. Nicht mit der Holzhammermethode, wie das oft gefordert wird.“ Man habe „ein mittelfristiges Ziel ausgegeben, pro Jahr ein Prozent den Personalstand zu reduzieren, gleichzeitig eine eigene Digitalisierungsstrategie umzusetzen, die wiederum Kräfte für neue Aufgaben freimachen soll. All das ist im Laufen“.

Die Folgen des Terrors

Einer der schlimmsten Momente in der Amtszeit Kaisers war wohl der Terroranschlag in Villach im Februar. „Die Vorstellung, dass das, was man leider allzu oft im Fernsehen woanders gesehen hat, dass so etwas bei uns auch passieren kann, die hat quasi nicht existiert. Es ist aber eingetreten.“

Man habe Maßnahmen getroffen, „die dem Staat die Möglichkeit geben, staatsgefährdenden Entwicklungen mit besseren Werkzeugen entgegenzutreten“, wie etwa mit Kontrollen von Messenger-Diensten: „Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass Menschen innerhalb von vier Monaten so radikalisiert werden über das Internet und Influencer, dass sie zu Mördern werden.“

In den kommenden Wochen soll der Kärntner Integrationsvertrag präsentiert werden, „eine Vereinbarung zwischen Asylwerbenden, die unserem Bundesland zugewiesen werden, und dem Land Kärnten“. Vom ersten Tag an werden Integrationsmöglichkeiten angeboten, „insbesondere zum Erlernen der Sprache“. Es gehe aber auch um „Teilhabetätigkeiten“, wie gemeinnützige Arbeit, „sodass die Wartezeiten auf Entscheidungen durch sinnvollere Tätigkeiten kompensiert werden und zumindest, egal wie ein Verfahren ausgeht, Sprachkenntnisse, kulturelle Kenntnisse und die Möglichkeiten sinnvoller Beschäftigung angeboten werden“.

Auch mit Sanktionsmaßnahmen: „Das Ganze ist eine Vereinbarung, bei der man empfängt und gibt. Wo man Rechte und Pflichten hat. Und wir werden das sehr ernst nehmen, aber auch vermitteln, dass das eine wirkliche Chance ist, dass man, wenn man als Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention zu uns kommt, auch für das neue Heimatland etwas zu tun hat.“

Arbeit im Bund erinnert an Kärnten

Der aktuellen Bundesregierung bescheinigt Kaiser eine „weitaus bessere Performance, Präsenz und Arbeit, als man es ihr zu Beginn wahrscheinlich zugetraut hat“. Und das als Dreierkoalition: „Ich denke, dass es eine sehr geschlossene, homogene und den Peter Kaiser manchmal auch an Kärnten erinnernde Arbeitsatmosphäre ist.“ Er mache das fest an „einer gewissen Ruhe. Einem Respekt gegenüber politisch auch Andersdenkenden. Und einer ganz einfachen Maxime, der ich immer versuche zu folgen: Sagen, was man tut und tun, was man sagt.“

Auch wenn es um die Themen Erbschafts- und Vermögensteuer ruhig geworden ist, erkennt Kaiser trotzdem die Handschrift der SPÖ in der Regierungsarbeit: „Beispielsweise beim neuen Energiegesetz, dass es endlich einmal auch einen niedrigen Stromtarif für die Personen mit Mindestbezügen gibt, das ist eine zutiefst sozialdemokratische, von mir schon lange geforderte gesetzliche Umsetzung.“ Die SPÖ sei mit ihren Inhalten in der Regierung „deutlich an erster Stelle“.


Das Gespräch führte Peter Lindner/APA

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