Die Landwirtschaftskammer informiert im Rahmen von Presseterminen jährlich über die Land- und Forstwirtschaft in den Bezirken. Am 17. Juli fanden sich der Osttiroler Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, die Tiroler Kammerspitze und die Lienzer Bezirksvertreter bei Familie Stocker auf ihrem Hof „Maliker“ in Assling ein.
Der Fokus des Gesprächs lag auf dem Vorschlag der Europäischen Kommission für einen mehrjährigen Finanzrahmen. Für den Zeitraum 2028 bis 2034 sieht der Entwurf eine fundamentale Änderung des EU-Haushalts vor. Die bisher eigenständig finanzierten Politikbereiche Agrarpolitik, Regionalpolitik, Migration und Sicherheit sollen zu einem neuen Fonds zusammengeführt werden. Dieser Fonds soll in einem einzigen Nationalen Plan verwaltet werden. Minister Totschnig sieht darin eine zentrale Gefahr für die österreichische Landwirtschaft.

Bisher wird die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU durch eine 2-Säulen-Struktur finanziert. Im Zuge der ersten Säule erhalten Bäuer:innen Direktzahlungen je nach Größe der bewirtschafteten Fläche. Die zweite Säule bringt den Bäuer:innen Zahlungen für erbrachte Leistungen im Bereich Umwelt und Biodiversität, sie soll laut dem neuen Kommissionsvorschlag nicht fortgeführt werden.
Dabei ist vor allem diese Säule der „ländlichen Entwicklung“ für die heimischen Landwirtschaften wichtig. Totschnig unterstrich: „Unsere Landwirtschaft stellt die regionale Versorgung mit Lebensmitteln aus heimischer Produktion sicher und macht uns gegenüber Importen unabhängiger. Das Auflösen der zweiten Säule darf keinesfalls dazu führen, dass die faktischen Mittel gekürzt werden. Unsere Landwirtschaft benötigt Planungssicherheit für langfristige Investitionen. Ich kämpfe daher dafür, dass unsere Bäuerinnen und Bauern auch weiterhin finanzielle Planbarkeit bekommen. Das Gebot der Stunde lautet, ausreichend Mittel für Direktzahlungen und ländliche Entwicklung.“
„Das Gebot der Stunde lautet, ausreichend Mittel für Direktzahlungen und ländliche Entwicklung.“
Norbert Totschnig
Tirols Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger betonte, dass der EU-Beitritt Österreichs zur Stabilisierung im ländlichen Raum geführt habe. Er blickte auf die vergangenen drei Jahrzehnte zurück: „Die Landwirtschaftspolitik hat sich mit dem EU-Beitritt radikal verändert. Das System der Gemeinsamen Agrarpolitik wurde vor mittlerweile 30 Jahren mit dem Ziel initiiert, leistbare Lebensmittel in ausreichender Qualität und Menge für die Bevölkerung bereit zu stellen.“

Die EU-Rahmenbedingungen sind in Österreich im sogenannten ÖPUL (Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft) heruntergebrochen. Darin enthalten sind Maßnahmen für die Förderung von ressourcenschonender Produktion. Die Bäuerinnen und Bauern können entscheiden, für welche Maßnahmen sie sich verpflichten und bekommen dafür Leistungsabgeltungen. „In Tirol nehmen 91 Prozent aller Betriebe an diesem Umweltprogramm teil“, betonte Hechenberger. Er möchte sich für die Absicherung der Betriebe einsetzen, ihnen Planungssicherheit bieten sowie Konkurrenzdruck und ständig neue Auflagen ersparen.
Vizepräsidentin und Landesbäuerin Helga Brunschmidt verwies auf verschiedene Prozesse, die bereits zur Vorbereitung auf die nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik laufen. Auf Landesebene wurde ein Austausch gestartet, um die wichtigsten Themen für Bäuer:innen herauszufiltern und konkrete Maßnahmen in Umsetzung zu bringen. Zentral sei unter anderem die Reduktion der Bürokratisierung.
Die Tiroler Bäuerinnen setzen sich seit vielen Jahren für die Stärkung der Rolle der Frauen auf Höfen ein. Im Bezirk Lienz werden Frauen durch das Projekt „Building bridges“ vom Regionsmanagement Osttirol für ihre Rechte sensibilisiert. „Das Mentoring-Projekt zielt darauf ab, sich länderübergreifend zu vernetzen und voneinander zu lernen, dazu werden unterschiedliche Seminare angeboten. Mentorinnen zu verschiedenen Themen stehen dabei als kompetente Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. Osttirol bildet gemeinsam mit Südtirol und Belluno die Projektregion. Wir sind gerne bei solchen Initiativen dabei, denn ich bin davon überzeugt, dass alle Initiativen zur Stärkung der Rechte von Frauen wichtig sind“, erklärte Bezirksbäuerin Karin Huber.

LK-Bezirksobmann Konrad Kreuzer gab einen Überblick über die aktuelle Anbausaison und lieferte einige Zahlen in der Landwirtschaft im Bezirk Lienz: „Aktuell sind wir witterungstechnisch sehr zufrieden. Wir hatten genug Niederschlag und bis dato keine größeren Schadereignisse. Daher sind momentan die Ertragserwartungen gut. Auch die Absatzkanäle laufen zufriedenstellend. Wir haben 1.509 Betriebe im Bezirk, davon sind 285 Biobetriebe. Bewirtschaftet werden 36.891 Hektar, inklusive Almen. Davon sind 11. 000 Hektar Grünland, 1.284 Hektar Acker sowie 24 Hektar Obstbau. Wir haben rund 21.526 Rinder, 1.300 Schweine, 22.400 Stück Geflügel, 790 Pferde, Ponys und Esel, 22.000 Schafe und 3.100 Ziegen.“
Bei aller Vielfalt sei vor allem die Schafhaltung für den Bezirk wichtig. Für deren Erhalt brauche es weitere Signale in Sachen Großraubtiere, wie Kreuzer ergänzte: „Unsere Almwirtschaft ist unverzichtbar – nicht nur für die Landwirtschaft, auch für den Tourismus. Daher braucht es weitere Maßnahmen, um langfristig eine ganzjährige Bejagung von Wölfen zu erreichen.“


Selina und Markus Stocker leben auf ihrem Betrieb „Maliker“ mit ihren drei Kindern Ida, Franz und Veit. 2022 hat Selina Stocker den Hof übernommen, 2023 wurde der Hof mit einer Straße erschlossen und der Stall neu gebaut. Aktuell werden 16 Kühe plus Nachzucht gehalten, die Milch wird an die Berglandmilch geliefert. In einem Betriebsverbund mit dem Hof von Ehemann Markus Stocker, wo 60 Mutterschafe gehalten und die Lämmer über die RGO vermarktet werden, bewirtschaftet Familie Stocker 16 Hektar Grünland, einen Hektar Silomais und 30 Hektar Wald.
Zusätzlich beweiden die Schafe zwölf Hektar Hutweide auf einer gepachteten Alm. Neben der Viehhaltung betreibt Markus Stocker mit seinem Schwager Michael Marx ein Dienstleistungsunternehmen. Neben Holzschlägerungs- und Bringungsarbeiten bieten sie beispielsweise Schneeräumung an. Außerdem ist Markus Stocker Obmann der Agrargemeinschaft sowie des E-Werkes Assling.
Damit alle Rädchen ineinandergreifen, war vor allem die Erschließung ein Meilenstein, wie Markus Stocker schilderte: „Die zwei Betriebe gehen Hand in Hand. Wir haben viele Steilflächen, die einmal von den Schafen abgeweidet und einmal gemäht werden. Die ebeneren Flächen sind mehrschnittig. Diese abgestufte Grünlandwirtschaft macht Sinn und geht eben nur im Betriebsverbund. Damit das aber möglich ist, war die Hoferschließung ein unverzichtbarer Meilenstein. Beispielsweise musste die Milch vorher an eine Sammelstelle gebracht werden, jetzt wird sie direkt am Hof geholt. Da bedanken wir uns auch nochmals bei allen Zuständigen der Gemeinde Assling und der Agrar Lienz sowie allen Baufirmen für die gute Zusammenarbeit!“
3 Postings
Stirbt der Bauer, stirbt das Land. Das ist meine Antwort.
Du meinst also: ohne Bauernförderung stirbt das Land?
Bauernladen.at meint, dass zwischen 2019 und 2023 täglich neun Bauernhöfe zugesperrt haben. In Tirol waren es 910, in Salzburg 580 und in Kärnten 1.200. In Gesamtösterreich gibts um 10.000 Betriebe weniger. Gleichzeitig ist die Produktion gestiegen. Es gab also eine Verschiebung von der Kleinstrukturierung zu größeren Landwirtschaften, es wird rationalisiert.
"Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe nimmt in allen Bundesländern ab, den stärksten Rückgang verzeichnet die Steiermark. Gründe dafür sind unter anderem mangelnde Rentabilität, der Strukturwandel mit Trend zur Betriebsvergrößerung und Probleme bei der Hofnachfolge", meint der Gründer von "Landschafft leben" Hannes Royer. "Man kann ein zeitlich bedingtes Landschaftsbild mit noch so viel Förderungen nicht erhalten" meinte ein Bergbauer aus dem Iseltal schon vor 40 Jahren (OB).
Er hatte recht, es wird sich immer wieder alles ändern, die Kreislerwirtschaft in den Dörfern gibts längst nicht mehr, der Hufschmied, der Landmaschinenbauer, die Trafikantin, der Taxler, der Schuhmacher, Schneider und sogar die meisten Tischler haben längst aufgegeben. Die unbändige Mobilität scheint längst auf Raubzug der ländlichen Kulturen zu sein. Und alle machen mit, lieber Joachim, das ist leider unser aller Problem!
Welche Direktzahlungen erhalten eigentlich Arbeiter und Angestellte von der EU? Wenn ich mir die Fuhrparks unserer Landwirte so ansehe, stelle ich mir Fragen über Fragen.
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