In diesem Dolomitenstadt-Podcast sprechen Alex Schmidbauer und Ramanie Ramalingam von der Beratungsstelle Courage über die Notwendigkeit, die eigene Identität leben zu dürfen.

Alex wurde mit weiblichen körperlichen Merkmalen geboren und alle hielten ihn für ein Mädchen. Er spielte aber schon immer lieber mit Buben im Wald und zog nur ungern Kleider an. Auf die unbeschwerte Kindheit in dörflicher Umgebung in Südtirol folgte die schwere Krise in der Pubertät. Der Körper begann sich zu verändern und Alex begann ihn zu verachten. „Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was ist denn falsch mit mir? Warum fühle ich mich so schlecht dabei?“
Die Folgen waren schwere Magersucht, Depressionen und ein langer Leidensweg. Gemeinsam mit achtsamen Therapeut:innen wurde der Zusammenhang zwischen der psychischen Belastung und der nicht übereinstimmenden Geschlechtsidentität klar. Alex wusste damals nicht einmal genau, was „Transgender“ überhaupt bedeutet.
„Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was ist denn falsch mit mir? Warum fühle ich mich so schlecht dabei?“
Transgender oder Transgeschlechtlichkeit bedeutet, dass ein Mensch mit körperlichen Merkmalen geboren wird, die eindeutig männlich oder weiblich sind, sich aber nicht mit dem ihm zugewiesenen Geschlecht identifiziert. Die Geschlechtsidentität ist ein inneres Zugehörigkeitsempfinden und nicht an körperliche Merkmale gebunden.
Intersexualität bedeutet im Gegensatz dazu, dass ein Mensch mit körperlichen Merkmalen geboren wird, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.
Geschlechtervielfalt und transgeschlechtliche Identitäten sind keineswegs neue Phänomene, sondern existieren seit jeher in unzähligen traditionell geprägten Kulturen weltweit. Sie wurden jedoch durch Kolonialisierung häufig unterdrückt, ausgelöscht und sind deshalb heute oft nur noch wenig sichtbar.
Es gibt Menschen, die befürchten, Transgeschlechtlichkeit sei lediglich ein Modetrend, dass das Sichtbarwerden verschiedener Geschlechtsidentitäten Kinder verwirre und ihrer Entwicklung schade. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Eine offene und vielfältige Umgebung hilft Kindern ihre eigene Identität ohne Angst und Scham zu erkunden und lehrt, dass jeder Mensch einzigartig und wertvoll ist.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist die sogenannte „Konversionstherapie“ in Österreich noch nicht verboten. Ihr Ziel ist es, die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität eines Menschen zu verändern, sodass diese Person nicht mehr lesbisch, schwul oder trans ist.
Besonders religiös-konservative und ideologisch geprägte Gruppen befürworten Konversionstherapien nach wie vor – trotz nachweislicher Unwirksamkeit, fachlich belegter Risiken und erwiesener psychischer Schäden.
Ramanie Ramalingam möchte für diese Methoden nicht das Wort „Therapie“ missbrauchen. Sie leitet die Beratungsstelle Courage in Innsbruck, die professionelle Unterstützung für Fragen zur Sexualität und Geschlechtsidentität bietet. Seit über zwanzig Jahren begleitet sie Menschen, unterstützt beim Coming-out und beim langen, oft schwierigen Prozess der geschlechtlichen Angleichung – der Transition.
In unserem Podcastgespräch reden wir auch über gendernonkonforme Kinder und über Menschen, die erst in der Lebensmitte den Mut finden, sich ihrer wahren Identität zu stellen. Auch wenn mehr Menschen trans sind, als viele vermuten, betrifft es doch eine kleine Personengruppe innerhalb der Gesamtbevölkerung.
„Ich finde es völlig an der Sache vorbei, diese Jugendlichen zu instrumentalisieren und dafür verantwortlich zu machen, dass es unter Umständen, so wird es manchmal dargestellt, mit der Gesellschaft bergab geht,“ sagt Ramanie.
Alex hat mit uns im Dolomitenstadt-Podcast zutiefst Persönliches geteilt. Ihm war es sogar ein echtes Anliegen, offen über das Thema Transgender zu reden. Er will aufzeigen, wie wichtig es ist, dass alle Menschen ihre wahre Identität leben können, anstatt an den Erwartungen der Gesellschaft zu zerbrechen.
„Ich möchte einfach aufklären und sagen: Hey, das ist vollkommen normal, jeder Mensch ist anders.“ Aus der vermeintlichen jungen Frau, die an schwerer Magersucht und Depressionen litt, wurde schließlich der selbstbewusste, lebensfrohe Alex. Eigentlich wurde er nur, was er immer schon war: ein Mann.
COURAGE*Innsbruck
Partner:innen, Familien- und Sexualberatungsstelle
Information und telefonische Voranmeldung: Montag bis Donnerstag, 9.00 bis 15.00 Uhr
Tel.: 0699/166 166 63
Der Dolomitenstadt Podcast ist ein akustisches Magazin, das die Redaktion von dolomitenstadt.at in Lienz zusammenstellt. Das Themenspektrum ist breit und beschränkt sich nicht nur auf die Region. Wir stellen spannende Projekte vor, widmen uns den Künsten und der Kunst des Lebens, schauen in Kochtöpfe und über den Tellerrand, greifen heiße Eisen an und diskutieren die Themen unserer Zeit mit Menschen, die etwas zu sagen haben. Zu finden auch auf Spotify und bei Apple Podcasts.
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