Anlässlich der anhaltenden öffentlichen Debatte über den Umgang mit dem Wolf hat der WWF Österreich einen Faktencheck veröffentlicht. Ziel sei es, „die häufigsten irreführenden und falschen Behauptungen aus Politik und Interessenvertretungen richtigzustellen und eine faktenbasierte Debatte zu unterstützen“, erklärt die Umweltorganisation.
„Statt Ängste zu schüren und die sinnlose Abschuss-Politik zu intensivieren, müssen die Bundesländer endlich wissenschaftlich gedeckte Lösungen verfolgen. Das heißt: fundiertes Monitoring und Herdenschutz, der an die jeweiligen Bedingungen in der Region angepasst wird“, sagt WWF-Experte Christian Pichler. Der WWF fordert einmal mehr eine Herdenschutz-Offensive, die Weidetierhalter:innen bei der Anstellung von Hirt:innen, dem Ankauf von Herdenschutzhunden und Elektrozäunen unterstützt. Außerdem wird eine bessere Dokumentation und Überwachung des Wolfsbestandes in Österreich gefordert.
Trotz der Entscheidung, den Schutzstatus des Wolfs in der FFH-Richtlinie zu lockern, bleibe die rechtliche Vorgabe bestehen, dass der Erhaltungszustand der Art günstig sein müsse, betont der WWF. Davon sei Österreich mit derzeit neun Rudeln weit entfernt. Eine reguläre Bejagung des Wolfs sei daher weiterhin ausgeschlossen, was auch der Europäische Gerichtshof im Juli 2024 ausdrücklich bestätigt habe. Die angekündigten Lockerungen in der Abschuss-Politik der Bundesländer verstößt aus Sicht der NGO daher gegen die bestehenden rechtlichen Vorgaben.
Abschüsse sind die häufigste Todesursache für Wölfe in Österreich. Hierzulande wurden im Vorjahr 13 Wölfe aufgrund von Verordnungen durch Behörden geschossen. In Deutschland waren es im selben Jahr klaut WWF nur zwei Tiere und das obwohl dort mit 209 Rudeln und 46 Paaren rund 30-mal mehr Wölfe mit fixem Revier leben.
Hier die Liste der häufigsten Einwände gegen den Wolf und die Gegenargumente des WWF (jeweiligen Punkt anklicken):
„Herdenschutz ist in alpinen Regionen unmöglich.“ Falsch oder richtig?
Richtig ist laut WWF: Herdenschutz ist auch im alpinen Gelände möglich, wenn er an die lokalen Gegebenheiten angepasst wird. Internationale Beispiele aus vergleichbaren Regionen wie der Schweiz zeigen, dass eine Kombination aus Behirtung, Herdenschutzhunden und sicheren Nachtpferchen auch im Hochgebirge erfolgreich eingesetzt wird. Die Zahl der gerissenen Nutztiere pro Wolf ist in der Schweiz folglich um 87 Prozent zurückgegangen.
Herdenschutz heißt aber nicht nur die Errichtung von Zäunen. Schon gar nicht müssen ganze Almen eingezäunt werden, wie oft fälschlicherweise behauptet wird. Es geht um eine Gesamtlösung, die den Schutz der Tiere verbessert, ohne die Bewirtschaftung unmöglich zu machen. Entscheidend ist zudem eine ausreichende finanzielle und logistische Unterstützung für die Weidetierhalter:innen. Dafür stehen auch EU-Mittel bereit. Frankreich hat für den Zeitraum 2023 bis 2027 beispielsweise insgesamt 175 Millionen Euro aus EU-Mitteln abgerufen, um die Arbeit der Hirt:innen und den Herdenschutz zu stärken.
„Der Wolf ist in Europa nicht mehr gefährdet, daher braucht es keinen strengen Schutz mehr.“ Stimmt das?
Richtig ist laut WWF: In einigen EU-Staaten gibt es mittlerweile größere Wolfspopulationen. In Österreich ist der Wolf aber aufgrund seines kleinen Bestandes sehr wohl noch gefährdet. Der Schutzstatus des Wolfs ist auch an seine Funktion im Ökosystem gekoppelt – nicht nur an die bloße Zahl einzelner Tiere in Europa. Österreichs Wälder und Wildtiere leiden unter der Abwesenheit des Wolfs.
Wolfsfamilien, die in anderen Regionen Europas leben, haben keine Auswirkungen auf Österreichs Ökosysteme. Solange der Wolf in Österreich keine flächendeckenden, stabilen Rudel gebildet hat, ist somit sein ökologischer Beitrag nicht gewährleistet. Deshalb verpflichtet die FFH-Richtlinie die EU-Mitgliedsstaaten, einen günstigen Erhaltungszustand für den Wolf zu erreichen. Mit aktuell neun Rudeln ist Österreich weit von dieser Vorgabe entfernt.
„Die Wolfspopulation verdoppelt sich alle drei Jahre.“ Falsch oder richtig?
Richtig ist laut WWF: Der Eindruck einer „explodierenden“ Wolfspopulation in Österreich ist wissenschaftlich nicht haltbar. Hierzulande ist der Populationsanstieg - verglichen mit anderen Ländern - langsam. Die meisten Wölfe wandern aus umliegenden Ländern ein und bleiben nur kurz. 2024 wurden zwar neun Rudel bestätigt. Allerdings wurde innerhalb dieser Rudel nur bei vier Familien Nachwuchs festgestellt. Die Zahl der nachgewiesenen Wölfe sank zwischen 2023 und 2024 sogar geringfügig von 106 auf 102 Individuen. Außerdem reguliert sich die Zahl der Wölfe in einem Gebiet von selbst.
Wölfe sind Reviertiere, jedes Rudel verteidigt sein Gebiet gegen fremde Artgenossen. Somit steigt die Dichte in einem Gebiet nicht, wenn sich dort bereits eine Wolfsfamilie angesiedelt hat. Die Zahl der Wölfe steigt daher langfristig nur, weil bisher unbesiedelte und freie Gebiete neu besiedelt werden. Beispiele aus der Schweiz und aus Deutschland zeigen: Entscheidend für weniger Konflikte ist nicht die Zahl der Wölfe, sondern ob Nutztiere ausreichend geschützt werden oder nicht.
„Wolfsfreie Zonen und präventive Abschüsse sind der beste Schutz für die Almwirtschaft.“ Stimmt das?
Richtig ist laut WWF: Wolfsfreie Zonen sind rechtlich weder mit der FFH-Richtlinie noch mit der Berner Konvention vereinbar und auch praktisch nicht umsetzbar. Einzelne Abschüsse können in Ausnahmefällen notwendig sein, sind aber rechtlich nur zulässig, wenn vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Auch der abgeschwächte Schutzstatus erlaubt keine generelle, präventive Bejagung, solange der günstige Erhaltungszustand nicht erreicht ist. Weiters kommt hinzu, dass wandernde Wölfe teils hunderte Kilometer zurücklegen. Selbst wenn man Zonen definieren könnte, würden Tiere aus Nachbarregionen immer wieder zuwandern.
Nur wirksamer Herdenschutz senkt Risszahlen langfristig. Abschüsse können hingegen Rudelstrukturen stören und zu mehr Konflikten führen. Nachhaltiger Schutz der Almwirtschaft setzt daher auf Prävention, Herdenschutz und gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Politik und Naturschutz – nicht auf eine flächendeckende Verdrängung oder regionale Ausrottung von Wildtieren.
„Der Wolf kennt keine Grenzen also bringen Managementpläne nichts.“ Falsch oder richtig?
Richtig ist: Wölfe legen tatsächlich weite Strecken zurück, auch über Staats- oder Bundesländergrenzen hinaus. Genau deshalb sind ein gemeinsames Monitoring und Management der Bundesländer in Österreich so wichtig. Auch eine Abstimmung mit den Nachbarstaaten ist essenziell. So können Herausforderungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen gemeinsam ausgearbeitet werden. Nur mittels grenzüberschreitender Zusammenarbeit lassen sich Weidetierhaltung und Artenschutz langfristig vereinen.
Isolierte Alleingänge einzelner Länder schaden hingegen den Schutzbemühungen anderer Staaten. Während in Italien, bei einem Bestand von mehr als 400 Rudeln, noch nie ein Wolf durch Abschusserlaubnisse getötet wurde und der Herdenschutz forciert und intensiv angewendet wird, wurden allein in Kärnten in den letzten zweieinhalb Jahren 22 Wölfe getötet, darunter viele aus Italien eingewanderte Wölfe.
7 Postings
hallo Karotte: der Titel heißt doch ''Schießen oder schützen?'' - Mit dem S c h ü t z e n, nämlich dem Schützen der Schützlinge(die Schafe), hat es, trotz gegenteiliger Beteuerungen und viel möglichem Fördergeld kein e i n z i g e r Politker und Funktioär in Österreich ernst genommen; sie waren von vornherein auf das S c h i e ß e n aus, unterschrieben jedoch zuerst die Naturschutzabsichten wider besseres Wissen, wie j ä m m e r l i c h !! Wenn es wenigsten irgend jemand probiert hätt, dann hätt man a besser Kommunikation! So bleibt die LÜGE!!! (und die Schafe ohne Schutz auftreiben ist wie anfüttern, sorry)
Wie viel Geld würde von der EU für Herdenschutzmassmahmen zur Verfügung gestellt: 6 oder doch 12 Mio p.a., nur für Österreich? Und wie viel davon wurde in den vergangenen Jahren abgerufen? (Fast) nichts, niente, nothing, nada!!! wolf_c hat vollkommen recht: 'Tausende' Tierhalter (in LZ sind knapp 500 Hunde registriert
) schreien 'Das geht nicht!' und dann geht's eben nicht! Man will schlichtweg nicht und dann wird eben geschossen.
Man (gemeint sind, weil auch Länder betroffen blau und schwarz) will nicht, streicht notwendige Klimaschutzsubventionen, fördert Verbrenner (Dieselprivileg) , schwafelt in Hauser Style über Wasserstoffzüge und - LKWs, tut schlichtweg alles für ihre Klientel, gerade so, als ob es kein Morgen gäbe!
PS: Abschlussfrage: ist jetzt der Bauernbund ein Teil der ÖVP oder gilt zwecks Ergatterung von Subventionen auch dort die Seniorenbundregelung....?
Liebes Redaktionsteam, immer wieder merkt man in Euren Artikeln diese Bösheit gegenüber den Bauern. Warum wird von einer Medienplattform, niemand von den Tausenden Tierhaltern im Bezirk diesbezüglich interviewt, aber der WWF Experte? 2 mögliche Erklärungen -entweder, man möchte mit polarisierenden Themen Klicks generieren oder man ist wirklich einfach nur "bauernbes"?
Diese Wolfsschutzargumente darf aus meiner Sicht ausschließlich ein Vegetarier hervorbringen, diese sind damit authentisch und glaubwürdig und gehören natürlich respektiert.
Jeder/jede, die irgendein Fleisch konsumiert, muss einfach kognitiv schwach sein, um das lokal produzierte Fleisch, welches im Rahmen der absolut tiergerechten Almwirtschaft erzeugt wird, zu schwächen und den Schutzstatus des Wolfes zu stärken. Ist nun der Autor/die Autorin des Artikels wirklich fleischlos unterwegs oder glaubt man doch lieber daran, dass im Supermarkt genügend ausländische Ware zu uns kommt, dass wir lokalen Erzeuger ohnehin obsolet sind?
Kleiner Faktencheck: in Osttirol gibt es 1520 landwirtschaftliche Betriebe, davon 90% im Nebenerwerb (=1368), d.h. es verbleiben ganze 152 landwirtschaftliche Betriebe im Haupterwerb auf 8,55 der nutzbaren Fläche! Also, wo sind die 'Tausenden' Tierhalter? Bitte bleiben Sie bei der Wahrheit!!
Herr Schwarzer, es handelt sich um Familienbetriebe - ich gehe also schon davon aus, dass auch die gesamte Familie als Tierhalter bezeichnet werden kann - bedeutet 1520*4... (Standardfamiliengröße), oder ist für Sie die Ehefrau eines Bauern keine Tierhalterin und darf dann keine Meinung mehr haben.
die Frage nach Haupt- oder Nebenerwerb spielt hier absolut keine Rolle oder warum soll das wichtig sein?
Sehr geehrter Herr Schwarzer, warum ist jemand im Nebenerwerb kein Tierhalter?
aber ganz genau so schauts aus !!!

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