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Bietet das Beamten-Dienstrecht nach wie vor Anreize zu Geheimniskrämerei? Foto: iStock/cyano66

Bietet das Beamten-Dienstrecht nach wie vor Anreize zu Geheimniskrämerei? Foto: iStock/cyano66

„Informationsfreiheit“ ab 1. September in Kraft

Damit das Gesetz wirkt, müssen sich Amtsstuben ändern und Bürger das Grundrecht auch einfordern.

Damit die am 1. September in Kraft tretende Informationsfreiheit auch Wirkung zeigt, braucht es laut dem Forum Informationsfreiheit und epicenter.works einen Kulturwandel in den Amtsstuben. Diesen sieht Mathias Huter, Obmann des Forums Informationsfreiheit, im Gespräch mit der APA noch nicht - eher biete das Dienstrecht Anreize zu weiterer Geheimniskrämerei. Bürgerinnen und Bürger fordern die NGOs dazu auf, von ihrem neuen Grundrecht Gebrauch zu machen.

Mathias Huter, Obmann des Forums Informationsfreiheit, sieht Österreicht in Sachen Transparenz noch nicht am Ziel. Foto: Barbara Loschan/SEPA/picturedesk

Dienstrechtliche Konsequenzen seien möglich, wenn Verwaltungsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen zu viele Informationen herausgeben, aber nicht bei unangemessener Geheimniskrämerei oder wenn Informationen gar vernichtet würden, ortet Huter einen Impuls in die Gegenrichtung. Ein Umdenken in der Verwaltung würde aber wohl nur geschehen, wenn man sich aufgrund großen medialen Drucks entweder dafür schäme, Antworten nicht herauszugeben, oder wenn dafür rechtliche Konsequenzen drohen, glaubt der Datenschutzexperte Thomas Lohninger von epicenter.works.

Gerichte werden Gesetz weiterentwickeln

Wichtig sei, dass die Menschen von ihrem neuen Grundrecht auch Gebrauch machen, appellierte Lohninger, der das vor allem in jenen Bereichen empfiehlt, die das eigene Leben berühren. In Großbritannien sehe man häufig Fragen wie „Warum ist das Schlagloch noch nicht repariert?“ Das Forum Informationsfreiheit will selbst darüber informieren, wie man das Recht nutzen kann. So etwa mit einem Bürgerguide, in dem einfach verständlich erklärt werden soll, wie man Anfragen stellen kann und wie eine Beschwerde funktioniert.

Nach Inkrafttreten würden Gerichte das Gesetz weiterentwickeln, meinte Lohninger. Und auch Huter erwartet bezüglich der Auslegung der Informationsfreiheit „viele unklare Fälle, wo man Gerichte bemühen muss.“ Etwa dann, wenn es bei Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und Unternehmen um Geschäftsgeheimnisse geht, nannte er ein Beispiel. Das Forum Informationsfreiheit werde daher auch in Zukunft Rechtsstreite gegen die Republik führen.

Aufstieg ins untere Mittelfeld Europas

Dem Informationsfreiheitsgesetz stehen die NGOs durchaus kritisch gegenüber. Vom europäischen Schlusslicht schaffe es Österreich dadurch nur ins untere Mittelfeld, so Huter. Größter Kritikpunkt ist sowohl für ihn als auch für Lohninger das Fehlen eines Informationsfreiheitsbeauftragten. Dieser hätte Anlaufstelle für Bürger sein sowie Vorentscheidungen treffen können, so Huter.

Andere Länder hätten Huter zufolge außerdem kürzere Beantwortungsfristen - in Österreich muss binnen vier Wochen geantwortet werden, eine Streckung der Frist um weitere vier Wochen ist möglich. Weil einer Änderung des Gesetzes alle Bundesländer zustimmen müssen, sei es „so gut wie ausgeschlossen, dass man es nochmal reformiert“, bemängelte Lohninger.

Positiv sei hingegen, dass es das Gesetz überhaupt gibt, meinte er. Es sei schließlich „immer wieder versprochen worden, aber wirklich passiert ist sehr lange nichts.“ Huter, dessen NGO sich seit über einem Jahrzehnt für das Gesetz stark macht, befürwortet die proaktive Veröffentlichungspflicht für Informationen von allgemeinem Interesse.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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