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Tiwag: Strompreiserhöhung aus 2022 und 2023 unzulässig

OLG bestätigt Urteile erster Instanz. Rückforderungen möglich. Tiwag verweist auf „Entlastungspaket“.

Der landeseigene Tiroler Energieversorger Tiwag hat in Sachen Strompreiserhöhungen aus den Jahren 2022 und 2023 offenbar eine juristische Niederlage hinnehmen müssen. Nachdem bereits das Bezirksgericht Innsbruck diese in elf Fällen für unzulässig bzw. rechtswidrig erklärt hatte, bestätigten dies nun Landesgericht und Oberlandesgericht Innsbruck in mehreren Fällen durch rechtskräftige Urteile, teilte der Anwalt der klagenden Kunden, Florian Scheiber, am Mittwoch mit.

Der Landesenergieversorger hatte zunächst Berufung eingelegt. Die Erhöhungen der Strompreise hätten in puncto Transparenz und Angemessenheit gegen die gesetzlichen Anforderungen verstoßen, hieß es in den nunmehrigen Urteilen.

Etwa 30 Kunden der Tiwag wurden laut ORF Tirol vor Gericht von der Tiroler Rechtsanwaltsfirma vertreten. Es ging um Beträge zwischen 300 und 2.000 Euro. Aufgrund der Urteile der Berufungsgerichte könnten die Bezieher der Tiwag-Stromdienstleistungen nun „Geld zurückfordern, das sie zu viel bezahlten“, erklärte Anwalt Scheiber. Betroffene Kunden sollten jetzt ihre Ansprüche prüfen lassen. Denn Rückforderungsansprüche würden der Verjährung unterliegen: „Wer nicht rechtzeitig tätig wird, riskiert, seine Ansprüche zu verlieren.“

Tiwag verweist auf „Entlastungspaket“

Die Tiwag verweist indes auf APA-Anfrage darauf, dass man bereits im vergangenen Jahr reagiert und den betroffenen Kunden einen Neuvertrag angeboten habe. Das Unternehmen habe die Entlastungszahlung schnell und unkompliziert getätigt. Dafür habe man insgesamt 60 Mio. Euro bereitgestellt, verweist das Landesunternehmen auf ein mit der Arbeiterkammer auspaktiertes „Entlastungspaket.“

Dieses Paket sei von den Gerichten auch „inhaltlich bestätigt“ worden. „Ebenso haben sowohl Landesgericht als auch Oberlandesgericht Innsbruck die durchgeführten notwendigen Kündigungen grundsätzlich als rechtskonform bestätigt“, hieß es seitens der Landesenergieversorgers. Die Klagen betreffend der Vertragskündigungen waren bereits in erster Instanz abgewiesen worden.

AK-Musterklage als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt der gesamten Causa war eine erfolgreiche Musterklage der Tiroler Arbeiterkammer (AK) am Innsbrucker Bezirksgericht gewesen, die im Jahr 2023 vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) eingebracht worden war. Dabei hielt das Bezirksgericht fest, dass die Preiserhöhung 2022 nicht rechtens erfolgt war. Daraufhin kam es zu einem Vergleich zwischen Tiwag und AK, der in einer „Stromkostenentlastung“ in Höhe von 44 Mio. Euro für Haushaltskunden mündete. Insgesamt wollte die Tiwag für Haushalte, Unternehmen und Landwirtschaft rund 60 Mio. Euro in die Hand nehmen.

Die juristischen Auseinandersetzungen rund um die Strompreise der Tiwag schwelen bereits seit einigen Jahren und insbesondere seit Beginn der Teuerungswelle. Der Landesenergieversorger hatte Strompreiserhöhungen stets mit der Entwicklung des Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) begründet. Das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck hielt jedoch fest, dass die Preisanpassung auf Grundlage des ÖSPI dem Konsumentenschutzgesetz widerspreche. Ein konkreter Zusammenhang zwischen der Veränderung des ÖSPI und den tatsächlichen Kosten der Tiwag bestehe nicht, argumentierte das Gericht damals. Der Landesenergieversorger produziere deutlich mehr als die Hälfte seines verkauften Stroms selbst.

Die Causa hatte indes auch eine politische Schlagseite. Die Oppositionsparteien im Tiroler Landtag nahmen Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) als Eigentümervertreter vehement in die Pflicht, gegen die Strompreiserhöhungen aufzutreten. Auch der schwarze Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl präsentierte sich als treibende Kraft. Im Jahr 2024 wurde dann etwa in der Satzung der Tiwag ein „kostengünstiger Preis“ als Zieldefinition festgelegt.

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