In Österreich sind immer mehr Schülerinnen und Schüler deutlich älter als der Großteil ihrer Klassenkollegen, zeigt die aktuelle Ausgabe der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“. In den Volksschulen ist zwischen 2015 und 2023 der Anteil „überaltriger“ Kinder und Jugendlicher, die mindestens zwei Jahre älter sind als in dieser Klassenstufe vorgesehen, von 4,1 auf 5,8 Prozent gestiegen. In den Mittelschulen und AHS-Unterstufen gab es ein Plus von 6,5 auf 9,1 Prozent.

In anderen Ländern ist der Anteil überaltriger Schüler deutlich geringer, im Schnitt der 32 OECD-Länder mit verfügbaren Daten waren es nur 2 bzw. 3,8 Prozent. Hauptgrund für überaltrige Schüler - die OECD nennt sie „überalt“ - ist laut Studie in beinahe allen untersuchten Ländern das Sitzenbleiben.
Dabei sind in vielen Ländern Klassenwiederholungen gar nicht mehr vorgesehen bzw. kommen in der Praxis nicht vor, stattdessen wird laut der OECD-Studie bei Schülern mit Lernrückständen auf Unterstützungsmaßnahmen wie Nachhilfe oder Sommerschulen gesetzt. Weitere Faktoren für überaltrige Schüler können ein späterer Schuleintritt oder spezielle Integrationsklassen für neu ins Land gekommene Schüler mit Migrationshintergrund sein.
Mehrheit keine Repetenten
In Österreich waren zuletzt in der Volksschule rund die Hälfte und in den Mittelschulen bzw. AHS-Unterstufen ein Drittel der überaltrigen Schüler Repetenten. Der Rest der Gruppe verteilt sich auf Kinder, die nach der Einstufung in die Vorschule ein zusätzliches Jahr in der Volksschule verbringen, oder Quereinsteiger, die einer eigentlich für jüngere Schüler vorgesehenen Klasse zugeteilt werden.
Seit der Einführung der separaten Deutschförderklassen bzw. -kurse ab 2018/19 müssen mehr außerordentliche Schüler als früher wegen Problemen mit der Unterrichtssprache eine Klasse ein- oder auch zweimal wiederholen. Seit 2018/19 sind die Deutschkenntnisse außerdem ein Kriterium für die Schulreife, dementsprechend sind Kinder mit einer anderen Umgangssprache auch in den Vorschulklassen überrepräsentiert. Zuletzt wurden rund 49.000 der rund 1,2 Mio. Schüler als außerordentlich eingestuft.
Für die Sekundarstufe 1 (Mittelschule, AHS-Unterstufe) hat die schwarz-rot-pinke Koalition in ihrem Regierungsprogramm Maßnahmen für überaltrige Schüler geplant: Es soll „pädagogisch sinnvolle Maßnahmen zur verbesserten Beschulung“ geben, etwa durch die Erleichterung von Mehrstufenklassen.
OECD gegen Sitzenbleiben und Migrantenklassen
Die OECD hebt indes in ihrer Studie die negativen Auswirkungen von Klassenwiederholungen hervor: Repetenten haben demnach tendenziell eine negativere Einstellung zur Schule, erbringen schlechtere Leistungen, brechen häufiger die Schule ab und erreichen seltener einen Matura- oder Hochschulabschluss. Für das Lehrpersonal könne der Unterricht in einer Klasse mit großer Altersbandbreite wegen der Unterschiede bei Niveau und Reife „eine Herausforderung“ darstellen.
Auch separate Förderklassen für Kinder, die daheim nicht die Unterrichtssprache sprechen, stellt OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher in Frage. „Die Idee, Sprache getrennt zu fördern, hat nicht so eine große Evidenzbasis.“ Besser sei es, die Erwartung an die Schüler zu stellen, gleich voll mitzukommen und sie dabei in der Schule zu unterstützen, so Schleicher jüngst am Rande eines Pressetermin. Als Beispiel nannte er Kanada, wo es wie in Österreich viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt: „Innerhalb von zwei Jahren sind die auf dem vollen Leistungsstand, und das ohne ausgegliedert zu werden.“
10 Postings
sitzenbleiber hat es immer gegeben - egal ob in der volksschule oder den ahs - und den sogenannten "druck" durch überforderung durch die Masse des Lernstoffes hier als argument dafür heranzuziehen mutet doch etwas eigenwillig an. ich würde sagen, dass sich im gegenteil der lernstoff im vergleich zu früher doch mehr oder weniger entspannt hat und auch in sachen matura hat sich doch einiges vereinfacht - siehe zentralmatura oder die möglichkeit der "aufteilung" der matura in zwei prüfungszyklen im herbst und im frühjahr. der lernstoff ist natürlich ansprechend, denn sonst könnte ja quasi jeder die matura machen und was würden wir bloß mit der vielzahl an maturanten anfangen (nebeneffekt aktuell pensionsantritte und beitragjahre). für mich fragwürdig ist der ausdruck lehre mit matura - wie kann eine solche prüfung überhaupt einer ahs matura gleichgestellt werden? es ist nichts schlechtes, sitzenzubleiben ... dadurch festigen sich zukunftswünsche und persönliichkeiten und klar ist in jedem fall, dass es auch leute ohne matura braucht um das handwerk nicht aussterben zu lassen. wo man sich gedanken machen sollte, ist, dass möglicherweise schüler, die das eine oder andere nicht schaffen dem leistungsdruck der eigenen eltern nicht standhalten - ist es die eitelkeit von mama und papa oder der unbedingte wille beider, einen maturanten in der familie haben zu wollen. lasst doch die schüler einfach das machen wozu diese lust haben, egal ob matura oder lehre oder überhaupt eine ausbildung im zweiten bildungsweg - die möglichkeiten sind in österreich gsd sehr vielfältig. zwang hat noch nie was gebracht ausser das gegenteil von dem erwarteten.
Das ist ja auch das Problem der Pisa-Clique: dass sie alles über einen Kamm scheren wollen. Ohne staatliche, bildungspolitische, kulturelle und/oder ethnische Unterschiede im System zu berücksichtigen. "Sitzenbleiben" oder "Repetenten" sind ohne Zweifel unschöne Wörter. Aber dass SchülerInnen, die das Niveau einer Schulstufe (mit mehr als einem "Nicht genügend"!)nicht positiv abzuschließen vermögen, eine Klasse wiederholen müssen, ist m.E. das Normalste auf der Welt. Ich kenne genug Akademiker, die irgendwann in ihrem Schulleben "eine Ehrenrunde gedreht" haben...
Ich empfinde das Wort "sitzenbleiben" einfach nur diskreditierend! Ich finde es wesentlich besser, dass ein Kind eine Klasse wiederholt, wenn es von der Masse des Lernstoffes schlichtweg überfordert ist, als sich mit Sommerschule plus Nachhilfe jahrelang durch die Schuljahre zu quälen. Was mich an dieser OECD Studie besonders stört ist die Aussage, dass Kinder, welche Klassen wiederholen, "seltener einen Matura oder Hochschulabschluss erreichen". Wenn ich sowas lese, werde ich zornig! Ist man wirklich nur etwas wert, wenn man die Matura oder einen anderen Hochschulabschluss hat? Man muss endlich wieder das Handwerk anerkennen, denn ohne Facharbeiter und ohne Hilfsarbeiter, ohne Reinigungskräfte, Mitarbeiter in der Müllverwertung, Mauer, Tischler, Maler, Verkaufsangestellte, Bauern und und und... kann kein Akademiker überleben! "in anderen Ländern ist der Anteil überaltriger Schüler geringer"! - hier fehlt mir der Vergleich bezüglich: Anzahl der Schüler pro Klasse? Lernstoff derselbe? Ausbildung der Lehrpersonen dieselbe? Ich kenne Viele, die eine Klasse wiederholt und ihrem später gewählten Beruf viel erreicht haben. Lasst uns endlich das diskrimierende Wort "sitzenbleiben" aus unserem Wortschatz streichen.
ich finde das Wort "sitzenbleiben" natürlich diskriminierend, nicht diskreditierend, sorry!
Im Volksmund auch "Ehrenrunde" genannt. Finde ich deutlich neutraler fast schon etwas besonderes :-)
Was soll an der Aussage, dass Kinder, welche Klassen wiederholen, "seltener einen Matura oder Hochschulabschluss erreichen", falsch sein? Und inwiefern wird damit ausgedrückt, dass man "nur etwas wert [ist], wenn man die Matura oder einen anderen Hochschulabschluss hat"?
Danke Joe, niemand hat das gesagt, aber gewisse Poster in diesem Forum schreiben gerne am Thema vorbei.
Gerade in vielen Lehrberufen ist es wichtig, dass man Sprache oder logisches Denken beherrscht. Am Sitzenbleiben, Wiederholen oder wie man es auch immer nennen möchte, ist nichts falsch. Die statistische Feststellung, dass in diesem Fall weniger oft Matura oder Hochschulabschluss gemacht wird, ist außerdem nicht wertend, verstehe die Emotion hier nicht. Menschen haben unterschiedliche Talente, für viele systemerhaltende Berufe ist auch ein Hochschulabschluss (Programmieren, IT-Sicherheit Buchhaltung, Bilanzierung, Medizinische Berufe, LehrerInnen, Bauingenieurwesen,..) - man könnte Ihnen in diesem Fall auch Diskriminierung vorwerfen...
ich habe keinen Beruf mit Hochschulabschluss diskriminiert, dann würde ich mich sogar selber diskriminieren. Schade, dass Sie nicht verstehen, was ich gemeint habe, ist eben so. Zu Ihrem vorherigen Posting: "gewisse Poster, die gern am Thema vorbeischreiben", naja, was solls....
Was haben Sie denn gemeint? Lasse mich gerne aufklären. Meiner Auffassung nach geht es am Thema vorbei zu schreiben, dass eine Ausbildung weniger wert ist weil man die Matura oder einen Hochschulabschluss nicht hat.
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