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„Ich begreife die Welt als vielschichtiges Gewebe“

Alena Schneider zeigt im RLB Atelier in Lienz „STOFF in flagranti“. Vernissage am Freitag, 19. September.

Mit ihrer ersten Einzelausstellung verwandelt die junge Osttiroler Künstlerin Alena Schneider das RLB Atelier in eine sommerlich-bunte Kulisse. Stoff, Körper und die Assoziationen von Wasser und Freibad verschmelzen in „STOFF in flagranti“ zu einem vielschichtigen Spiel aus Umhüllung und Enthüllung.

Im Zentrum der Ausstellung steht der Stoff – nicht bloß als Material, sondern als lebendiger Protagonist. Er begegnet den Besucher:innen in einer raumfüllenden Installation, als farbiger Hintergrund in Risografien oder kunstvoll vernäht in Malereien. Kaum ein anderes Medium ist dem Menschen so nah: Stoff wärmt, schützt, schmückt – und erzählt Geschichten.

„Ich begreife die Welt als ein vielschichtiges Gewebe, dem wir fortwährend Bedeutungen zuschreiben“, erklärt Alena Schneider. Jede Naht, Faser oder Pinselspur wird für sie zu einem „Text“, der gelesen, aber nie gänzlich entschlüsselt werden kann. Gerade in den Leerstellen entstehen Freiräume für individuelle Deutungen.

Das zeigt sich schon beim Betreten der Ausstellung: Eine farbenreiche, bühnenartige Stoffinstallation empfängt das Publikum. Die dabei verwendeten Stoffe stammen alle aus dem ehemaligen Schneiderzimmer ihrer Tante in Osttirol. Diese private Materialsammlung, über Jahre hinweg sorgsam gehütet, wird von der Künstlerin neu arrangiert.

Insbesondere arbeitet sie mit jenen Stoffen, an die sie sich noch erinnert, die sie sich als Kind ausgesucht hat. „Performativ kuratiere ich nun Farben und Muster im Ausstellungsraum hängend als inszenierte Kulisse dieser Erinnerung“, so die Künstlerin.

Alena Schneider wurde 1999 in Lienz geboren und lebt aktuell in Innsbruck. Foto: RLB/Martin Lugger

Vor diesem farbigen, faltenreichen Hintergrund schweben auf Stoff gedruckte Fotografien von Personen in skurril anmutenden, schwimmähnlichen Posen. „Mich interessiert weniger die einzelne Persönlichkeit als vielmehr Körperlichkeit an sich – Haltung, Gestik, Form“, so Schneider. In der Analogie zum Wasser gewinnt der Körper eine zusätzliche, poetische Dimension: Stoff legt sich an wie eine zweite Haut, die zugleich verhüllt und enthüllt, Konturen nachzeichnet und verbirgt – ein Wechselspiel zwischen Sichtbarkeit und Verdecken.

Assoziationen zum Freibad ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung: ein Ort sommerlicher Freiheit zwischen Gossip, Spaß und sportlicher Kürze. Hier begegnen sich Wasser, Körper und Stoff unmittelbar. Am Sprungturm herrschen Vorsicht und Zögern, im Wasser hingegen dominiert das Loslassen – ein Raum, in dem individuelle Grenzen verschwimmen und sich die Menge der Körper in knappen Textilien zu einer scheinbar klassenlosen Gemeinschaft verdichtet.

„Textilien, die direkt am Körper anliegen, sind immer etwas Intimes – sie berühren uns physisch und sind oft auch emotional aufgeladen. Für mich entsteht daraus ein vielschichtiges Zusammenspiel zwischen textiler Hülle und Intimität. Auch der Moment des Entblößens ist per se ein intimer Akt – und hier kommt der Ausstellungstitel ‚in flagranti‘ ins Spiel, der so viel bedeutet wie ‚jemanden bei etwas erwischen‘ oder ‚auf frischer Tat ertappen‘. Für mich verweist das auf eine bewusst inszenierte, zugleich aber riskant wirkende Situation, die man dennoch durchführt“, so die Künstlerin.

Neben Installation und Tafelbildern präsentiert Schneider eine Reihe an Risografien. Dieses zwischen Siebdruck und Fotokopie angesiedelte Druckverfahren besticht durch seine nostalgische Anmutung und seine leuchtenden, teils fluoreszierenden Farben. Statt mit Hitze und Toner wird in einem ressourcenschonenden Kaltdruckverfahren auf Sojabasis gearbeitet. Dabei überträgt eine Farbtrommel die Tinte durch eine feine Schablone auf Papier. Kleine Unregelmäßigkeiten, minimale Farbverschiebungen, überraschende Überlagerungen machen jeden Druck zum Unikat. „Gerade diese vermeintlichen ‚Ausrutscher‘ können zu entscheidenden Impulsen werden, die dem Werk eine unerwartete Richtung geben und es lebendig halten“, so Schneider.

Alena Schneider wurde 1999 in Lienz geboren und lebt aktuell in Innsbruck, wo sie seit 2020 das Lehramtsstudium Kunst und Ethik an der Universität Mozarteum Salzburg, Standort Innsbruck, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, absolviert.


„STOFF in flagranti“, Alena Schneider
Vernissage: Freitag, 19. September, 19.00 Uhr, RLB Atelier, Johannesplatz 4, Lienz

Öffnungszeiten
21. September bis 20. November 2025
Montag bis Freitag von 8.30 bis 12.15 Uhr und von 14.00 bis 16.30 Uhr

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