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Die Löhne in Österreich sind stärker gestiegen als im Euro-Raum. Das hat – je nach Perspektive – Vor- und Nachteile. Foto: APA/Techt

Die Löhne in Österreich sind stärker gestiegen als im Euro-Raum. Das hat – je nach Perspektive – Vor- und Nachteile. Foto: APA/Techt

Wie stark dürfen die Industrielöhne steigen?

Metaller und Eisenbahner starten die Herbstlohnrunde. Sie legen die Latte für weitere Branchen.

Vor den heute, 22. September, beginnenden Lohnverhandlungen der Metaller haben sich die Arbeitnehmer- und die Arbeitgeberseite über die ihnen jeweils nahestehenden Think Tanks argumentativ in Stellung gebracht. Während das gewerkschaftsnahe Momentum Institut Forderungen nach Lohnzurückhaltung zurückweist und auf die hohen Energiekosten als das wahre Problem verweist, sieht die Agenda Austria Österreichs Löhne „im Höhenflug“ - bei gleichzeitig stagnierender Produktivität.

Momentum argumentiert, dass sich lohnintensive Branchen in den letzten Jahren vergleichsweise stabil entwickelt hätten, während energieintensive und von der Bauwirtschaft abhängige Sektoren spätestens ab 2023 massiv unter Druck geraten seien. Energieintensive Branchen hätten ihre Produktion seit 2021 um 8,2 Prozent zurückgefahren und jene, die von der Bauwirtschaft abhängig seien, hätten sogar einen Rückgang um 13,8 Prozent verzeichnet, rechnet das Momentum Institut vor. Dagegen hätten lohnintensive Branchen ihre Produktion im selben Zeitraum um 5,3 Prozent gesteigert.

Momentum: „Energiekosten senken“

„Wer Wettbewerbsfähigkeit sichern will, muss die Energiekosten senken“, meint Momentum-Chefökonom Oliver Picek. „Lohnzurückhaltung ist keine Lösung, sie würde die Nachfrage zusätzlich schwächen und die Rezession verschärfen.“

Das sieht Agenda-Austria-Ökonom Jan Kluge anders. „In Österreich sind die Löhne in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als im Euroraum, doch die Produktivität stagniert seit Jahren“, schrieb Kluge auf Social Media. „Laut der Benya-Formel sollten Löhne nur im Ausmaß von Inflation und Produktivitätswachstum steigen - letzteres ist quasi nicht vorhanden.“ Während der Tariflohnindex im Euroraum seit 2020 um 17,2 Prozent gestiegen sei, habe er in Österreich um 28 Prozent zugelegt.

Löhne stiegen stärker als in anderen Ländern

„Das ist tatsächlich so, dass die Lohnsteigerungen gerade bei den westeuropäischen Handelspartnern deutlich geringer waren als in Österreich und von dem her haben wir im Bereich der preislichen Wettbewerbsfähigkeit, also bezogen auf die Löhne, doch gegenüber diesen Handelspartnern verloren“, bestätigte Wifo-Ökonom Benjamin Bittschi am Sonntagabend in der „ZiB 1“.

Allerdings habe das Lohnverhandlungssystem in Österreich in den letzten Jahren zu mehr Wohlstand beigetragen, sagte seine Wifo-Kollegin Christine Mayrhuber in der ORF-TV-Sendung „Das Gespräch“. Das sozialpartnerschaftliche Lohnverhandlungssystem habe nicht nur die Wohlfahrt gesteigert, sondern auch die Beschäftigung gefördert und die Arbeitslosigkeit reduziert. Dass die hohen Löhne der letzten Jahre die Inflation angeheizt hätten, relativierte die Ökonomin: „Wir haben in Österreich ein System, wo die Lohnrunde immer die vergangene Inflation berücksichtigt, das heißt, die Löhne gehen der Inflation nach.“

Hebenstreit: Aufschwung durch mehr Kaufkraft

Sowohl Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, als auch Stephan Zöchling, Chef des steirischen Autozulieferers Remus, erfüllten in der TV-Diskussionsrunde die Rollenerwartungen.

„Wir sind in einer veritablen Krise gelandet aufgrund des Versagens der vergangenen Regierung, die Inflation entsprechend zu bekämpfen“, sagte Hebenstreit. Jetzt brauche man einen Aufschwung, und mehr als 50 Prozent der Nachfrage würden aus der Kaufkraft kommen. Die öffentliche Hand habe einen Anteil von rund 25 Prozent, 20 Prozent der Nachfrage kämen von den Investitionen der Unternehmen und ungefähr 5 Prozent sei der Nettoeffekt der Exporte. Die Löhne seien sicher kein Inflationstreiber, so Hebenstreit.

Zöchling verwies darauf, dass der Produktivitätszuwachs in den letzten Jahren negativ gewesen sei, trotzdem habe man nicht nur die Inflation abgegolten, sondern die Löhne zum Teil auch darüber hinaus erhöht. „Wir haben in der Metallindustrie über 28 Prozent Lohnsteigerungen gehabt in den letzten Jahren.“ Das sei für den Standort nicht mehr leistbar.

Metaller und Eisenbahner machen den Anfang

Die Herbstlohnrunde wird heute mit den Lohnverhandlungen der Metaller eröffnet. Traditionell starten die Gespräche mit der formellen Forderungsübergabe der Gewerkschaften in der Wirtschaftskammer, anschließend folgt die erste Gesprächsrunde mit dem Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI). Betroffen sind rund 190.000 Beschäftigte. Auf Arbeitnehmerseite führen PRO-GE-Bundesvorsitzender Reinhold Binder und - für die Angestellten - GPA-Bundesgeschäftsführer Mario Ferrari die Verhandlungen. Arbeitgeber-Chefverhandler ist FMTI-Obmann Christian Knill.

Ebenfalls am Montag beginnen die Kollektivvertragsverhandlungen für rund 55.000 Beschäftigte in 92 Eisenbahnunternehmen in Österreich. Die Gewerkschaft vida hat bereits erklärt, dass auch sie keine Reallohnverluste akzeptieren will.

2 Postings

unholdenbank
vor 6 Stunden

Warum verbreitet die Arbeit"geber"seite immer die gleichen Märchen. Lohnverhandlungen bilden immer die Inflation des VERGANGENEN Jahres ab. Immer wieder wird behauptet, dass diese ein Vorgriff auf das kommende Jahr seien, was schlechthin unwahr ist. Wenn man mit solchen falschen Behauptungen in eine Verhandlung geht, ist klar, dass das zu Schwierigkeiten führen muss. Und dass die Lohnerhöhung der vergangenen Lohnrunde die Preissteigerungen und die Inflation des Jahres 2025 NICHT abgedeckt hat, ist wohl jedem klar. Motivierte Mitarbeiter hat man nur dann, wenn man deren Beitrag zum Unternehmensgewinn ernst nimmt. Nicht indem man ihnen dauernd ausrichten lässt, dass sie durch ihre "maßlosen" Forderungen den Betrieb kaputt machen. Dafür sorgen eh schon die so oft überbewerteten und weit überbezahlten Manager (siehe KTM,Benko, SPAR & Konsorten). Ich habe mehr Respekt vor dem Haggler, der jeden Tag um 6 Uhr aufsteht, 1 Stunde in die Hacken fährt (Man verlangt ja optimale Flexibilität von ihm), 8 Stunden buckelt, dann wieder 1 Stunde oder mehr zurück (natürlich nicht als Arbeitszeit bezahlt), als vor dem "Manager" mit fürstlicher Apanage, der physikalisch sicher nicht mehr arbeitet. Trotzdem werden Mitarbeiter als unersättliche Blutsauger hingestellt - eine Frechheit. Es lebt sich halt schön auf dem Buckel anderer!

 
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    steuerzahler
    vor 4 Stunden

    Als Mitarbeiter hatte ich noch die Möglichkeit so einem Betrieb zu kündigen. Als Pensionist ist man der Willkür ausgeliefert. Und an alle Neidgenossen: auch ihr werdet mal in Pension gehen....

     
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