Der Tiroler Landtag nahm in seiner Sitzung am 8. Oktober ein Thema vorweg, das auf Bundesebene in wenigen Wochen ebenfalls zur Debatte steht. Mit den Stimmen Koalitionsparteien und mit scharfer Kritik vor allem der Grünen wurde das Zweite Tiroler Erneuerbaren Ausbaugesetz (2. TEAG) beschlossen, ein neues Sammelgesetz, das den Ausbau von erneuerbaren Energien in Tirol erleichtern und beschleunigen soll.
Warum Tirol hier vorpresche, fragte sich Neos-Abgeordnete Birgit Obermüller in der Debatte, bekannte sich aber grundsätzlich zu den Inhalten des Gesetzes, das Auswirkungen auf das Tiroler Elektrizitätsgesetz, das Naturschutzgesetz und die Bauordnung hat.

Zentraler Inhalt des Gesetzespakets ist die Festlegung von „Beschleunigungsgebieten”, in denen die Realisierung von Energieprojekten vereinfacht werden soll. Die Verfahren für Genehmigungen werden stark verkürzt und Förderungen erweitert. Zudem werden neue Regelungen für Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutz geschaffen, darunter Ersatzzahlungen in einen Fonds.
„Unsere Tiroler Heimat wird an Unternehmen mit ausreichend viel Geld verkauft.“
Gebi Mair, Klubobmann Grüne
Hier setzte Klubobmann Gebi Mair von den Grünen seine Kritik an. Er sieht einen neuen „Ablasshandel“ entstehen, weil man sich künftig von lästigen Auflagen freikaufen könne. „Unsere Tiroler Heimat wird an Unternehmen mit ausreichend viel Geld verkauft“, wetterte Mair und verwies auch auf deutlich eingeschränkte Beteiligungsrechte für Umweltinitiativen.
Unmittelbarer Anlass für die Gesetzesinitiativen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene ist die EU-Richtlinie RED III (Renewable Energy Directive III) zur Beschleunigung der Energiewende. Auf diese Richtlinie, die Mitgliedstaaten zu drastisch verkürzten Genehmigungsverfahren und zur Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für Erneuerbare-Energien-Projekte verpflichtet, verwiesen die zuständigen Landesräte Josef Geisler (ÖVP) und René Zumtobel (SPÖ) in ihrer Verteidigung des Gesetzes.

Spannend für alle, die lieber keine Windräder auf Tirols Bergen sehen würden, ist eine weitgehende Absage an die Windkraft, deren Ausbau nicht unter das Beschleunigungsgebot fällt, ganz im Gegensatz zu Photovoltaik und Wasserkraft.
„Energiewende bedeutet halt einmal einen Eingriff in die Natur, da können wir hin- und herrechnen wie wir wollen.“
Landesrat Josef Geisler (ÖVP)
Die Grünen kritisieren das, doch Josef Geisler verteidigte diese Schwerpunktsetzung mit dem Verweis auf eine Potenzialstudie, die der Windkraft wenig Chancen gibt: „Wir haben uns das sehr sorgsam angeschaut und am Ende bleibt da doch sehr wenig übrig.“
Generell sei die Energiewende – Tirol soll 2050 autark sein und bereits 2024 klimaneutral – nicht ohne Einschnitte zu stemmen: „Energiewende bedeutet halt einmal einen Eingriff in die Natur, da können wir hin- und herrechnen wie wir wollen. Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass, das wird halt nicht funktionieren“, meinte Geisler.

Umweltlandesrat René Zumtobel versuchte als Schlussredner, die künftig möglichen Ausgleichsmaßnahmen und Ersatzzahlungen bei Eingriffen in die Natur in einen positiven Kontext zu stellen. Dazu muss man wissen, dass diese Regelungen nicht nur für Energieprojekte gelten, sondern auch für andere Infrastruktur- und Großprojekte, ein Punkt, der Umweltorganisationen besonders sauer aufstößt.
„Man kann das Buch natürlich von hinten lesen, oder man liest es von vorne. Und ich verstehe nicht, was schlecht sein soll, dass ein Projektwerber sich im Vorfeld Gedanken macht, wie könnte sein Projekt umsetzungsfähig sein, indem er vorgezogene Maßnahmen in der Natur umsetzt,“ erklärte Zumtobel. Sei es beispielsweise unvermeidlich, einen Radweg durch ein Feuchtgebiet zu führen, müsse man eben ein paar Kilometer weiter in der gleichen Größe eines schaffen.
Ausgleichszahlungen seien das letzte Mittel, so Zumtobel, und diese würden künftig in einen neu geschaffenen Naturschutzfond fließen. „Der Naturschutzfonds speist sich von den Naturschutzabgaben. Die Naturschutzabgaben werden eingeführt, wenn ich zum Beispiel Schotterabbau betreibe, oder Skipisten und wenn ich Speicherteiche errichte. Und dieses Geld fließt künftig zweckgewidmet in diesen Tiroler Naturschutzfonds.“
Einen solchen Fond gab es schon einmal in Tirol, er wurde 2017 abgeschafft. „Jetzt haben wir ihn wieder eingeführt und das mit einer zehnprozentigen Erhöhung und gleichzeitigen Indexierung“, erklärte der SPÖ-Landesrat und rechnete vor, dass in den nächsten beiden Jahren drei Millionen Euro aus diesem Titel zur Verfügung stehen werden. Der Gesetzesentwurf wurde mit den Stimmen von ÖVP, Neos und SPÖ angenommen.
3 Postings
... die Naturzerstörer und Drüberfahrer richten sich s à la Benko, sie haben nichts kapiert und spüren nix mehr, zum Speibn ...
Viel Spaß den Betroffenen bei der 380 KV Leitung. Bin neugierig wie schnell Osttirol zum sogenannten "Beschleunigungsgebiet" wird.
Die 220 KV ist so gut wie durch da ist der Spaß schon vorbei. Hier hat man offensichtlich schon nach den obigen neuen Richtlinien gehandelt?
Na bravo! Die eh schon zahnluckerten Naturschutzgesetze werden weiter ausgehebelt. Unter dem grünen Deckmäntelchen des Klimaschutzes, darf man nun - vorausgesetzt man hat genügend Geld - zerstören, was man will.: Böden, Moore, Flüsse, Wiesen, Wälder und Berge, egal wie wertvoll. Bin schon sehr gespannt, was uns dann als Ausgleich für diese zerstörten, wertvollen Biotope und Ökosysteme so angeboten wird! Allein, wo nehmen wir die Flächen dafür her? Einfach nur widerwärtig, wie mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen umgegangen wird!
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