Es rauscht im Blätterwald und rumort in Teilen des politischen Spektrums. Ausgerechnet die Wirtschaftskammer, harter Verhandler bei den Kollektivverträgen anderer Branchen und immer gut für eine Forderung nach „maßvollen“ Löhnen, genehmigt dem eigenen Personal 4,2 Prozent Lohnerhöhung ab 2026 und das bei einer Inflationsrate von aktuell 3,5 Prozent.
Unter den Kritikern dieser Erhöhung ist auch die Klubobfrau der Tiroler Neos, Brigit Obermüller: „Während viele Betriebe um ihre Existenz kämpfen, genehmigt die Wirtschaftskammer ihren Mitarbeiter:innen eine überzogene Lohnerhöhung, finanziert aus Pflichtbeiträgen.“ Tatsächlich liegen die Gehaltsabschlüsse in der Privatwirtschaft weit niedriger. Die Metaller, eine Gruppe, an der sich viele andere orientieren, schlossen mit lediglich 1,41 Prozent ab und selbst die Beamten mussten ein bereits ausverhandeltes Lohnpaket wieder aufschnüren und sich letztlich mit 1,5 Prozent zufriedengeben.

„Wenn Unternehmen in Zeiten wie diesen sparen müssen, darf sich die Kammer nicht selbst bedienen,“ schimpft Obermüller und fordert, Kammer-Rücklagen aufzulösen, Strukturen zu modernisieren und echte Transparenz zu schaffen: „Eine Organisation, die mit Pflichtbeiträgen so umgeht, hat die Zwangsmitgliedschaft endgültig verspielt. Das eh schon schwindende Vertrauen der Mitglieder in die Kammer wird durch solche Aktionen nur noch weiter sinken.“
Bei der Wirtschaftskammer rechtfertigt man die saftige Erhöhung mit einem Automatismus, der „Faktorerhöhung“ genannt wird. Demnach wird aus privatwirtschaftlichen Lohnabschlüssen früherer Jahre ein „Faktor“ errechnet, um den ganz ohne Verhandlungen die Gehälter im eigenen Haus angehoben werden. Das geschieht mit zeitlicher Verzögerung.
Weil die Löhne in den vergangenen Jahren durch die hohe Inflation kräftig anzogen, steigt nach dieser Logik jetzt auch das Gehalt der Kämmerer überproportional. Dem halten Kritiker entgegen, dass – siehe Beamtengehälter – in schwierigen Zeiten eben jeder einen Beitrag leisten müsse und Automatismen anachronistisch seien.
Bereits in dieser Woche könnten die Wirtschaftskämmerer mit den eigenen Maßstäben konfrontiert werden, nämlich beim Start der Kollektivvertragsverhandlungen für 500.000 österreichische Handelsangestellte, von denen viele laut Momentum Institut deutlich weniger verdienen, als den Durchschnittslohn in der Gesamtwirtschaft.
Nicht ganz uninteressant sind vor diesem Hintergrund auch die Funktionärsentschädigungen der Wirtschaftskammer. So erhält etwa die Präsidentin der WK-Tirol, Barbara Thaler, laut WKT-Transparenz-Offenlegung 2025 knapp 10.400,- Euro Entschädigung monatlich, die Osttiroler Bezirksstellenobfrau Michaela Hysek-Unterweger wird mit 2.332,- Euro pro Monat für ihren Einsatz bei der Kammer entschädigt.
5 Postings
...immer wieder erheiternd wie akkriebisch man auf "andere" schaut. Wie neidvoll man auf einen Prozentsatz blickt ohne wirklich zu wissen was die, die es wirklich betrifft tatsächlich bekommen... Würde mich grad mal interessieren was die hier so kritischen Stimmen netto ins Börserl bekommen... Wenn man das so liest, auf jeden fall zu wenig.
Bleibt nur noch die Frage: Wenn die Mitarbeiter:innen nur 1% bekommen würden, würde es dann dem Einzelnen Österreicher oder auch nur einem der "Zwangsmitgliedern" auch nur 1 Cent ersparen?
Mir persönlich ist es offen gesagt egal. Ich bekomme deswegen nicht weniger und auch nicht mehr.
Für viele ist die "Entschädigung" von Frau Hysek-Unterweger ein normales Monatsgehalt.
Frau Michaela Hysek-Unterweger ist auch 2. Vorsitzende (2. Stellvertreterin) im Aufsichtsrat der TIWAG. Die Satzung sieht vor, dass Kapitalvertreter des Aufsichtsrates neben Ersatz der Barauslagen und einem Anwesenheitsgeld für jede Sitzung eine jährliche Aufwandsentschädigung erhalten. Arbeitnehmervertreter haben hingegen nur Anspruch auf Ersatz der angemessenen Barauslagen. Laut Geschäftsbericht 2023 der TIWAG heißt es zur Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder: Die im Jahr 2023 gewährten Aufsichtsratvergütungen betrugen in Summe € 60.394,52.
Sehr interessanter Bericht! Es ist tatsächlich bemerkenswert, dass gerade die Wirtschaftskämmerer sich eine derart außerordentliche Erhöhung der Löhne um 4,2 % genehmigen - obwohl die Inflation nur bei 3,5 % liegt.
Die Argumentation für die Berechnung dieser Erhöhung wirkt ebenso altmodisch, wie die Tatsache, dass die Wahl des New Yorker Bürgermeisters seit dem 18. Jahrhundert immer an einem Dienstag stattfindet. Damals gab es noch Bauern, die für die Wahl weite Wege auf sich nehmen mussten: Sonntags ging man in die Kirche, mittwochs stand man wieder auf dem Bauernmarkt - dazwischen konnte gewählt werden
.
Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie eine solche Erhöhung genehmigt werden kann, wenn man zugleich seinen Mitgliedern eine Zwangsmitgliedschaft vorschreibt und zum großen Teil von deren Beiträgen lebt.
wiannui@; das ist eben die welt der christlich sozialen. hinnehmen und das goscherl halten!
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren