Wie eng die Tiroler Wirtschaftskammer mit der ÖVP verflochten ist, zeigt eine Medienaussendung, die Freitagnachmittag in die Redaktion flatterte: Da gibt WK-Präsidentin Barbara Thaler mit großer Geste bekannt: „Tirol nimmt die Erhöhung der Funktionärsentschädigungen zurück,“ außerdem fordere die Tiroler Wirtschaftskammer eine echte Reduktion der Gehaltsanpassung aller 5800 Kammer-Beschäftigten in Österreich von geplant 4,2 Prozent auf 2,1 Prozent und eine Nulllohnrunde für die Managementebene der Kammer. Bundesweiten Konsens gibt es dafür noch keinen.
Ausgesendet wurde dies keineswegs von der Wirtschaftskammer, die in Tirol selbst über Presseleute verfügt, sondern vom Wirtschaftsbund der ÖVP. Barbara Thaler ist zwar neben dem Job als Präsidentin der Wirtschaftskammer auch Landesobfrau des Tiroler Wirtschaftsbundes und wird dafür monatlich mit 2.000 Euro entschädigt, dennoch untermauert der Absender, wer in der Kammer, in die jedes Tiroler Unternehmen einzahlt, die uneingeschränkte Deutungshoheit und Entscheidungsgewalt hat.

Interessant sind auch Thalers Argumente für die neue Bescheidenheit in eigener Sache. Sie kassiert laut WK-Transparenz-Website seit August 2025 – und nicht erst ab 2026 – exakt 10.394,40 Euro brutto pro Monat für ihre Tätigkeit, was einer Erhöhung von rund 60 Prozent gegenüber ihrer bisherigen Gage bedeutet, die zuvor rund 6400 Euro betrug.
Diese in Tirol beschlossene Erhöhung werde nun vollständig zurückgenommen. „Das ist ein wichtiger Schritt, um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Es war der falsche Zeitpunkt“, so Thaler, die sich im selben Atemzug für eine bundesweite Erhöhung der Kammer-Löhne um 2,1 Prozent ausspricht. Geplant waren 4,2 Prozent und damit weit mehr als die Kammer den „normalen“ Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft zugestehen möchte.
An der Kritik dieser Erhöhung und einem kommunikativ total missglückten Korrekturversuch von WK-Präsident Harald Mahrer zerschellte dessen Karriere. Er legte seine Kammerfunktion zurück, die Tirolerin Martha Schultz übernimmt als geschäftsführende Vizepräsidentin auf Bundesebene interimistisch sein Amt.
Bei der Kritik an Mahrer tat sich Thaler besonders hervor. Allerdings stießen ihr – als eine der Hauptprofiteurinnen – nicht die üppigen Gagenerhöhung der Funktionäre und die geplanten Abschlüsse für Mitarbeitenden sauer auf, sondern lediglich Mahrers Versagen bei der kommunikativen Rechtfertigung dieser Großzügigkeit.
„Unser Auftrag ist klar: für die Unternehmen da sein – nicht für die Schlagzeilen.“
Barbara Thaler, Präsidentin der WK-Tirol
Nun gibt sich die Tiroler WK-Präsidenten und Wirtschaftsbund-Obfrau geläutert: „Ich nehme die Kritik der letzten Tage sehr ernst – und für die Tiroler Wirtschaftskammer gilt: Wir konzentrieren uns auf unsere Verantwortung hier im Land und setzen die Schritte, die aus unserer Sicht notwendig sind, um uns wieder auf unsere eigentlichen Aufgaben konzentrieren zu können. Unser Auftrag ist klar: für die Unternehmen da sein – nicht für die Schlagzeilen.“
In anderen Worten: Thaler möchte nicht länger in den Schlagzeilen sein. Ein frommer Wunsch, weil sich mittlerweile auch die Opposition auf die Kammer und deren Präsidentin einschießt. Gebi Mair, Klubchef der Tiroler Grünen, verweist auf die vielen Funktionen von Thaler: „Neben der Präsidentschaft ist Barbara Thaler Obfrau des Wirtschaftsbundes Tirol, sitzt damit auch in allen Bundesgremien und ist zudem Stellvertreterin von ÖVP Parteiobmann Anton Mattle. Darüber hinaus führt sie eine Werbeagentur in Innsbruck. Diese Ämterhäufung war für Harald Mahrer zu viel und ist es auch für jede und jeden anderen. Denn niemand schafft es, so viele Vollzeit-Aufgaben parallel zu erledigen.“
Abseits der Personalie Thaler hat zudem eine breite Diskussion über die Wirtschaftskammer selbst begonnen. Satte zwei Milliarden Euro an Rücklagen hat der ÖVP-dominierte Kammerapparat angehäuft, das ist nicht nur den Pflichtmitgliedern ein Dorn im Auge. Auch die Industriellenvereinigung, in der die größten Zahler der Wirtschaftskammer sitzen, wird unruhig und fordert Abschlankung und Reformen. Außerdem verweist man darauf, wie die Funktionäre dieser Organsiation arbeiten, nämlich ehrenamtlich.
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