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Themenbild: Unsplash/Ali Kazal

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Warum Abfaltersbach einen Campingplatz verdient hätte

Alois Leiter thematisiert in einem Leserbrief Chancen und Herausforderungen des sanften Tourismus.

Ein junger Landwirt wollte in Abfaltersbach im Osttiroler Oberland mit einem kleinen Naturcampingplatz neue Wege gehen. Was als nachhaltige Chance begann, scheiterte an Angst, Vorurteilen – und vielleicht auch am Neid.

Eine Familie mit einer Idee

In einer Zeit, in der viele Höfe ums Überleben kämpfen, wollte die Familie Kraler in Abfaltersbach Mut beweisen. Ihre Idee: 20 naturnahe Stellplätze, eingebettet in die Landschaft ihres Hofes im Ortsteil Geselhaus – ohne Beton, ohne Großbauten, mit Begrünung und Lärmschutz. Ein Projekt, das Landwirtschaft und Tourismus im besten Sinne vereinen sollte: nachhaltig, ruhig, echt.

Doch anstatt Unterstützung zu erfahren, sah sich die Familie plötzlich mit einer Welle des Widerstands konfrontiert. Über 100 Unterschriften gegen das Vorhaben – ausgerechnet in einem Ort, der selbst immer wieder über Abwanderung, fehlende Arbeitsplätze und stagnierende Entwicklung klagt.

Die Angst vor Veränderung

Wovor haben Menschen Angst, wenn jemand wagt, etwas Neues zu beginnen? Es ist selten das Projekt selbst, sondern die Veränderung, die es symbolisiert. Plötzlich rücken Themen wie Verkehr, Lärm oder Geruch in den Vordergrund – obwohl jeder Camper weiß, dass moderne Naturcampingplätze ruhiger sind als mancher Gartenabend mit Rasenmäher und Grill.

Die Realität: Wer campen geht, sucht Stille, Landschaft, Authentizität – und genau das bietet der Hof der Familie Kraler. Doch Veränderung ist unbequem. Sie stellt Gewohntes in Frage, verlangt Offenheit. Und wer Veränderung wagt, wird in kleinen Dörfern nicht selten mit Skepsis empfangen.

Unterstützung von Bürgermeister, Wirtschaft und Landwirtschaft

Positiv hervorzuheben ist, dass sich auch der Bürgermeister, die Wirtschaftskammer Tirol sowie die Landwirtschaftskammer Tirol klar hinter das Projekt gestellt haben. Sie sehen darin ein Beispiel dafür, wie sanfter Tourismus und Landwirtschaft im Einklang mit der Natur funktionieren können. Besonders betont wurde der geringe bauliche Eingriff in die Landschaft, die nachhaltige Nutzung bestehender Flächen sowie der direkte Nutzen für die Gemeinde und ihre Betriebe.

Wenn Neid lauter ist als Vernunft

Viele Stimmen aus der Bevölkerung bringen es auf den Punkt: „Der Neid ist ein Luder – und die Dummheit sein Bruder.“ Dieser Satz, mehrfach in sozialen Medien zitiert, mag hart klingen, trifft aber einen wahren Kern. Oft ist es nicht die Angst vor Verkehr oder Lärm, sondern die Furcht, jemand anderer könnte profitieren.

Ein Campingplatz bringt Leben, Gäste und Umsatz – nicht nur für die Betreiberfamilie, sondern auch für die lokalen Bauern, Hofläden, Handwerker und Gasthäuser. Frisches Brot vom Nachbarhof, Eier und Käse aus der Region, Honig, Milch, Fleisch – alles Produkte, die Gäste gerne kaufen würden. Damit entsteht ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein – sowohl für die Familie Kraler als auch für die Bauern im Dorf, die ihre Produkte künftig über Hofläden oder Direktvermarktung anbieten könnten. Ein Campingplatz wäre kein Fremdkörper, sondern ein Dorfgeschäft mit vielen Partnern.

Verkanntes Potenzial

Abfaltersbach hätte mit diesem Projekt zeigen können, dass ländliche Innovation aus der eigenen Mitte kommen kann. Ein Campingplatz ist keine Bedrohung, sondern eine Einladung an die Zukunft – gerade in einer Region, die von Landwirtschaft, Natur und Gastfreundschaft lebt. Doch das Potenzial wurde verkannt. Statt Fortschritt überwogen Zweifel.

Dabei liegt die Chance auf der Hand:

  • Direkte Wertschöpfung durch touristische Nächtigungen
  • Absatzmöglichkeiten für regionale Bauernprodukte
  • Stärkung der Nahversorgung und Gastronomie
  • Attraktivität für junge Familien und Rückkehrer
  • Nachhaltige Standortentwicklung ohne Großbauprojekte
  • Regionale Wertschöpfung durch den privaten Bau einer WC- und Duschanlage

Kurz gesagt: Ein Projekt, das nicht nur der Familie Kraler, sondern dem gesamten Dorf zugutekäme.

Ein Appell an die Vernunft

Manchmal braucht es nur ein wenig Mut – und ein bisschen weniger Misstrauen. Ein Dorf lebt nicht von Verhinderung, sondern von Gestaltung. Vielleicht ist das Nein zum Campingplatz kein endgültiges Urteil, sondern ein Signal, über das Selbstverständnis einer Gemeinde neu nachzudenken.

Abfaltersbach könnte Vorbild werden: Ein Ort, der erkennt, dass Fortschritt und Heimatliebe kein Widerspruch, sondern eine Partnerschaft sind.

Alois Leiter
Freier Journalist und Camper
6923 Lauterach

PS: Dieser Text versteht sich als konstruktiver Beitrag zu einer sachlichen Debatte über Chancen und Herausforderungen des sanften Tourismus und soll aufzeigen, wie landwirtschaftliche Betriebe, Gemeinden und regionale Wirtschaftskreisläufe voneinander profitieren können. Das Beispiel Abfaltersbach steht dabei exemplarisch für viele Orte, in denen Mut und Offenheit oft von Skepsis und Fehlinformation überlagert werden. (Alois Leiter)


Anmerkung der Redaktion: Am 8. Oktober stimmte der Gemeinderat in Abfaltersbach über den geplanten Campingplatz ab. Vier Gemeinderäte stimmten für und vier gegen die Umwidmung. Zwei Gemeinderäte enthielten sich der Stimme. Weil Stimmenthaltungen als Nein gewertet werden, war die Umwidmung abgelehnt.

3 Postings

Nori
vor 59 Minuten

typisch...bin dagegen weil einer etwas verdienen könnte...die reine Neidgesellschaft..die nicht begreifen das auch andere profitieren...meistens sind es solche die ihre sicheren Einkommen haben..wie z.b Beamte usw.

 
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MVP
vor 2 Stunden

neid und missgunst sind die größten verhinderer.. echt schade

 
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Winter
vor 2 Stunden

Sooo schade, dass diese Art von Innovation nicht mehr zählt. Auch als Nichtcamper für mich unverständlich, dass im Gemeinderat dagegen gestimmt wurde.

 
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